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JÜRGEN KERTH & CRAZY BIRDS 17.02.18 "Tante Ju" Dresden
JÜRGEN KERTH & CRAZY BIRDS 17.02.18 "Tante Ju" Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 24.02.2018 20:42von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Wenn ein Veranstalter in der Region so ein musikalisches Bündel schnürt und der Termin auch noch passt, braucht man eigentlich nicht lange zu überlegen. Noch dazu, wenn es sich um so ein beliebtes Haus wie Dresdens besten Liveclub "Tante Ju" handelt. Für mich ist dieser gut zu erreichende Laden mit seiner mittleren Größe von der Ausstattung, vom gemischten, abwechslungsreichen Programm und von den Rahmenbedingungen (z. B. Lichttechnik, Preise für Eintritt und Versorgung, Parkmöglichkeiten usw.) her mittlerweile unangefochten meine Nummer 1 in Dresden und Umgebung.
Am 17. Februar 2018 teilten sich die CRAZY BIRDS und JÜRGEN KERTH diese Veranstaltungsstätte für abendliche und ausgiebige musikalische (Fest-)Spiele. Von kurz nach 20:00 Uhr bis etwa 00:30 Uhr schmiedeten die Protagonistin und die Protagonisten des Abends ein solides Gefüge aus unterschiedlichen Tönen, Rhythmen und Klängen. Diese musikalische Reise mit den CRAZY BIRDS und mit den Mannen von JÜRGEN KERTH führte über (Hard-)Rock, liedhaften Rock, bis hin zum Blues mit Swing-, Jazz- und Reggae-Elementen.
Die zwitschernden "verrückten Vögel" fungierten dabei diesmal als Anheizer und Eisbrecher. Sie verabreichten uns einen appetitanregenden Aperitif aus der (Hard-)Rockschmiede, sprich sie waren die Vorband des Abends. Der Blues-Altmeister JÜRGEN KERTH servierte bei diesem Diner das Hauptgericht. Dieses musikalische Mahl war inhaltlich Klasse und außerdem war es mit ca. 4 Stunden Genuss auch ziemlich reichlich.
Der Zuspruch der Fans zu dieser Mugge war ganz akzeptabel, zwar kein Rekord-Ausverkauf, aber immerhin doch eine nicht zu übersehende Meute aus Livemusik-Junkies und Gelegenheitsbesuchern.
Es wurde zwar nicht dunkel als der Vogelschwarm der CRAZY BIRDS sich auf der Bühne niederließ, aber ordentlich laut. Die einzelnen Birds hatten ordentlich klingende Saiten und Felle auf ihre Instrumente gezogen und zu unserer Freude zogen sie bühnenshowmäßig und musikalisch gleich spielfreudige Seiten auf.
Die CRAZY BIRDS stehen für ungekünstelten dirty Rock'n Roll, da wird nichts aus Berechnung geglättet, konstruiert oder geschönt. Dafür ist dieser gelegentlich als wild-chaotisch erscheinende Haufen nicht nur bekannt, sondern sogar beliebt. Das Ganze wird außerdem noch mit den frechen und nicht immer unter political correctness zu verbuchenden Sprüchen vom Tom garniert. Okay, ganz zart besaitete Gemüter und Liebhaber von Schlager, Volksmusik und Co. bekämen vielleicht einen Schreck mit anschließender Herpes bei einem Konzert-(aus-)Flug mit den CRAZY BIRDS, aber gewöhnlich verirrt sich diese Klientel auch nicht zu den Birds.
Das "gefiederte" Ensemble ritt wieder eine volle Attacke auf die Trommelfelle, auf die Tanzbeine, auf die Klatsch-Hände, auf die Mitsing-Stimmbänder und gelegentlich auch auf die Lachmuskeln. Dass dieser Angriff der "verrückten Vögel" erfolgreich war, versteht sich eigentlich von selbst. Wo die Kapelle um Drummerin Angela "Angie" Ullrich erstmal loslegt, bleibt kaum ein Auge trocken und kaum ein Konzertbesucher teilnahmslos oder gelangweilt.
Mit " Are You Gonna Go My Way ", einem LENNY KRAVITZ-Hit aus dem Jahr 1993, und mit der Rockröhre Tom Vogel am Gesangsmikrofon legte die Band erstmal locker-flockig unsere Gehörgänge frei und massierte gleichzeitig unsere körpereigenen Mitmach-Zentren. Dass diese Unternehmung erfolgreich verlief, sah man an den zuckenden, wippenden Bewegungen der Fans und merkte man auch am anschließenden Beifall.
Mit der wechselseitig von Tom und Angie gesungenen AEROSMITH-Nummer "Dude (Looks Like a Lady)" ging es in diesem Sinne auch munter weiter. Als Gela dann noch dem unter anderen auch von der Schauspielerin Bette Midler gecoverten ROLLING STONES-Klassiker stimmgewaltig neues Leben einhauchte, waren wohl auch die letzten Konzertbesucher auf ordentlicher Betriebstemperatur.
Bassist Tom Vogel, Schlagzeugerin Angela Ullrich und Gisbert Koreng (Gesang, Akustikgitarre, Schellenring) sowie die beiden Stromgitarren- Gitarreros (mit gelegentlichen Akustikgitarren-Ausflügen) Ecki Lipske und Konrad Hartsch sind gemeinsam als Band einfach erfrischend anders und besser als der Durchschnitt.
Auch als sogenannte Vorband rocken die BIRDS volle Kanne Abrissbirne, halbe Sachen gibt es bei der Truppe eben nicht.
Bei dieser Musikveranstaltung für junggebliebene Leute überraschten die CRAZY BIRDS mit einer Song-Premiere. Das gute Stück stammt aus der Komponistenfeder von Mister Eckhard "Ecki" Lipske. Es handelt sich dabei um ein eher ruhiges Instrumentalstück und beide Gitarristen spielen dabei Akustikgitarre.
Wahrscheinlich wollte Ecki bei der Mugge einfach auch mal sitzen , denn bei dieser Nummer konnte er es dann offiziell auch mal tun.
Als Gisbert Koreng die musizierende Vogel-Band(-e) auf der Bühne komplettierte, freuten sich die electra-Fans besonders, denn mit "Frau im Spiegelbild" und "Nie zuvor sowie dem auch von electra gespielten REFORM-Schmuckstück " „Hey, Schwester küss' mich“ zwitscherten die CRAZY BIRDs eine kleine und feine electra-Runde in den Saal.
Mit "Into the Great Wide Open" erinnerten sie an den leider im Oktober vergangenen Jahres bereits verstorbenen Musiker TOM PETTY.
Auch wenn die CRAZY BIRDS lediglich "Vorband" waren, hatten sie genug Zeit und Spielraum für einige Zugaben. So krachte es noch mal ordentlich aus den Lautsprechern bei "Whole Lotta Rosie" von AC/DC. Leider ging im November 2017 auch MALCOLM YOUNG, der geniale Rhythmus-Gitarrist und einer der Hauptsongschreiber von AC/DC viel zu früh den Weg in den Rockerhimmel.
Für die Fans der ROLLING STONES legten die Band außerdem noch die Ballade "Wild Horses" nach. Verschnaufen konnte das Ensemble auch danach noch nicht, denn erstmal musste die Bühne noch für JÜRGEN KERTH geräumt werden.
JÜRGEN KERTH ist Musiker mit Leib und Seele. Seit über 40 Jahren zieht er mit seiner MIGMA-Gitarre aus Markneukirchen durchs Land. Wer dieses eher unansehnliche Holz mit seinen diversen Umbauten sieht, möchte manchmal nicht glauben, dass da gescheite Töne rauskommen können. Aber Meister KERTH braucht keine schön glänzende, extravagante elektrische Sechssaiter für teures Geld von Fender, Gibson, Ibanez. Er hat ja seine selbst umgebaute Migma aus der ostdeutschen Provinz Vogtland. Damit spielt er noch immer ganz locker Legionen von vermeintlichen und selbsternannten Guitarheroes an die Wand.
KERTH ist aber genauso mit Leib und Seele auch Erfurter. In dieser Stadt ist er geboren und dort lebt er auch heute noch. Wahrscheinlich wird er dort in vielen Jahren auch das Zeitliche segnen und seine letzte Ruhe finden. Selbst für bessere Karrierechancen verließ JÜRGEN KERTH seine Stadt in Thüringen nicht. Er hat immer seinen eigenen Weg beschritten und sein Ding durchgezogen. Das nötigt mir Respekt ab und auch das gehört für mich zum grandiosen Musiker JÜRGEN KERTH.
Auf unseren Bühnen ist JÜRGEN ein Dauerbrenner. Der Mann macht sein Ding, egal ob Sommer, Frühling, Herbst oder Winter, egal ob Jahr 1978, 1999, 2011oder 2018.
KERTH spielt übers Jahr gesehen ja mit wechselnden Musikern. Mehrere Bassgitarristen, Schlagzeuger und manchmal auch Keyboarder gehören zu seinen Begleitmusikern.
In der "Tante JU" musizierte er mit seinem Sohn Stefan am Bass und mit Schlagzeuger Alexander Wicher. Der Sohnemann spielt ja unter anderem auch bei der Band ACOUSTICA und er verwirklicht auch eigene Musikprojekte. Alex Wicher kennen wir ja von VICKI VOMIT & SEINEN MISANTHROPISCHEN JAZZSCHATULLEN oder von SALON WINTER. In beiden Bands traf er übrigens auf TOBIAS "TOBI" HILLIG. Beide unterrichten auch an der NewMusicSchool Gera. Diese Musikschule wird von Volker Wicher, dem Vater von Alex, betrieben.
KERTH spielte sich in Dresden durch die schönsten und bekanntesten Lieder seines Schaffens. Musikalisch geht das schon in Richtung Blues und als Blues-König wird JÜRGEN ja gerne auch von anderen bezeichnet. Aber eigentlich ist dieses Korsett nicht richtig und viel zu eng für den Meister aus Erfurt. Klar, spielt er auch Blues in allen seinen Farben und Facetten, aber nicht nur. Was man bei ihm hört geht auch teilweise in die Bereiche Reggae, Swing, Jazz oder Rock. So ganz klar kann und will ich das alles aber auch nicht trennen. Ich bin ja kein Musikfachmann.
Inhaltlich erzählt uns JÜRGEN KERTH kleine und verständliche Alltagsgeschichten. Hochtrabendes Geschwafel ist auch nicht sein Ding JÜRGEN KERTH war übrigens einer der ersten Musiker, der die deutsche Sprache für den Blues entdeckte. Das war in den frühen 70er Jahren.
Lieder bzw. Stücke wie "Tanz der Alligatoren" und das sehr funkmusikmäßig angehauchte Lied "Komm Papa, zeig mir wo die Band spielt" oder das mit einem deutlichen musikalischen Reggae-Anstrich versehene Kultlied He, junge Mutti" zeigten uns einen JÜRGEN KERTH, wie wir ihn kennen, schätzen und lieben. Bei den Gitarrensolos in sich versunken und mit geschlossenen Augen auf seiner Migma spielend, von Zeit zu Zeit so auch am Bühnenrand. Der Gesang war wie immer behutsam und zurückhaltend, aber eindringlich. Die Stimme war unverkennbar KERTH.
Sehr berührend fand ich wieder das leise Lied "Oma hilf". Der Song ist ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht immer markige Worte und plakative Losungen braucht, um den Finger in solche Wunden zu legen. So ein leises, erzählendes Liedchen aus der Sicht eines Kindes und ohne erhobenen Zeigefinger gräbt sich viel besser in die Gedankengänge.
"Ich liebe die eine" sang JÜRGEN wieder mal öffentlich und streichelte dabei mit den Fingern die Saiten seiner liebsten Migma-Gitarre.
Natürlich fehlten "Martha" und "Helmut" (letztgenannter Song mit einem kurzen Ausflug in die englischsprachige "Harry" -Version, die J.K. mal für seine Amerika-Konzerte einstudiert und sogar auf Tonträger aufgenommen hatte) an so einem schönen Abend auch nicht.
Für ein Lied überließ Thüringens musikalischer Blues-Edelstein seinem Sohn Stefan mal das Solistenmikrofon. Der Junior sang dann ein Lied, welches von seiner Solo-CD „Seelenscheiße“ stammen dürfte. Diese digitale Langspielscheiblette ist schon vor mehreren Jahren erschienen und der in Dresden gespielte Titel davon heißt „Meine Frau“.
Zusammen mit Schlagzeuger Alex Wicher zauberte der Tieftonartist Stefan ein harmonisches, grundsolides Rhythmusfundament auf dem sich Altmeister JÜRGEN KERTH mit Gitarre + Gesang bedenkenlos und ausgiebig bewegen konnte. KERTH Senior schien sich mit diesem Rhythmus-Duo sehr wohl zu fühlen.
Beim grande Finale (wie der Franzose wohl sagen würde) des Abends erlebten wir einen der besten Gitarristen Deutschlands noch mal in Höchstform. JÜRGEN KERTH spielte einen Auszug aus seinem Werk „Gloriosa“, welches er bereits im Jahr 1982 auf der Langspielplatte „Gloriosa“ dem Dom seiner Heimatstadt Erfurt und insbesondere der größten Glocke des Bauwerkes widmete. Kurze einfach Frage und die Antwort gleich noch dazu: Dieses große Geläut heißt wie? Natürlich Glorisa.
Ein großartiger Abend in der „Tante JU“ zu Dresden endete mit zufriedenen Musikern und einem begeisterten Publikum. Dieser Ausflug in Dresdens besten Liveclub war keinesfalls verschenkte Lebenszeit, sondern er war eher ein Sternstunden-Abend, welcher vielen Seelen Gutes tat.
Gruß Kundi
RE: JÜRGEN KERTH & CRAZY BIRDS 17.02.18 "Tante Ju" Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 25.02.2018 10:31von SN-Nittel • | 329 Beiträge | 724 Punkte
Hallo Kundi und Leser
Ich kann den Bericht so unterschreiben. Es war ein gelungener abwechslungsreicher Abend mit Qualität auf der Bühne.
Zur Tante Ju...es ist wirklich in Sachen Technik und Klang, auch Licht, einer der besten Liveclubs in Sachsen. Davon profitieren die Künstler ungemein und auch natürlich die Zuhörer.
Von der Atmosphäre gibts aber sicher Besseres. Meine Meinung dazu.
Crazy Birds hab ich selbst noch nicht zu viel erlebt. Sie haben jedenfalls auch von der Klasse Technik profitiert und auch mit Ecki Lipske einen echten Profi in ihren Reihen. Dazu kommt Gisbert Koreng bei einigen Titeln. Er hebt die Qualität enorm und hat wirklich tolle Songs sprachlich interpretiert Das war Genuß und erinnerte mich an 1A Ostrock...auch der Tom Petty Titel war astrein.
Jürgen Kerth...das Erfurter Urgestein übertraf diesmal sogar meine Erwartungen. Das war ein richtig feiner Auftritt mit allen Klassikern. Er ist sich musikalisch total treu geblieben und künstelt sprachlich auch nicht rum. Das ist einfach die Sprache und Gedanken des (Blues) Volkes. Es ist sicher eine kleine Nische in der großen Musikwelt, aber wie man gesehen hat , hat er seine treuen Fans....der Club war mit über 200 Mann gut besucht und man spürte das es ihnen gefallen hat. Die Aufmerksamkeit war da. Kerth beeindruckt sowieso mit welcher Leichtfertigkeit er seine Gitarre aus dem Vogtland bedient. Ich glaube er kann mirt 3,0 genauso gut spielen. Kurz: Ein schöner Abend, der in der Erinnerung bleibt mit einen Jürgen der immer noch der Selbe ist. So ein Konzi muss nicht in den grossen Boulevardblättern auftauchen , es reicht wenn es im Herzen der Fans angelangt ist.
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