Salvatore Adamo zum 70. Geburtstag (01.11.2013)
In Deutschland bezeichnet man ein Lied als Schlager, wenn es angeblich von minderer Qualität ist, aber dennoch von einer breiten Masse gehört wird. Skurril aber wahr. Im englischen Sprachraum gibt es für Schlager keine Übersetzung und ein Song, den viele Menschen gern hören, von Sandie Shaw bis zu Black Sabbath, ist schlicht ein Treffer, also ein Hit. In Frankreich gibt es fast nur Chansons, denken wir Deutschen, und haben sofort eine Melodie von Mireille Mathieu im Ohr. Klar sind das alles Klischees, die eignen sich aber gut, um ein Klischee deutlich zu machen.
Als ich im jugendlichen Alter zum ersten Mal etwas von ADAMO hörte, glaubte ich einen Franzosen singen zu hören. Das war im Jahre 1966 und das wunderschöne Lied, das mir der Rias Berlin in das elterliche Wohnzimmer schickte, heißt, „Inch’ Allah“ (So Gott will). Damals war der 1943 auf Sizilien geborene Belgier in Frankreich schon beinahe allen im Lande bekannt. Dieses „Inch’ Allah“ aber hat mich seither auf seltsame Weise gefesselt und fasziniert. Bis in unsere Tage. Von der brisanten Botschaft allerdings, die der Mann da mit samtweicher und zugleich aufrüttelnder Stimme sang, hatte ich keinen blassen Schimmer.
Die kleine DDR und deren Schlagerpublikum entdeckte ADAMO wohl 1968 für sich, als sich alle von ihm zu Tränen rühren und zum Mitsingen animieren ließen. „Es geht eine Träne auf Reisen“, war die deutsche Version von „Une Larme Aux Nuages“ und machte ihn im deutschsprachigen Raum zum Schlagerstar, obwohl SALVATORE ADAMO anfangs kein Wort von dem verstand, was er da deutsch sang.
Anfang der 1970er kam ADAMO auch in die DDR und mein Freund Georg hatte das Glück, ihn in Dresden live zu erleben. Davon erzählt er heute noch sehr gern. Während Pop-Größen aus England, wie etwa Tom Jones oder Cliff Richard, sich nur selten dazu hinreißen ließen, ihre englischen Hits in deutscher Übersetzung zu singen und vorzutragen, startete ADAMO in Deutschland eine großartige Karriere und übertrug seine Lieder, so wie Mireille Mathieu auch, in die ihm fremde Sprache. Er hätte vielleicht weiter französisch singen sollen, denke ich mir manchmal, um in Deutschland der Schublade „Schlager“ zu entgehen und schlicht als Künstler oder Chansonier wahrgenommen zu werden.
Ungeachtet dessen ist SALVATORE ADAMO, der auf mich noch immer einen bescheidenen und eher zurückhaltenden Eindruck macht, eine feste Größe in der populären Musik Europas und einer, den man schon nach den erste Tönen an seinem weichen Timbre erkennt. Seitdem die Träne auf Reisen ging, hat er die Herzen von Millionen Menschen erobert und unzählige schöne Melodien zu, im besten Sinne des Wortes, Schlagern gemacht. Der sympathische Künstler hat über 20 Alben veröffentlicht und natürlich habe ich die bei AMIGA erschienen Platten auch bei mir stehen. Allerdings wird mir dieser Mann wohl immer mit diesem wunderschönen „Inch’ Allah“ in Erinnerung bleiben und erst dann wird mir „Gestatten Sie, Monsieur“ einfallen. Auch weil dadurch offenbar wird, wie sehr der Sänger schon 1966 alles andere, als nur ein Schlagersänger unter vielen war. In dem scheinbar harmlosen Lied geht es um den Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt in der Zeit vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 und mit einigem Erstaunen stellt man heute fest, wie brandaktuell der Song noch heute ist. Das macht auch irgendwie fassungslos und betroffen.
Am heutigen 1. November begeht der Künstler SALVATORE ADAMO seinen nunmehr 70. Geburtstag und vielleicht wird er darüber nachdenken, wie einst alles begann, denn er steht im Jahre 2013 auch schon 50 Jahre als Sänger und Chansonier auf den Bühnen dieser Welt. Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen und dabei stets mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben. SALVATORE ADAMO hat das alles gleichzeitig geschafft. Respekt und Anerkennung.
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