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A Winter Concert - ONAIR in der Kreuzkirche Cottbus 6. Januar 2018
A Winter Concert - ONAIR in der Kreuzkirche Cottbus 6. Januar 2018
in Konzertberichte 2019 und älter 07.01.2018 20:19von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
In meinem Postfach entdeckte ich heute einen neuen Konzertbericht. Unser Forenmitglied und Freund Tom's Daddy war in der Kreuzkirche zu Cottbus beim Konzert von ONAIR.
Er war so begeistert von diesem Abend, dass er seine Gedanken dazu nicht für sich behalten wollte, sie niedergeschrieben hat und sie uns hiermit zur Kenntnis gibt.
Herzlichen Dank dafür!
Normalerweise sind meine Konzertberichte etwas ausführlicher, aber diesmal fällt es mir schwer, das Erlebte in Worten zu schildern - außer vielleicht: unfassbar - das war Weltklasse!
Und beinahe wäre mir dieses Konzert entgangen, ich bin nur durch Zufall im Internet darauf gestoßen. Werbung in der Stadt Cottbus für „A Winter Concert - ONAIR in der Kreuzkirche“? Entweder gab es keine, oder ich habe es übersehen...
Ich gebe es zu: ich bin süchtig nach Harmonie - und Harmonien. Bands wie die Beatles, Crosby Stils & Nash, die Hollies, die Eagles, aber auch Countrybands wie Diamond Rio, Rascall Flatts oder Little Big Town haben mein Gehör geschärft.
Im Konzertprogramm meiner früheren Band spielten wir inbrünstig einen A-Capella-Block, unter anderem mit „I feel fine“ von den Beatles, „Only you“ von den Flying Pickets und „Boat on the river“ von Styx. Die Notendealer aus Freiberg und natürlich die Wise Guys aus Köln brachten später zur musikalischen Klasse der Vocal-Bands auch noch humorvolle Texte hinzu. Leider mussten wir uns ja von den Letztgenannten kürzlich schmerzvoll verabschieden, aber mit der Nachfolgeband Alte Bekannte wird der Weg hoffentlich fortgesetzt. Auf Van Canto, die sich a capella dem Metal-Genre widmen, machte mich mein Sohn aufmerksam... Der Reigen ließe sich fortsetzen.
Zurück zum Thema: Ich fand also den Eintrag: „A Winter Concert - ONAIR in der Kreuzkirche Cottbus 6. Januar 2018“. ONAIR? Die kenne ich dem Namen nach vom (inzwischen zweifelhaften) Event „Die Goldene Henne“, also die Suchmaschinen befragt, den bekannten Clipkanal aufgerufen - und mir war sofort klar, dass ich meinen Plan für den Samstagabend über den Haufen werfe - ich muss nach Cottbus!
Die Berliner Formation ONAIR wird als A-Capelli- Innovation bezeichnet, fand im Jahr 2013 zusammen und räumte in kurzer Zeit in Deutschland, Dänemark, Österreich, Finnland, Taiwan und in den USA bei Wettbewerben und Festivals so ziemlich alles ab, was es zu gewinnen gab. Fachleute und Publikum waren gleichermaßen und dauerhaft aus dem Häuschen. Und ich kann jetzt durchaus verstehen, warum.
In ihren Programmen veredeln die zwei Sängerinnen und vier Sänger ihre eigenen Kompositionen sowie Stücke aus Rock und Pop mit unglaublich vielschichtigen Arrangements. Noch bis Mitte 2018 begeistern sie mit der „ILLUMINATE“-Tour und stecken laut eigener Aussage bereits in der Vorbereitung zu „VOCAL LEGENDS – Große Stimmen der Pop- und Rockgeschichte“, mit denen sie ab Herbst 2018 unterwegs sein werden.
Erstmalig haben sich die Berliner ein Weihnachts- und Winterprogramm „ONAIR – A Winter Concert“ zusammengestellt und versprachen „eine emotionale Mischung aus klassischen Weihnachtssongs und Winterliedern, die voller Kraft und Schönheit sind.“ Dieses Versprechen wurde gehalten. Und mehr als das: die Terminleiste von ONAIR habe ich ab sofort bei mir unter Favoriten abgespeichert - das will was heißen!
Ja, es war kalt in der Kirche, aber das weiß man ja vorher. Lichttechniker Fabio schenkte vor Veranstaltungsbeginn Glühwein aus, Kristopher Benn - der Bassmann- betreute den Merchandisingstand und besorgte mir auf meine Bitte hin unmittelbar vor seinem Auftritt flugs noch eine Setliste - danke, das macht nicht jeder.
Pünktlich um 20 Uhr marschierten die Damen und Herren ein- und ich bin in der Folge aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen. Sie begannen mit „Tausend Sterne sind ein Dom“ - und da blieb uns zum ersten Mal die Luft weg. Es ist für mich nahezu unmöglich, Gesangssätze und Arrangements zu beschreiben. Es hilft einem Hungrigen ja auch nicht, wenn ich ihm eine Speisekarte vorlese. ONAIR muss man erleben - und genießen. Auf Instrumente, Halbplaybacks oder Drumcomputer wird vollständig verzichtet, aber „Gloria in excelsius deo“ kam im leichten Reggae-Sound daher, unterstützt auch durch die „Beatbox“ vom Bariton Patrick Oliver, der also den Drumsound per Mund erzeugt - und wie! Schade, dass er diesmal nicht die Möglichkeit hatte, sein Solo zu bringen, allein das Rhythmusgefühl und die Fähigkeit, ein ganzes Drumset zu imitieren, sind genial - okay, ich komme ja wieder!
„Driving home for christmas“ wurde arrangiert von Jennifer Kothe, der Sopranistin, und hier wurde der ganze „Klang-Körper“ der Interpreten einbezogen - Brust, Schulter, Arme mussten als Percussion schon herhalten. Jeder der Mitwirkenden übernahm im Programm mal den Moderatorenpart, erläuterte auf seine Art die Auswahl oder das Anliegen der Songs, wenn sie in einer anderen Sprache erklangen. Tenor André Bachmann freute sich über die kleinen Heizstrahler rechts und links der Bühne und wies darauf hin, dass dies wohl doch keine Leuchtkörper der Bühnenshow seien.
Manchmal fiel es nicht auch nur den Zuschauern schwer, nach der Moderation wieder konzentriert zu sein. Neben deutschem Liedgut war englisch gesungen, aber auch schwedisch war zu hören - mutig, nicht nur auf Bewährtes zu setzen. Sopranistin Marta Helmin, die polnischen Wurzeln hat, ist stolz auf ihr Team, dass sie sich dem relativ jungen Weihnachtslied „Koleda Maryi“ in ihrer Heimatsprache nicht verschlossen hat.
Vor „Snowbound“ von Genesis wurde der Einsatz der Loop-Technik kurz erklärt - hier werden während der live-Darbietung kurze Passagen gesampelt, übereinandergelegt und in Loops (Schleifen) wiederholt. Das hilft beim Aufbau der schon genannten „Beatbox“, aber auch beim Halten von Tönen oder Klangbildern (eisiger Wind) und simuliert so eine noch größere Stimmenvielfalt.
Die erste Stunde beinhaltete neben Kirchenliedern auch Kompositionen von Franz Schubert oder Coldplay, die zweite begann mit „All is full of love“ von Björk. Dieser Song der Isländerin aus dem Jahr 1997 ist ja ohnehin schon ein Sahnestück, aber die Version von ONAIR, arrangiert von Jennifer Kothe, hat mich umgehauen. Jennifer hat eine unfassbare Ausstrahlung, oft sind die Augen beim Singen geschlossen, und manchmal entsteht beim Anhalten von Tönen im Gesicht ein Lächeln. Und weil es ja kurz nach Weihnachten ist: sollte jemals „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf der Bühne umgesetzt werden - ich wüsste, wem ich die Hauptrolle geben würde...
Überhaupt ist jede Menge Miteinander auf der Bühne zu erleben. Positionswechsel, Blicke, Gesten, Dialoge - und die permanente Abwechslung von Soloparts und Gruppensound, es gibt geradezu halsbrecherische Wechsel von Tonarten, Tempi oder Lautstärken. Wie eingangs gesagt - es lässt sich schwer beschreiben. Riesig gefreut habe ich mich über den Titelsong der aktuellen Tour „Illuminate“ - ein Hammerstück, mitkomponiert und arrangiert von Bandgründer Stefan Flügel. Der ist übrigens aus familiären Gründen nur noch bei der „Illuminate“-Tour mit unterwegs - auch zum Winterkonzert trat die Band nur zu fünft auf - steht den Musikern aber weiterhin als Arrangeur zur Verfügung.
Der Reigen der folgenden Songs umfasste unter anderem Kompositionen von Benjamin Britten und Henry Purcell.
Mit „Happy X-Mas“, einem der wichtigsten Lieder von John Lennon, klang der Abend in einer beeindruckenden Art und Weise aus - beinahe. Die Band hatte den Mut, abstimmen zu lassen, ob „Last Christmas“ von George Michael noch gebracht werden dürfe. Bei diesem Song gehen ja bei einem Grinch wie mir ja alle Glocken an - nein, ich kann und will diesen abgedroschenen Schmalz mit dem holpernden Drumcomputer eigentlich nicht mehr hören!! Aber - wir sind ja bei ONAIR, da darf man schon gespannt sein. Ich habe diesen Song jetzt kaum wiedererkannt. Da wird gegenläufig gesungen, die Solostimme hängt quasi zwei Zählzeiten hinterher, es gibt Soundcluster, Dynamikveränderung, Crescendi, offene Stimmungen ...die zahlreich anwesenden Mitglieder des Cottbuser PopKon-Chores haben sicher noch viel mehr entdeckt als ich. Oh, ihr Radioleute- ab 2018 möchte ich nur noch diese Version hören, ist das klar?!
Völlig ohne Mikrofone verabschiedet sich die Band mit „Es ist ein Ross entsprungen“ - noch einmal Gänsehaut pur, dann war das grandiose Konzert vorbei. Dem ausdrücklichen Dank der Band an Tontechniker Nicolai Plier und Lichtdesigner Fabio Gatto schließe ich mich an, das war vom Feinsten! Wegen der Besonderheit eines Sitzkonzertes in einer Kirche habe ich mich beim Fotografieren auf einige wenige Aufnahmen ohne Blitz beschränkt, denn zum einen stört das Herumlaufen, zum anderen waren wundervolle Farbstimmungen auf der Bühne zu sehen, die ich nicht „zerhacken“ wollte. Musiker und Techniker waren übrigens nach dem Gig nicht gleich backstage verschwunden, sondern stellten sich den Fragen und waren offen für Feedbacks - so wünschen wir uns das.
So, nun sind doch ein paar Zeilen zusammengekommen. Es ist ja bekanntermaßen nicht ganz einfach, mich zu Jubelstürmen zu begeistern, eher andersherum. Wenn wir zu einer Veranstaltung gehen ermahnen mich Frau und Sohn immer vorher: halte dich zurück, du bist heute nur Gast, mecker nicht so laut, wenn dir was gegen den Strich geht. Diesmal müssen sie mich wohl aus einem anderen Grund zurückhalten, sonst fällt die Rezension zu überschwänglich aus - aber hey: verdient ist verdient!
Was bleibt abschließend zu sagen? Der Bandname ONAIR wird in Großbuchstaben geschrieben- das sollten Musikliebhaber und Veranstalter auch tun, und zwar mindestens in Schriftgröße 32, damit sie ja keiner übersieht. Ich habe kein Verständnis dafür, dass irgendwelche Leute, die zwei Töne geradeheraus bekommen oder deren Qualitäten deutlich sichtbar unterhalb der Stimmbänder anfangen, medial gehypt werden bis zum Umfallen und dann damit nicht klarkommen, dass sie abstürzen, während echt gute Acts ein Geheimtipp bleiben (müssen) - aber in Deutschland ist ja die Hauptsache, dass es Allessio gut geht, oder?
Ich wünsche mir, dass ONAIR wesentlich öfter „on air“ sein wird - im Radio und im TV!
Bis dahin: hingehen zu den Konzerten - und unbedingt weiterempfehlen!
Tom’s Daddy
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