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GOV'T MULE - Open Air, Kulturbastion Torgau
GOV'T MULE - Open Air, Kulturbastion Torgau
in Konzertberichte 2019 und älter 21.07.2013 07:21von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
GOV'T MULE - Open Air, Kulturbastion Torgau ( 19.07.2013 )
Die vier Männer kommen aus Texas, USA. Hätten sie hier in Deutschland eine Band gegründet, würde sie wahrscheinlich „dicke Tilla“ oder „dralle Erna“ heißen. Im fernen Texas umschreibt man das dralle Hinterteil einer Frau als „Gov’t Mule“, so wie man in Sachsen zum einem Brotkanten „Renftl“ sagt. Wer also auf der Landkarte der USA nach einem Government Mule sucht, wird wohl lange suchen müssen, um ein solches zu finden. Ein Rock-Lexikon ist da schon eher hilfreich, wenn es nicht gerade vor 1994, dem Gründungsjahr von GOV’T MULE, erschienen ist. Dort würde man die Geschichte der Band zurück verfolgen können, bis zu jenem Moment, da der Gitarrist, Songschreiber und Sänger WARREN HAYNES, einer der Eckpfeiler bei der ALMAN BROTHERS BAND, auf die Idee kam, zusätzlich zum Job noch GOV’T MULE aus dem Boden zu stampfen. Ein wenig mehr Spaß wolle er sich neben der ALMAN BROTHERS BAND gönnen, habe ich mir sagen lassen. Der Anstoß dafür soll seine Vorliebe für Trio-Gespanne a la Cream oder der Experience von Jimi Hendrix gewesen sein. Gleich wie, seither gehen GOV’T MULE einen erfolgreichen Weg und begeistern ihre Fans.
So ein Original geht nicht jeden Tag auf die lange Reise nach Europa und gleich gar nicht dorthin, wo die Elbe Brandenburg und Sachsen trennt. Wenn man dann noch die Möglichkeit erhält, bei so einem Ereignis dabei zu sein, bleibt einem gar nichts anderes übrig, als nach Torgau zu fahren. Doch diesmal ist alles anders und das Dilemma beginnt beim Einbiegen wollen auf das Gelände der Kulturbastion. Hier ist gesperrt und wie all die anderen suche auch ich mir eine neue Parkmöglichkeit und folge dann dem Strom der Menschen zurück. Das Gelände ist vollständig abgeriegelt, schon gut gefüllt und es kommen noch immer weitere Besucher. Unter ihnen erkenne ich bekannte Gesichter wie den Manager einer nicht unbekannten Blues-Kapelle aus Berlin und von einer weiteren den langhaarigen Bassisten. Ich erkenne einen bekannten Journalisten, der sich in der Materie auskennt und viele weitere, die sich das seltene Gastspiel der Texaner nicht entgehen lassen wollen. Auch mein alter Freund „Mecky“, der sonst den Southern Rockern bis nach Texas oder Brasilien hinter fährt (fliegt), hatte sich aus Cottbus auf den Weg hierher gemacht. Schön, Dich wieder einmal getroffen zu haben, alter Freund und treuer Kunde.
Pünktlich kommt der stämmige WARREN HOYNES mit seinen drei Kumpels auf die Bühne und lassen es gleich zu Beginn mit „Mr. Man“ richtig krachen. Gitarre, Bass und Orgel vermengen sich zu einer schwülen Melange, die gut in diese Sommernacht passt und aus dem das trockene Gitarrespiel und die druckvollen Riffs des langhaarigen Sängers hervor stechen. Zwei kurze heftige Kracher gleich zu Beginn, doch schon beim dritten, „Broke Down The Brazos“, groovt die Rhythmusgruppe auf längeren Abwegen, kann die Gitarre das erste Mal ausbrechen. Dieser Stil wird sich über den ganzen Abend fortsetzen. Kurze Chart-Breaker – Fehlanzeige. GOV’T MULE geben ihren derben Blues-Rock mächtig viel Raum zum Jammen („Tributary Jam“) und flechten in den fließenden instrumentalen Boogie auch gleich Mal locker Klassiker wie „Norwegian Wood“ von den Beatles ein.
Vor mir eine wogende Menge von Köpfen, die dem Rhythmus von Blues und Boogie folgt. Mir gefallen diese ausgedehnten Jams, in denen man sich vollständig dem, inzwischen perfekten, Sound hingeben kann, den die vier Herren vorn auf der Bühne auskochen - heiß, schwül und eine gewaltige Portion Heavy-Blues-Power in den Adern und Saiten. Ich fühle mich in Zeiten zurück versetzt, in denen so etwas in Bier und Rauch getränkten Dorfkneipen gefeiert wurde. Ausgedehnte Nummern - Grateful Dead lassen - grüßen, wie „Captured“ oder „I Think You Know What I Mean“ sind genau mein Ding und deshalb genieße ich es, wie sich Gitarre und Orgel wechselseitig von der Rhythmusgruppe Bass und Schlagzeug treiben lassen. Viele der Songs beginnen wie ein „Blues in slow & mood“, genussvoll spielt WARREN HAYNES seine lang gedehnten Gitarrenläufe, um dann urplötzlich, nach einem Break, auszubrechen und die Saiten schreien und jaulen zu lassen. Schnell, rasant und kraftvoll tobt nun der schwere Blues-Rock der Band und irgendwie drängelt sich mir der Vergleich zu Leslie West auf, während ich dieses heavy rockende Urgestein von Gitarristen dort vor mir auf der Bühne erlebe. Mountain oder gar West, Bruce & Laing klangen ebenfalls so ähnlich.
Die Menge tobt, schwitzt und jubelt voller Begeisterung und als nach dem ersten Jam-Set eine Pause folgt, stürmt die Menge an die Tresen, während sich der Mond da oben in aller Ruhe das Treiben der Blues-Jünger und Alt-Hippies anschaut. Nach dem „Tanken“ und dem Neu-Sortieren in der Menge gibt es eine weitere Stunde schweren Blues-Rock vom Feinsten: „I’ll Be One With The Blues Sky Tease“ (Ich werde mit dem Blues-Himmel eins sein). Ein Slow-Blues, der sich langsam dynamisch steigert und eine furios aufspielende Gitarre erlebt. Eine tolle Nummer, ebenso wie „Beautifully Broken“ und immer erleben wir ausgedehnte Ausflüge eines Gitarrenmeisters. WARREN HAYNES fasziniert durch sein dynamisches Spiel, das von einem Hauch von Tönen bis zum wilden Exzess auf den Saiten, alle Nuancen beherrscht. Doch mir hat es diesmal auch in ganz besonderer Weise die Rhythmus-Sektion,
aus groovend aufspielenden JORGEN CALSON am Bass und ein äußerst präziser, wie ein Uhrwerk agierender MATT ABTS hinter dem Schlagzeug, angetan. Vor allem ihm gilt immer wieder meine Aufmerksamkeit und als er dann auch noch ein gewaltiges Solo in die Becken und Felle hämmert, weiß ich, das war eines der besten, das ich jemals erleben durfte. Der Mann ist ein Erlebnis und manchmal habe ich das Gefühl, dass er allein mit WARREN HAYNES an der Gitarre sein Publikum ebenfalls verzaubern würde. Es ist die pure Energie, die hier in Klänge und Rhythmus geschmolzen wird.
Es geht gen Mitternacht, als GOV’T MULE ihren überhitzen und stampfenden Blues sowie die letzte Session gespielt haben. Doch die Menge tobt und sie bekommen als Zugabe zwei Nummern, die ich so und hier nicht erwartet hätte. „Sweat Leaf“ und War Pigs“, zwei Dampfhammer-Nummern aus dem Katalog von Black Sabbath werden von GOV’T MULE zu einem heißen Blues-Rock verdampft, der stöhnend und tobend von der Bühne dröhnt. Es klingt, als würden die alten und wilden Mountain mit Wollust Black Sabbath inhalieren, um deren Song noch einen Zacken heißer und schwerer wieder auszuspuken. Ein letzten Mal krachen die Akkorde und dann ist es Mitternacht – aus und vorbei.
Das war ein ganz besonderer Konzertabend. Auch wenn man das ganze Jahr über einen gut gefüllten Konzertkalender hat, so sind doch Namen, die ihre Wurzeln tief in den Traditionen der Historie von Rock, Blues & Boogie haben und sie mit eigenen Vorstellungen weiter tragen, hier eher selten anzutreffen. GOV’T MULE, aus dem Umfeld der Alman Brothers und der Grateful Dead erwachsen, gehören sicher dazu und haben dennoch mit ihrer Vorliebe für die kräftigeren Gitarrenriffs und kantigen Blues, eine ganz eigene Spielvariante gefunden. Vor der nächtlichern Kulisse der alten Kulturbastion in Torgau gab es eine deftige Kostprobe davon und dafür gilt dem Team der Bastion ein großes Dankeschön.
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