Eigentlich wollte ich gestern zu den Puhdys ins Tivoli – wie die letzten 18 Jahre vorher auch. Es ist der Höhepunkt des Konzertjahres, wenn die alten Herren im Kreissaal der Puhdys die Bühne betreten.
Dieses Jahr war für mich ein sch… Jahr, wie einige hier wissen. Anstatt bei den Puhdys zu sein, stand für mich Reha auf dem Programm.
Für gestern hatte ich mir Ablenkung verordnet um nicht in Depressionen zu verfallen. Die Kurklinik wirbt übrigens mit dem Slogan: Hier werden sie auch kulturell behandelt, was bei mir den Ausschlag für die Wahl der Klinik gab. Vorgestern waren wir übrigens bei Purple Schulz.
Im Programm stand gestern eine ganz junge Truppe, die sich Brezel Brass nennt und sich mit böhmisch Boogie beschäftigt, was immer das sein möge. Aber neugierig hat mich diese Ankündigung schon gemacht und ich hatte beschlossen – falls das Volksdümmliche Musik ist, geh ich 3 Stockwerke höher und da ist mein Bett.
Nach dem ersten Titel war klar, ich bleibe und hole mal schnell noch die Kamera.
Der Sinn des Namens Brezel Brass war auch ganz fix zu erkennen – ob Klassik, Volksmusik, Pop oder gar Ostrock, alles wurde aufgebrezelt. Die Brezelbäcker traten in der Besetzung mit Kontrabass, Gitarre und drei Bläsern an. Wahlweise kamen noch verschiedene Quetschkommoden zum Einsatz.
Am ehesten Vergleichbar ist die Truppe mit Polkaholix, die wir ja auch ganz stark mögen.
Die Band kommt aus dem Musikwinkel und hat pro Jahr ca. 70 Auftritte, davon träumt mache Profikapelle nur.
Auf ihrer Homepage formulieren sie ihr Sebstverständnis so:
Mögen sie Volksmusik? Dann sind sie bei uns richtig. Mögen sie keine? Dann erst recht!
http://brezel-brass.de/geschichte.php
Was bekamen wir nun zu hören? Es ging von Klassik a la Beethoven über Pop bis hin zum Repertoire der böhmischen Blaskapellen bis zur „Jugendliebe“. Viele Songs aus dem kulturellen Erbe des Erzgebirges und Vogtlandes wie der unverwüstliche „Vogelbeerbaum“ und der „Schwammemarsch“ wurden vom Publikum begeistert aufgenommen. Mein Lieblingshit war sofort die 5. Polkonie, abgeleitet von Beethovens 5. Sinfonie.
Unschlagbar sind die 5 in Sachen Ausstrahlung. Der Frontmann Sebastian Wildgrube ist ein Entertainer wie er im Buche steht. Er beherrscht über 20 Instrumente und ist auch am Gesangsmikro tätig. Außerdem war er der Mann, der mit der Oma kam.
Er kann reden wie ein Buch und egal welches Thema, er setzt immer noch einen drauf. Kein Wunder, im wahren Leben ist diese Frohnatur mit seinen 25 Jahren bereits Musikwissenschaftler.
Jedenfalls wird die ansteckende gute Laune des Frontmanns und aller Bandmitglieder wesentlich zum Kurerfolg beitragen und Lachen spart Medizin. Hoffentlich kommen da die Pharmakonzerne nicht dahinter.
Die Band hat bereits 3 Tonträger bespielt mit ihrem böhmischen Boogie und es war zu neudeutsch sozusagen die Record Release ihrer neuen Weihnachts CD.
Gesagt habe ich ihnen auch noch, dass ich eigentlich lieber bei den Puhdys gewesen wäre, sie mich aber super unterhalten haben. Meinte der Frontmann, also wenn wir das gewusst hätten, „Alt wie ein Baum“ haben wir auch im Programm. Der Vater von Sebastian Wildgrube ist mit Bimbo in die Schule gegangen und hat mit ihm in einer Band gespielt.