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TRIXI G. - Seelenperlen live im Sandsteinsaal von Oschersleben
TRIXI G. - Seelenperlen live im Sandsteinsaal von Oschersleben
in Konzertberichte 2019 und älter 18.11.2019 19:29von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Seelenperlentauchen mit Trixi G. (15.11.2019)
Nach einer etwas längeren Zwangsauszeit sind beide Musiker wieder auf die Bühne gestiegen. Eine hinterhältige Erkrankung sowie ein Handicap sorgten dafür, dass beide aus dem Fokus einer ohnehin schon begrenzten Öffentlichkeit verschwanden. Es ist ihnen auch nicht gegeben, Befindlichkeiten in die digitale Welt zu posaunen, sie kämpfen sich lieber unbeobachtet zurück auf die Rampe. Dort sind sie seit dem vergangenen Wochenende mit zwei ausverkauften grandiosen Konzerten in Oschersleben wieder angelangt und haben ihre Fans sowie viele angereiste Gäste begeistert. Tief in meinem Innern strahlen seit diesem Abend ganz besondere Seelenperlen.
Der Sandsteinsaal vom Gasthof Schondelmaier ihrer Heimatstadt ist brechend voll, als ich ihn betrete. Das war schon vor drei Jahren beim letzten Konzert so und es sieht ganz so aus, als wären die Jahre dazwischen und das leise Zurückkämpfen jetzt pulverisiert. Ich sehe in neugierige Gesichter und spüre die unausgesprochene Anspannung und Vorfreude in ihnen. Auf der Bühne, in sanftes Licht getaucht, das bekannte Equipment und davor, dicht angeordnet, duzende Stuhlreihen. Mittendrin treffe ich auch einige bekannte Gesichter, darunter BEATE OBERLEIN, die Textautorin von TRIXI G. Zwischen Worten und Erinnerungen rieselt die Zeit dahin und jemand löscht das Licht im Saal. Stille. Dann lauter Jubel, als zwei Silhouetten das blaue Dunkel betreten – TRIXI G sind da.
Wie ferne Tupfer gleiten die ersten zarten Töne durch den Raum, werden kräftiger und lauter. Eine vertraute Stimme beginnt zerbrechlich zu singen: „Von oben sieht das Wasser wie ein Spiegel aus“. Die Fabel vom „Fliegenden Fisch“, als wäre sie als ein Gleichnis gedacht, zaubert mir gleich zu Beginn wohlige Schauer unter meine Haut: „Wie soll ich leben in der dünnen Luft, die ihr verbraucht für euer Marktgeschrei“. Diese Stimme schafft den Balanceakt, die Erinnerungen an Gerhard Gundermann mit Respekt wach zu halten und dennoch ganz und gar sie selbst zu sein. Dazu zaubert die Gitarre jenen vollen Sound, den sonst niemand in gleicher Weise aus nur zwölf Saiten holt. Leise, beinahe lautlos, klingt der erste Song des Abends langsam aus – was für ein Einstieg!
Doch die eigentlichen Seelenperlen dieses Duos sind die eigenen Lieder wie „Flieh mit mir (aufs Land)“ oder „Blutrot“. Jetzt kann BEATRIX DUCKE, Trixi genannt, die volle Bandbreite und alle Nuancen ihrer außergewöhnlichen Stimme, von zärtlich leise bis leidenschaftlich aggressiv, ausloten. Plötzlich öffnen sich Klangwelten, die man lange schon vergessen glaubte und wer beide erstmals hört, wird fasziniert sein. Als sie, getrieben vom explosiven Gitarrenspiel, den „Ladykiller“ von der Bühne schmettert, bebt die Luft im Saal. In den treibenden Rhythmus von „Aus und vorbei“ mischt sich zusätzlich der scharfe Klang eines Saxophons, gespielt von ULI HAASE, dem Gast vom Sax’n-Anhalt-Orchester, der auch auf dem Album „Lebenstrip“ zu hören ist. Mir scheint, es ist die blanke Euphorie, die nach diesen ersten Liedern einen wahren Begeisterungssturm im Saal auslöst und auch ich spüre, wie mir das Adrenalin durch den Körper jagt. Was für eine berauschende Musiknacht!
Es ist wieder leise, die Gitarrensaiten summen und TRIXI besingt „So ’ne kleine Frau“. Ein Cover von Silly wieder ins Klanggewand der Akustik-Gitarre gekleidet und vom Saxophon verziert. Man mag es kaum glauben, aber wie im Original lebt auch dieser Song vom Nuancenreichtum der Stimme, die ihm ein anderes Leben schenkt, ohne plakativ oder gar peinlich zu wirken. Alles kommt von tief innen, aus der Seele, und berührt die Herzen. BEATRIX singt nicht einfach, sie lebt jedes Lied aus. Ihre langsame Ballade „Worte“ ebenso, wie wenig später den Song vom „Maskentanz“. Sie formt jeden Ton und ihr Gesicht spiegelt die Emotionen eines jeden Wortes. Die Stimme von TRIXI schneidet die Luft wie eine Rasierklinge, glasklar und scharf, und ULI HAASE bläst mit der Kanne die feinsten Nuancen hinzu. Fast möchte man seine Ohren neu justieren lassen, um tatsächlich auch jede Feinheit in den Phrasierungen zu entdecken. Ich stehe am Rand und genieße jeden dieser emotionalen Momente.
Es ist kein Geheimnis, dass TRIXI und UWE die Sängerin Tamara Danz verehren. Mit „Schlohweißer Tag“ erleben wir eine kleine Hommage und wieder ist es die begnadete Stimme voll explosiver Power, die mich beinahe abschießt, wenn ich die Augen schließe, um mich wenig später mit „Für dich“ wieder weich und behutsam fallen zu lassen. Ich durchlebe eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn auf den eigenen Song folgt mit „Mont Klamott“ ein weiterer Silly-Klassiker. Als ich nun glaube, durchatmen zu können, zupft UWE die nächste Klangfolge aus seinen Saiten. Die Gänsehaut mutiert zu einem Kloß im Hals. Den Refrain von Gundermann’s „Gras“ kann ich heute nicht mitsingen, es geht einfach nicht. Am Rande stehend purzeln meine Emotionen durch- und übereinander. Wahrscheinlich ist mir ein Grinsen ins Gesicht gemalt, denn ich fühle mich beim Hören ungemein wohl. Da vorn stimmen TRIXI und UWE „Bye Bye (my love)“ von Silly an. ULI HAASE greift wieder zu seinem Saxophon, um die verbindenden Melodiebögen in den Raum zu entlassen. Ich atme tief durch und lausche, einfach nur so.
Einen Moment ist nur Stille, dann Jubel. Aus dem Saal kommen Zwischenrufe, von der Bühne wird mit einem lauten Lachen oder Winken geantwortet. Es sind Verwandte, Bekannte und Freunde hier, viele kennen sich auch untereinander. Zum Ende hin ist die Stimmung gelöst und die Anspannung vorüber. TRIXI kündigt den finalen Song des Abends an. „Ende und Anfang“ ist ein sehr persönliches Lied, eins, das Emotionen freilegt. Man kann spüren und hören, was Erinnerungen an einen geliebten Menschen, in diesem Fall an den Vater von BEATRIX, auslösen können. Auch ich denke einen Moment an meinen Vater, dem ich diese irre Leidenschaft für Musik zu verdanken habe und der, wenn er mich jetzt sehen könnte, einen glücklichen, über die Jahrzehnte gereiften, Sohn erleben könnte. Danke Dir, mein Paps, danke TRIXI, ein bewegender Augenblick, der drei lächelnde Musiker vor einem tosenden Publikum sieht. Es ist einfach nur berührend schön.
Wir haben einige der „ergreifenden, betörenden und explosiven“ Lieder von TRIXI G vor einheimischer Kulisse genießen dürfen. Ausgewählte Perlen von Tamara Danz und Gerhard Gundermann haben dem Abend zusätzliche Nuancen verliehen und wir erlebten zwei beseelt aufspielende Musikanten sowie als Gast einen einfühlsamen Saxophonisten. Fehlt nur noch eine Zugabe und die liefert einerseits „Flieg“, noch ein Song von Silly, sowie als Abschied andererseits „Euch zu gefallen“, ein besinnliches, leises eigenes Lied, das den Schlusspunkt hinter diesen schönen Abend setzt. Dann verlischt das Licht einige Sekunden, ehe die drei Musiker wieder im Kegel des Spots stehen und den glücklichen Besuchern vor der Bühne freudestrahlend danken. Keine Frage, TRIXI G scheinen wieder da zu sein - ergreifend und betörend – eine eher seltene Konstellation von Stimmen, Gitarre sowie dem Saxophon. Vergleichbares hierzulande, auf einem derart hohem Niveau, erkenne ich gerade nicht.
Nach meinem ersten Besuch bei TRIXI G, vor mehr als zehn Jahren, schrieb ich, dass diese Musik Lust auf mehr machen würde und man das Gefühl vermittelt bekommt, die Ängste würden sich verkriechen und die Seelen sich berühren. So geht es mir immer noch. Ich fühle mich aufgetankt, bestärkt und ich habe Lust auf mehr. Jetzt müssen beide nicht nur wieder auf die Bühnen des Landes, sondern auch in ein Studio gehen, um neue Ideen in Melodien und Texte zu verwandeln. „Seelenperlentaucher“ könnte ein sehr poetisches Motto für so ein Projekt werden. Ich wünsche es uns von ganzem Herzen.
www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
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