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Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 20.04.2019 21:17von genitiv64 • | 196 Beiträge | 450 Punkte
Gesellschaftshaus "Hoppenz" in Elsterwerda wird zerlegt
Ich möchte keine Antwort auf diesen Blog geben, sondern einen neuen Artikel erstellen, der aber als Antwort zu verstehen ist. Das hat private Gründe. Und es geht in erster Linie auch nicht um Rock oder Blues, aber um Livemusik.
Wie schon einmal in einem Anhang beschrieben. In meiner Heimatstadt Waldheim gab es bis in die 1960er 5 Säle, die live bespielt wurden. Ich habe die letzten Wochen einmal recherchiert, habe mit Mitbürgern gesprochen, manche Angaben entnahm ich dem Waldheimer Heimatblatt Heft 31.
Da war das Gasthaus „Deutsches Haus“ das vor der Umbenennung in den 1930er Jahren „Schweizertal“ hieß. Ab ungefähr 1960 diente es für Lagerzwecke verschiedener Firmen, es wurden Wohungen eingebaut, und in der Gaststätte war die Fahrschule. 2013 wurde es abgerissen. Soweit ich weiß gab es Bemühungen, das Gebäude zu retten, aus diversen Gründen kam es aber nicht mehr dazu.
Eine Weiterer Saal bzw. Gasthof war der „Ga-Wa-Ri“, der Gasthof Waldheim-Richzenhain. Der große Saal wurde 1959 geschlossen, die Gaststube bis 1965 bewirtschaftet. Rechnet man alle Sitzplätze zusammen, waren es 1105, und der Garten hatte eine Tanzfläche für 1000 Sitzplätze. Mein Vater hat einmal erzählt, das dort an 3 Stellen Livemusik war, gleichzeitig. Leider kann ich Ihn nicht mehr fragen, es ist aber plausibel, bei einem großen Saal, dem kleinen Saal, einer Tanzdiele und dem Garten. Dazu kam ein Sportplatz, eine Kegelbahn und eine Schießanlage für Kleinkaliber. Vorm Gasthof gab es noch eine Tankstelle. Ab 1960 wurde der große Saal zu einem Lager umgebaut. Seit der Wende verfällt das Gelände. Die Eigentümer kümmern sich nicht darum. Es bleibt nur der Abriss.
www.youtube.com/watch?v=1AimTZQzoVM
Der Vereinshof. Um die Jahrhundertwende, also 1900, wurde es als Hotel gebaut, mit Saal, Volksbrausebad. Ab 1965 übernahm der VEB Sitzmöbelwerke Waldheim das Hotel mit Saal. Er wurde zu Betriebsfeiern genutzt. Von 1969 – 1972 wohnten Vertragsarbeiter aus Ungarn darin. Ab 1980 Vertragsarbeiter aus Vietnam. Manch ein Bekannter hat sich von den vietnamesischen Arbeitern echte 501´er Levis dort schneidern lassen. Im Saal fanden auch Schulversammlungen der EOS Julius Fucik statt.
Ein Höhepunkt war der Besuch von Vladimir Remek und dessen Empfang in diesem Saal, beim Besuch dieser Schule. Die Aula war zu klein, also wurde es dorthin verlegt. Auch ich musste da mit Spalier stehen. Vladimir Remek war der erste Kosmonaut der damaligen CSSR im Kosmos, und der erste nichtsowjetische bzw. nichtamerikanische Mensch im All. Im Gebäude war eine öffentliche Sauna, die habe ich auch noch mit genutzt. Vor ein paar Jahren war ich mal mit einem kleinen Fotoapparat darin, die Fotos, ich müsste sie erst suchen. Es hingen noch Bilder darin, bzw. lagen auf dem Saalboden, mit sozialistischer Kunst. Inzwischen ist das Gelände mit einem Bauzaun abgesperrt, der Abriss ist mehr als wahrscheinlich.
Ein weiterer Saal war der Lindenhof. Um 1900 wurde er erbaut. Bis 1973 wurde er betrieben. Dann verkaufte der Besitzer ihn an die Post. Die ließ noch ein Bettenhaus errichten und nutze das Objekt dann als Schulungs- und Ferienobjekt. Das Bettenhaus insbesondere sieht nicht mehr gut aus. Seit 2016 gibt es aber einen neuen Besitzer. Er und seine Frau wollen das Objekt zu neuem Leben erwecken. Mit Hilfe eines Vereins, „Oritundo“ (Brücke), ein Verein zur Förderung interkultureller Entwicklung und Bildung. Ich wünsche Ihnen Erfolg und Glück bei ihren Bemühungen. Als Kind habe ich mit meinen Eltern oft Wanderungen um meine Heimatstadt gemacht. Der Lindenhof war dann eine Etappe, da gab es in der Gaststube immer eine Bockwurst und eine Fassbrause. Einmal durfte ich in den Saal schauen. Da spielte eine Liveband. Es war laut und für mich, eine riesige Spiegelkugel hing an der Decke, die sich drehte und bunte Reflexionen an die Wand warf. Ich war begeistert. Da war ich etwa 7 bis 9 Jahre alt. Wenn dieser Saal abgerissen würde, das wäre so was von schade.
Neben den Tanzveranstaltungen gab es hier u.a. Filmabende, so war auch einmal Fred Delmare hier, ich erinnere nur an „Die Legende von Paul und Paula“, „Der Mann der nach der Oma kam“, „Weiße Wölfe“, „Ulzana“… Es befand sich eine Kegelbahn auf dem Gelände, im Garten war ein Konzertpavillon. Hier gab es Weihnachtsfeiern von Betrieben, Modenschauen, Boxveranstaltungen, Faschin, Rollschuhveranstaltungen, Tanzstunde ….Vor diesem Saal soll sich auch eine Tankstelle befunden haben, also in den 30ern.
Der letzte betriebene Saal in dieser Runde ist die „Schelle“. Das ist der letzte Name. „Schelle“ deshalb, da gegenüber die JVA bzw. das Zuchthaus bzw. das Gefängnis ist. Davor hieß das Gebäude „Kulturhaus Ernst Schneller“. Ernst Schneller war ein Abgeordneter der KPD im Sächsischen Landtag und im Reichstag. Ermordet wurde er im KZ Sachsenhausen. Warum schreibe ich das hier auf. Von 1933 – 1939 war er im Zuchthaus Waldheim. Es war mal das „Schützenhaus“, da nicht weit weg eine Schießbahn war und sich dort die Schützen dieses Schützenvereins trafen. Dann hieß es auch mal „Goldener Pflug“. Ich kenne nur diesen Saal von innen, also in Betrieb. Im Erdgeschoß war die Gaststätte. Und der Judoverein hatte hier einmal sein Domizil, also Anfang der 70er. Hier gab es meist nur Disko, einmal im Monat, oben neben dem Saal gab es die Bar. Hier fanden Schulveranstaltungen statt, der Fasching der Spindelfabrik, Schlachtruf „Spindel – Öööl“, Boxen, Modenschauen, …, Veranstaltungen wie im Lindenhof.
In den 70ern und 80ern, war nichts im Kulturhaus Waldheim los, ging es nach Hartha oder auf die Dörfer. Das ist aber schon wieder eine andere Geschichte. Zur Zeit gibt es nur noch den Silvesterball, den Gewerbeball und den Fasching in diesem Saal. Die Gastronomie gibt es nicht mehr.
Die Waldheimer Betriebe feierten, so kenne ich es noch, im Lindenhof oder im Kulturhaus ihre Betriebsfeiern. Damals hieß das noch Betriebsvergnügen. Oder auch die Angler, die Feuerwehr. Im Kulturhaus gab es dann die Geflügelaustellung, die Kaninchenausstellung. Einmal brachte mein Vater, da war ich noch Kind, so ein Tier mit nach Hause, das hatte er in der Tombola gewonnen. Da wurde ein Stall gebaut. Im Winter wurde das Tier geschlachtet und ich wurde nicht reingeschickt, als es geschlachtet wurde. Na ja, ich denke, es hat mir nicht geschadet.
In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, die Spindelfabrik in Waldhiem hatte einen Speisesaal, der, wenn ich mich richtig erinnere auch eine Bühne hatte. Ebenso das Florenawerk am Eichberg. Dort sollten auch Betriebsfeiern stattgefunden haben. Das ist aber nur Spekulation. Vielleicht kann ja jemand etwas dazu sagen, der das hier liest.
Dann gab es noch Livemusik zum Tanz in den Gaststätten der Stadt. Da möchte ich nur das Parkcafe nennen, das wurde oft in Gesprächen, die ich für diesen Artikel geführt habe, genannt. Diese Gaststätte war dann ab den 60ern FDGB Ferienheim, dann VdN Kurheim. (Kurheim der Verfolgten des Naziregimes) Dieses Gebäude war die Villa eines Waldheimer Fabrikanten und befand sich in einem tollen Park, der für dieses Haus angelegt wurde. 2013 wurde es abgebrochen. Jetzt ist dort neu gebaut, auf dem Gelände, eine Arztpraxis.
Das war erst einmal eine Aufzählung dessen was es gab. Nach der Wende gab es eine neueröffnete Disko, da war ich vor ca. 8 Jahren einmal, weil eine lokale Band eine Konzert gab. Vor etwa 6 Jahren wurde diese Disko geschlossen, jetzt ist das griechische Restaurant unserer Stadt da drin.
Wie schon oben erwähnt habe ich ein paar Gespräche mit Waldheimern geführt, wo sie denn in ihrer Jugend hingegangen sind, um Livemusik zu hören, um zu tanzen, um sich zu unterhalten und unterhalten zu werden, und was für Bands dort gespielt haben. Man kann davon ausgehen, es war mindestens in einem Saal etwas los. Gefiel es einem dort nicht, ging man in einen anderen Saal.
Auf alle Fälle ging es Mittwoch im Lindenhof los, dort war 2 mal die Woche Tanz. Sonnabend oder Sonntag ging es dort weiter. Sonntag war der sogenannte Fettbemmenball, da gab es Fettbemme, denn es kam die Landjugend.
Die Frage, was für Bands haben denn da gespielt, das wurde gar nicht so eindeutig beantwortet. Von meinen Eltern, die ich leider nicht mehr fragen kann, hörte ich das Orchester von Kurt Henkels. Das Orchester Alo Koll. Das RTO, Riesa Tanz Orchester. Dieses soll im Lindenhof und im GaWaRi gespielt haben. Das Orchester Rot Weiß.
Ein Name fiel mehrfach, wie aus der Pistole geschossen: Die Musella Combo. Die soll sogar aus Waldheim stammen, manche sagen Mittweida. Das muss die Hauskapelle im Lindenhof gewesen sein. Damals hießen die Bands noch Kapelle, Orchester (Siehe Reinhard Lacomy und sein Orchester) oder auch Combo (Stern Combo Meißen). Ein weiterer mehrfach genannter Name war die Florena Combo. Die muss auch aus Waldheim gewesen sein, der Name sagt es schon, denn hier war das Florena Werk. Die hier zu Gange sind, Florena Creme, mehr muss man nicht sagen. Da spielte sogar ein ehemaliger Musiklehrer von mir Gitarre. Zweimal genannt wurde Seifert (Saftl) aus Mittweida, mit der Bemerkung, wenn der das Waldheimlied zur Melodie des Schlesierliedes gespielt hat, da tobte der Saal.
Dann kamen noch Namen von Bands wie die Kapelle RTL, die Kapelle Amati, das Tanzorchester Rialto in der Schelle zum 1. Mai und zu Frauentagsveranstaltungen, aber auch in unserer Nachbarstadt Hartha in den Textilwerken, die Beatgruppe The Stars vormals Team 47, Stammkapelle im Vereinshof. Des weiteren fiel der Name Legato, Gala aus Dresden, Druxa aus Mittweida. Im Deutschen Haus soll Lick gespielt haben. Amati, Waldheimer Stadtkapelle. Das sind alles Namen, die mir nichts sagen. Ebenso Studio Freiberg, das Hansa Sextett, Fernando aus Freiberg. Bands die eher schon aus den 70ern stammen können, das wären da Taifun, Tornado und Privileg. Wenn mich nicht alles täuscht, Privileg und Taifun stammten aus meiner Gegend, Privileg denke ich aus Döbeln.
Zwei Namen noch aus den 1960er, die überregional bekannt waren, die Fred Herfter Combo, und die Theo Schumann Combo. Dann fiel noch die Gruppe Wir, und die Klosterbrüder, aber da sind wir schon wieder in den 1970ern. Mal sehen, ob ich noch ein paar Fotos von den Bands auftreiben kann.
Schon seit längerer Zeit halte ich Ausschau nach Dorfgasthäusern. Da entwickelt sich der Blick und ich entdecke sofort den Saal. Nur so viel an dieser Stelle, jedes Dorf in meiner Umgebung hat einen Gasthof mit Saal gehabt, und wenn es nur ein kleiner war. Wenn ich mal wieder etwas Zeit habe oder mir die Zeit nehme, dann folgt hier wieder ein Aufsatz.
Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt. Fällt einem Missionar in dieser Runde etwas zu den 1950ern und 1960ern ein, ich freue mich über jeden Beitrag. Sei es zu Sälen oder Bands dieser Zeit.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.04.2019 13:54von Drachenuli • | 1.023 Beiträge | 2222 Punkte
Sehr interessanter Bericht.
Auch ich habe schon in jungen Jahren Gespräche zur Musik mit den älteren Arbeitskollegen geführt. Einer der kurz vor der Rente stand, hatte noch die Zeiten erlebt, als die Antennen von den Dächern geholt wurden, und der ABV einmal in der Woche die selbst bespielen Tonbänder mit Bill Haley und Co gelöscht hat.
Ein anderer hat noch die Puhdys in der Centrallhalle Gaschwitz erlebt, als diese noch Deep Purple und Uriah Heep nachgespielt haben.
Haben wir hier im Forum ausser Hartmut Missionare, die in den 50er und 60er Jahren zum Tanz mit Livemusik gegangen sind, und die hier dazu was beitragen könnten?
Ich bin Jg. 64, und gehe erst seit 77 zu Livemuggen, habe aber schon viele Säle in Leipzig und Umgebung von innen gesehen, die leider nicht mehr stehen, bzw solche Veranstaltungen nicht mehr darin stattfinden, und verkommen.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.04.2019 17:11von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Lieber Andreas, du hast dein Vorhaben wahr gemacht, über das wir mal gesprochen haben. Ganz toll, du weckst hier Erinnerungen. Kann mir vorstellen, wie viel Zeit du in die Recherche gesteckt hast. Mir brennt dieses Thema auch auf den Nägeln und ich denke, kann heute was beisteuern. Mich interessieren besonders die Dorfgasthof Säle. Wenn man 1956 geboren ist, hat man die große Zeit der Gasthof Säle mit Live Musik noch miterlebt. Komme ja aus der gleichen Gegend wie Andreas. Mein Aktionsradius beim "zum Tanz gehen" erstreckte sich aber eher in Richtung Freiberg. Bis Waldheim bin ich nie gekommen.
Ich habe auch nicht so ein gutes Gedächtnis wie Andreas. Vieles ist einfach vergessen. Schade . Aber gerade um die Erinnerung aufrecht zu erhalten, finde ich solche Möglichkeiten wie hier so toll. Jeder kann was beitragen. Hoffe mal, das tun die User hier.
Ich fange mal mit meiner Heimatgemeinde an. Ich wohne in Mobendorf. Das kennt kaum einer. Sage gern eher den Namen der Großgemeinde, mit Striegistal in Mittelsachsen kann man eher was anfangen. Aber hier liegt schon das erste Problem. Während in der DDR jede Gemeinde eigenständig war und ihren hauptamtlichen Bürgermeister hatte, wurden nach der Wende die Dörfer einfach zusammen geschlossen, um Kosten zu sparen. Bei uns waren das 14 eigenständige Gemeinden. Nach Identität fragte keiner. Viele Probleme im Osten hängen eben mit dieser verlorengegangenen Identität zusammen. Nach der Wende brach nicht nur die Arbeit weg, sondern auch das Gefühl für Heimat. Das ist gefährlich und wird von Kräften genutzt, vor denen mir einfach nur graut.
Wenn man es aber objektiv betrachtet, kann man heute sagen, die Gemeinde Striegistal ist eine Erfolgsgeschichte. Es brach vieles weg, wurde aber auch Neues geschaffen und ich lebe gern hier.
Von dem einen Ende von Striegistal zum anderen Ende sind es 16 km, also die Ausdehnung ein Großstadt. Es sind nur noch einige wenige dieser Gasthofsäle übrig geblieben. Mir fällt nur Hirschbachtal Pappendorf ein, dort finden noch Familienfeiern statt. Diesen Beitrag hier könnte man auch "Friedhof der Gasthofsäle " nennen und ich habe einiges aus unserer Gegend beizutragen.
Die Gemeinde Mobendorf hatte einen Dorfgasthof, wie sich das so gehörte. Es gab auch noch einige Kneipen bis nach dem Krieg.
Der Gasthof war das kulturelle Zentrum. Es gab Tanzveranstaltungen und man ging hin zum Essen und ganz besonders zum Trinken. Die Männer trafen sich eben abends in der Kneipe. Das Bier kam 0,55 DDR Mark. Mittagessen so zwischen drei und vier Mark der DDR. Die Kneiper wechselten. Es war ein Beruf mit etwas Freiheit, denn viele von ihnen waren selbständig. Erinnern kann ich mich noch an Minke, die war ein Original und betrieb viele Jahre den Gasthof. Die letzten Kneiper vor der Wende waren nicht mehr so erfolgreich.
So ab 13 Jahre durfte man mit seinen Eltern zum Maitanz, zum Republikgeburtstag oder anderen Anlässen. Im Gasthof stand immer ein Rednerpult. Bevor die Tanzveranstaltung startete, gab es eine Ansprache. Unser Bürgermeister, Gerhard Mann, zeichnete verdienstvolle Bürger aus, berichtete über die Vorhaben der Gemeinde. Er hatte da schon immer etwas am geistigen Getränken intus und es war lustig.
Unser Gerhard, das war ein Original und er hat 35 Jahre als Bürgermeister gewirkt. Es gibt keinen Einwohner in unserem Dorf, der sich nicht gern an ihn erinnert. Selbstverständlich wohnte er auch in dem Gasthof. So ging damals Bürgernähe. Der Gasthof gehörte der Gemeinde. Mit den wenigen Mitteln wurde immer versucht, die Bausubstanz zu erhalten. Mehr war nicht möglich.
Mit der Wende verfiel der Saal zunehmend. Ein Wessi kaufte ihn nach dem Motto: Erst mal haben. Damit hatte es sich. Er ließ ihn verfallen. Unser Bürgermeister musste seine Wohnung und die Gemeinde verlassen. Das war bitter für ihn. Lange hat er dann nicht mehr gelebt.
Das kulturelle Zentrum wurde zu einem Schandfleck im Dorf und musste 2011 abgerissen werden. Kurz vor dem Abriss bin ich dort mit der Kamera eingestiegen. Zu der Idee beglückwünsche ich mich heute noch. So ist eine Erinnerung geblieben.
Vor einigen Jahren hatte der Ortschaftsrat eine gute Idee. Auf der Fläche des abgerissenen Gasthofes entstand eine Wiese mit Stammbäumen. Für jeden neuen Erdenbürger von Mobendorf wurde ein Baum gepflanzt. Es wurde eine Sitzecke aufgestellt mit der Aufschrift : Gasthof Stammtisch. Wenn ich bei meinen Laufrunden durchs Dorf flitze, setze ich mich gerne dort hin und denken an alte Zeiten.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.04.2019 17:39von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Von zwei weiteren Sälen im Gemeindegebiet habe ich vor einiger Zeit Fotos gemacht.
Weit über die Gegend hinaus war der Gasthof Berbersdorf bekannt. Dort war immer was los. Auch ich war dort ab und zu zum Tanz. So habe ich dort noch die große Zeit der Live Kapellen erlebt. Aber fragt mich nicht, wer da gespielt hat. Kann mich daran nicht erinnern. Glaube, das hat mich damals auch nicht interessiert.
Mitte der Siebziger Jahre verschwanden die Live Bands und die Discos hielten Einzug. Das war der Anfang vom Ende.
Berbersdorf ist nicht abgerissen, gammelt aber vor sich hin. Man hörte immer mal von irgend welchen Projekten, die sich dann wieder in Luft auflösten.
In Etzdorf gab es einen ganz großen Gasthof. Der Saal hatte eine Empore und schon mal bessere Zeiten gesehen.
Das Kuriose ist, die Puhdys haben Anfang der Siebziger Jahre zwei Mal in Etzdorf gespielt. Ich war ein einziges Mal dort und zwar zu einem Ökulei. Na, wisst ihr, was das war?
Nur gut, dass ich vor 8 Jahren auch dort mal Bilder gemacht habe. Inzwischen ist auch dieser Schandfleck beseitigt. Schade drum.
Dort habe ich mich nicht getraut, rein zu gehen, es sah schon damals alles sehr morsch aus.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.04.2019 21:22von genitiv64 • | 196 Beiträge | 450 Punkte
Petra, das ist ja echt der Wahnsinn, dass Du auch schon was in der Art schon in der Schublade hattest.
Ein Bekannter hat mir über Etzdorf folgende Story glaubhaft berichtet: Die Mädels mussten über einen Spiegel gehen. Es wurden nur die reingelassen, die auch einen Slip anhatten. Ich kann das nur so hinnehmen. Aber in Etzdorf muss die Luft gebrannt haben. Und das mit den Puhdys und Etzdorf wird unabhängig voneinander von Leuten berichtet.
Eine Bekannte hat mir berichtet, der Ablauf mit ihrer Clique war folgender:
Mittwoch ging es nach Schönborn Dreiwerden zum Schippchenball. Donnerstag dann nach Roßwein in den Hercules. Freitag war dann Hartha angesagt , der Flemming oder der Schwan. Sonnabend war dann Lauterbach oder Schönborn Dreiwerden dran. Und Sonntag als Abschluß noch einmal Hartha. Das war eine 5 Tage Woche auf Tour.
Das wollte ich zwar in einem späteren Beitrag verarbeiten, bringe es aber jetzt schon, weil es so schön passt, Das sind jetzt Originalzitate: In Berbersdorf gab es immer Kloppe. In Roßwein im Hercules haben sie sich immer gewichst. Und in Gleisberg auf dem Saal gab es auch Kloppe. Nur einmal habe ich in Waldheim eine Prügelei erlebt, aber kaum hat die Rangelei angefangen, so schnell waren die Beteiligten an der frischen Luft und kamen auch nicht wieder herein.
Heute haben wir mal eine kurze Tour über die Dörfer gemacht, der Saal in Langenstriegis Richtung Schönerstadt steht auch nicht mehr. Der Gasthof in der Mitte des Dorfes hatte auch einen kleinen Saal, aber die Gaststätte ist auch zu.
Diese Zeiten sind vorbei.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.04.2019 23:08von Drachenuli • | 1.023 Beiträge | 2222 Punkte
Ich bin seit Ende der 70er Jahre bei mir in der Region viel zum Jugendtanz mit Livemusik gewesen, aber wie Petra schrieb, das es bei Ihr nur Disco gab, kann ich bei uns nicht bestätigen, man konnte auch bei uns zur Disco, aber es gab genug Kulturhäuser mit Livemusik.
Mich würde mal interessieren, ob es den Saal in Wechselburg bei Rochlitz noch gibt, da war ich mehrere Male als Lehrling. Da war Freitag-Sonntag 3 Tage Livemusik, Sonntag schon ab 14.00, fragt mich aber auch nicht, wer da spielte.
Ab nachmittag war der Alkoholpegel der meisten schon hoch, und vor dem Saal die Gebüsche mit Pärchen beim Liebesspiel belegt.
Ich habe auch jedesmal einen 50 Jährigen mit nagelneuem Levis Anzug, an jeder Hand ein hübsches Mädel um die 18 gesehen (der hatte wahrscheinlich genug Kohle, und auch noch in D Mark) Da haben wir damals den Kopf geschüttelt, mit 50 ( für uns damals steinalt) noch bei so einer Veranstaltung, war für uns unfassbar. Mittlerweile bin da schon lange drüber, und ein Ende noch lange nicht in Sicht.
In Groitzsch im Volkshaus war damals auch oft, ob in dem Saal noch was läuft, keine Ahnung. In Eythra bei Zwenkau war ich vor meiner Armeezeit mit Rockphonie, als ich wieder kam, war es wegen der Braunkohle abgebaggert. In Lützschena Nähe der Sternburgbrauerei und in Grossdeuben gab es einen Saal, in dem ich einige Male war, mittlerweile Ruinen.
Fotos gibt es bei mir keine, nur Erinnerungen, die jetzt so langsam wieder hochkommen.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 22.04.2019 08:39von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Als ich vor ein paar Wochen von einem Freund in der „alten Heimat“ die Nachricht bekam, mein alter geliebter Beat- und Rockschuppen (plus Tanzstundenbälle, Schulfeste, Fasching & Co.) würde bald endgültig abgerissen werden, war ich innerlich sehr aufgewühlt. Ich wusste natürlich schon seit vielen Jahren, dass dieser Zeitpunkt mal kommen würde, aber die Realität hat mich dann doch überrannt. Mein Freund hat mich damals gebeten, vielleicht ein paar Zeilen zu schreiben und ich Blödmann habe mich hinreißen lassen. All meinen Frust über abgewickelte Kultureinrichtungen, in Pleite gerutschte Kneipen mitsamt ihrem Saal, viele Jugendclubs, Kinos, Freibäder und andere „nicht finanzierbare“ Objekte hier im Osten, habe ich an diesen Zeilen – und am Beispiel Gesellschaftshaus „Hoppenz“ in Elsterwerda – abreagiert. Irgendwo musste ich meinem Ärger Luft machen, zumal sich damit so viele wundervolle Erinnerungen verbinden ließen (und lassen) und dann bekommt man mit, wie heute die Gelder für Beraterverträge und Militärausgaben mal locker so nebenbei rausgehauhen werden. Über die Dramen des Segelschulschiffes und des Super-Flughafens will ich mich erst gar nicht auslassen.
Wenn ich auch nur geahnt hätte, was ich da lostrete, vielleicht hätte ich die Finger davon gelassen. In Elsterwerda habe ich via Facebook und der Lokalpresse viele positive Meldungen lesen können, aber es gab auch zwei, drei Leute, die sich ganz persönlich angriffen fühlten: Erst wegziehen und dann das Maul aufreißen, alles schlecht machen und es wäre eine Frechheit, so der Grundton. Dennoch ist der Beitrag mehr als 40 (!) Mal bei Facebook geteilt worden und hatte über 1000 (!) Zugriffe, so der Stand vor vier Wochen. Ich muss wohl doch irgendwo die Wahrheit gestreift haben, denke ich mir und eine Autoausstellung von privaten Autohäusern kann man der Jugend ja nur schwerlich als Ersatz für eine Tanzveranstaltung „verkaufen“, meinte eine der Leserinnen in Elsterwerda.
Auch hier im Forum finden diese Zeilen viel mehr Resonanz, als ich mir hätte vorstellen können. Ich hätte nicht geglaubt, dass hier so viele Orte, Spielstätte, Bands und Erinnerungen dranhängen und das verschafft mir irgendwie ein gutes Gefühl, darüber geschrieben zu haben, aber erst recht macht betroffen, welche Dimension sich dahinter verbergen. Inzwischen ist ja fast ein heimatgeschichtliches Forschungsthema daraus geworden! Das ist gut so, damit die Erinnerungen nicht verblassen, aber es geht über das hinaus, was ich dafür noch leisten könnte.
Natürlich habe ich sowohl die Fred Herfte Combo, als auch die Theo Schumann Combo beim Tanz erlebt und auch das „Orchester“ Druxa (oder Truxa?) kenne ich noch von damals. Ob ich allerdings die Energie und die Zeit aufbringen kann, noch einmal nachzuforschen und aus meiner Sicht darüber zu schreiben, das möchte ich vorab schon mal ausschließen. Vielleicht kann ich ab und zu noch meinen „Senf“ dazu geben, aber mehr wird eher nicht. Ich verfolge das alles aber mit großen Interesse!!
www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 28.04.2019 14:11von genitiv64 • | 196 Beiträge | 450 Punkte
Über Ostern und dieses Wochenende, aber auch auf der Heimfahrt von der Arbeit bin ich mal über die Dörfer gefahren und habe ein paar Handyfotos gemacht. Dabei habe ich auch mal mit Leuten gesprochen. Darüber richtig zu schreiben, das wäre so etwas wie eine Diplomarbeit schreiben, vom Umfang her. Denn es sollte auch Hand und Fuß haben. Wenn es mal passt, stelle ich doch ein paar Fotos rein. Heute nur soviel. Jedes Dorf hatte mindestens einen Gasthof mit Saal. Der Saal war mal größer, mal kleiner. Ich stand vor den Gasthöfen von bzw. was davon übrig ist, oder vor eine leeren Fläche. Jetzt kommt eine Aufzählung. Meinsberg, Schönberg, Massanei, Reichenbach, Grünlichtenberg, Neudorf, Heyda, Greifendorf, Arnsdorf, Schlegel, Crumbach, Falkenau, Dittersbach, Langenstriegis, Schönerstadt, Schönborn-Dreiwerden, Beerwalde, Schweikershain, Holzhausen, Hoyersdorf, Reinsdorf, Heiligenborn, Naundorf, Otzdorf, Limmritz, Steina, Knobelsdorf, Technitz, Westewitz, Hermsdorf, Erlebach, Ober-Rossau, Falkenau, Dittersbach, Großbauchlitz. Möglich, dass ich etwas vergessen habe. Essen kann man noch in Hermsdorf, in Zschaitz, Masten, Schönerstadt. In Reichenbach der Trompeter hatte einen riesigen Saal, der ist weg, man kann noch auf Vorbestellung eine Veranstaltung machen, ebenso in Knobelsdorf. In Hoyersdorf der Gasthof arbeitet noch. Alles andere ist geschlossen, verfällt, oder wurde weggerissen, man steht vor einer leeren Fläche, im besten Fall begrünt. In Zschaitz der Wirt der macht auch noch Veranstaltungen, da haben wir mal Vicki Vomit erlebt. Ich behaupte jetzt einmal, zu 99 Prozent kann man sagen, ist es mit den Dorfgasthöfen vorbei.
Michael Kreskowsky, wer aus Waldheim oder Hainichen ist, dem sollte er bekannt sein, sagte sinngemäß zu mir, die Gasthäuser hatten eine Funktion. Ein Bedarf musste gedeckt werden. Z.B. Taufen, Konfirmationen. Hochzeiten, Geburtstage, Kirmesfeiern. Betriebsfeiern, Jugendweihen, oder HH aus EE hat es geschrieben, Tanzstundenbälle, Schulfeste, Fasching .. In Grünlichtenberg haben sich die Nachbarn beschwert, dass es jedes Wochenende zu laut war. Nach der Wende war das billige Bier da. Das gesellschaftliche Leben fand nicht mehr im Gasthaus statt. Der Bedarf war nicht mehr da.
Da stehe ich vorm Gasthaus Beerwalde, dort war ich zur Disko, alles ist zugewachsen. Nach der Wende, wo fanden da die Diskos statt? Die Wirtin von Hermsdorf sagte, wenn wir aufhören, ist hier Schluß. Wer will noch in der Gastronomie arbeiten, bei 14 Stunden am Tag und das Sonnabend, Sonntag. Es ist so, ist der Gasthof erst mal zu, dann ist auch Schluß.
Interessant für mich ist die Frage, wie sieht es in Westdeutschland aus? Sterben dort die Dorfgasthäuser auch? Na ja, gehn wir öfter mal Essen und zu einer Veranstaltung, das noch die eine oder andere Insel bestehen bleibt.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 22.02.2020 16:16von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Nun erwischt es wieder einen geschichtsträchtigen Dorfgasthof in Clausnitz im Erzgebirge. Übrigens auch ein ehemaliger Puhdys Spielort.
Unter der Überschrift "Ein ganzes Dorf nimmt Abschied" könnt ihr die Fakten zu dieser Sache nachlesen. Es ist übrigens Tinas Heimatdorf.
https://www.freiepresse.de/ein-ganzes-do...artikel10734936
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 24.02.2020 07:16von genitiv64 • | 196 Beiträge | 450 Punkte
Vor etwa einem Monat war ich bei einem Vortrag über die Talsperre Kriebstein, den hat der Michael Kreskowsky gehalten. Pmausm, vielleicht kennst Du Ihn ja. Und dort sagte er, in Hartha hat die letzte Gastsstätte zugemacht. Dort gibt es noch Dönerläden und man kann irgendwo Mittagessen bestellen. Stellt Euch vor, eine Stadt mit rund 7.000 Einwohnern ohne Gastronomie. In den Nachbarstädten sieht es da besser aus, noch möchte man da sagen. Das hat zwar nichts unmittelbar mit dem Bühnenrand zu tun, in Hartha waren aber 2 legendäre Säle unserer Gegend, das "Hotel zum Schwan" und der "Flemmingener Hof".
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 25.05.2020 10:04von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Vorsichtige Hoffnung gibt es dagegen für die legendäre Stadthalle "Krone" in Bautzen. Der Saal meiner Jugend könnte auferstehen.
Nicht nur für mich würde damit ein Traum in Erfüllung gehen.
Im vergangenen Jahr gründete sich ein Förderverein, der nun auch Fördermittel von der Stadt Bautzen erhält.
Es soll zunächst einen 3 jährigen Probebetrieb geben. Schon im Herbst könnten erste Veranstaltungen stattfinden.
Derzeit laufen notwendige Modernisierungsarbeiten.
Das Thema "Krone" trifft bei den Bürgern und den regionalen Medien auf breites Interesse. Hoffen wir mal, dass niemand das zart wachsende Kulturpflänzchen in Bautzen zertritt und dass das Projekt nicht an ein paar öffentlichen Euros scheitert. Für die "Krone" wäre Steuergeld meiner Meinung nach gut angelegt..
Gruß Kundi
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 14.02.2021 18:55von genitiv64 • | 196 Beiträge | 450 Punkte
Bevor ich mit dem Blog anfange, eine Bemerkung in eigener Sache. Ich hoffe, dieses Forum hat eine Chance und besteht weiter. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen das verfolgen, was hier passiert, auch wenn sich nur wenige äußern.
Unmittelbar nachdem Hartmut den Blog Gesellschaftshaus Hoppenz erstellt hatte, habe ich einen eigenen Blogg daraus gemacht und bin im Anschluß losgefahren um mal so ein paar Säle zu besuchen, die ich live besucht habe. Oder zu denen Freunde unterwegs waren. Das waren Gasthäuser mit Saal, wo es Disko, Konzerte oder Kombis davon gab. Dann habe ich mal eine Rundfahrt gemacht, und Gasthäuser oder die Reste davon fotografiert, wo etwas los war. Fast 2 Jahre sind vergangen und langsam fange ich mal an, ein paar Fotos hochzuladen, mit ein paar Erinnerungen daran, oder Bemerkungen dazu.
In meiner Nachbarstadt gab es 2 angesagte Säle, das Hotel Flemminger Hof, genannt der Flemming, und das Hotel zum Schwan, genannt der Schwan. Hier hat mehr oder weniger der "Mainstream" gespielt. Freitag, Sonnabend, Sonntag, das war in Hartha die Regel, wobei ich meist nur einmal zum Tanz war, pro Wochenende. Hartha war für mich angesagt. Die richtig angesagten Bands waren dagegen in Lüttewitz unterwegs, das ist etwa 15 km weg, das war wirklich legendär, da waren Bands wie Freygang, Monokel, Kerth zugange.
Jetzt aber wieder zu Hartha. Bands und Diskotheker, die im Flemming aktiv waren, haben nie im Schwan gespielt, und umgekehrt. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich erinnere mich aktiv an Transit, Katrin Lindner und die Schubert Band, Neumis Rock Circus, Simple Song, Berluc, die Fred Herfter Disko aus Dresden, Pond. An Plakate erinnere ich mich wie Höhne und Co. Es waren sicher noch mehr. Oft gab es lange Schlangen am Einlass, wenn ich mich erinnere, kam ich immer rein, nur bei Neumi, da hatte ich schon Karten, nur dass dort die Eingangstür zu Bruch ging. Im Flemming gab es zwei Bars, eine unter der Bühne, die war ziemlich klein, mein Kopf stieß fast an die Deckenbalken, die Luft stickig, das wurde geraucht ohne Ende, zum Schneiden so dick. Die andere Bar an der linken Seite, zur Treppe zur Gaststätte runtern. Dort hingen die Plakate von den Bands, die da schon gespielt hatten.
Die Stimmung war meist großartig. Bei Berluc im Schwan waren die Boxentürme mit Seilen an der Wand gesichert, das musste sein. Die Boden schwankte, also 10 cm waren das bestimmt. 2 mal ging bei Berluc das Licht auf der Bühne aus. Berluc haben mindestens zwei mal im Schwan gespielt. Ich meine, Transit auch öfter erlebt zu haben.
Am Samstag war meist 24 Uhr Feierabend. Das war kein Problem. Hatte man den letzten Bus verpasst, 5 km Fußweg nach Hause sind ja kein Problem. Sonntag war 22 Uhr Schluß, es ging dafür ja auch schon 17.00 Uhr los, ich glaube 16 Uhr war Einlass.
Der Flemming wird nicht mehr betrieben, der Schwan ebenso nicht. Ich kann gar nicht sagen, ob es im Schwan noch Silvesterveranstaltungen gibt.
Vielleicht habe ich es schon einmal geschrieben, Hartha hat gegenwärtig keine Gaststätte mehr, von Imbissen einmal abgesehen.
Was noch zu sagen wäre. Hartha, eine Kleinstadt, war im damaligen Kreis Döbeln neben Döbeln die Industriestadt. Ich bin mir sicher, ohne das jetzt recherchiert zu haben, das die Betriebe der Stadt einen Speisesaal hatten, in dem dann die "Betriebsvergnügen" stattfanden. Das waren die Textilwerke Hartha, für mich eine riesige Fabrik, dort wurden die "Harthaer Schottenstoffe" hergestellt, der Name sagt es, karierte Stoffe. Die Hausschuhwerke Hartha, überall im RGW gab es diese Hausschuhe. Die Spindelfabrik Hartha, der Name sagt es, dort wurden die Spindeln für die Garne der Textilindustrie hergestellt. Dann gab es noch die "Elmo-Werke" Hartha, hergestellt wurden Elektromotoren. Hier kamen u.a. die Antriebsmotoren für die Multispektralkamera MKF6 her, mit der Siegmund Jähn auf seinem Flug Aufnahmen von der Erde gemacht wurden. Im Stoßdämpferwerk Hartha wurden u.a. die Stoßdämpfer für den Trabant und den Wartburg gefertigt. Dann gab es noch Kleinbetriebe, an die kann ich mich aber nicht erinnern. Die Textilwerke und die Hausschuhwerke haben die Wende nicht überlebt. Die anderen Betriebe machen teilweise was anderes, es wird jedoch auf anderem Niveau weitergearbeitet.
Kundi hat ja auch mal ein paar Bilder vom Flemming eingestellt, mit Karussell, 2013.
RE: Gesellschaftshaus Hoppenz ist überall
in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 15.02.2021 15:19von SN-Nittel • | 329 Beiträge | 724 Punkte
In meinen Dorf und Umgebung war eine Hochburg von Dorfsälen mit allen Drum und Dran.....Es existieren nicht mal mehr die Hälfte, geschlossen haben weiter 1/4 und Veranstaltungen gibt noch bei 5%. Die alten Zeiten sind für immer vorbei und kommen nie wieder (Zitat: Kneiper von uns). Das sehe ich auch so. Die 80iger waren da einmalig für mich. Geschichte....wie auch dieses Forum. AW
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