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RIO-REISER-Nacht mit WunderbunTd 13.10.17 Q 24 Pirna
RIO-REISER-Nacht mit WunderbunTd 13.10.17 Q 24 Pirna
in Konzertberichte 2019 und älter 19.10.2017 19:37von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Erzählt mir doch nicht, dass RIO tot ist. Das weiß ich wirklich besser. Sein Körper bzw. der von Ralph Möbius (das war RIO REISERs bürgerlicher Name) mag zwar am 20. August 1996 in Fresenhagen gestorben sein, sein Geist und vor allem seine großartigen Lieder leben jedoch weiter. Wenn ihr dafür einen Beweis braucht, schaut euch mal einen Abend lang die RIO REISER-Nacht von WunderbunTd an und zwar live. Ich gehe nun schon seit Jahren zu Konzerten der WunderbunTd(-en) Rockband und seit meinem ersten Muggenbesuch bei der Truppe ist RIO REISER für mich wiederauferstanden.
Jetzt schlägt's 13 an diesem Freitag, den 13. Oktober 2017, dachte ich in meinem dahinrollenden Motorfuhrwerk grinsend vor mich hin. Wie ich es gerne tue, sinnierte ich nämlich während der Fahrt mal wieder vor mich hin. Die 13 ist eine Unglückszahl? Freitag, der 13. Unglückstag? Von wegen. Ich fahre endlich wieder mal zu WunderbunTd und das ist für mich immer ein Freudentag. Vorfreude breitete sich immer mehr in mir aus, denn am Ziel meiner Reise, dem Q 24 in Pirna, würde ich gleich wieder in die Liederozean von RIO REISER, TON STEINE SCHERBEN und WunderbunTd eintauchen und in den Liedern, Melodien und Texten ein Emotionsbad nehmen. Besonders intensiv kann ich das alles bei WunderbunTd-Konzerten ausleben.
Ich kann das nicht wirklich genau beschreiben, aber vielleicht verstehen es die WunderBunTd(-en)Musiker am besten, RIO's Musik am Leben zu erhalten und auch weiter zu entwickeln. REISER oder TSS eins zu eins nachspielen können sicher einige. Aber die Mühe das kreativ mit eigenen musikalischen Ideen und Arrangements zu verbinden, machen sich nicht so viele Künstler.
Für mich stecken in dem Programm RIO REISER-NACHT ganz viel Liebe, Herzblut und Glaubwürdigkeit. Die Band hat auch nicht nur den Mut mit Rios Songs neue Wege zu beschreiten, sondern sie hat auch die Gabe das immer wieder neu und sinnvoll zu tun. Dabei möchte ich keinesfalls die eigenen WunderbunTd-Lieder hier unter den Tisch fallen lassen. Auch diese gibt es bei jedem Konzert der Band zu hören und sie passen vortrefflich ins Programm.
Noch mal kurz zur Zahl 13:
Eine Uhr schlägt niemals 13, jedenfalls keine richtig funktionierende Uhr. Deshalb kann dieser Ausspruch auch etwas sehr Ungewöhnliches und fast Unmögliches thematisieren. Die Zahl 13 gilt in einigen Kulturen ja als unheilvolle Zahl. Der Aberglaube vom Freitag, den 13. als Unglückstag hält sich auch recht hartnäckig im Volk. Übrigens fällt jedes Jahr ein bis 3 Freitage auf einen Monatsdreizehnten. Sehr tief sitzt der Aberglaube bei mir jedoch nicht. Meistens geht es bei mir ja auch gut.
Meine Gedanken wanderten weiter zu RIO. Man muss RIO REISER nicht vergöttern und/oder auf einen übermenschlichen Sockel heben. Das tue ich auch nicht. Das Leben von RIO im Rampenlicht war auch nur die eine Seite, die andere war der private ,Ralph. Eigentlich war er ein getriebener, zerrissener und (selbst-)zweifelnder Mensch, der auf der ständigen Suche nach dem Sinn des Lebens, nach der Liebe und dem persönlichen Glück war. Der Mann hatte Träume, Wünsche, Hoffnungen und Illusionen. Er war verletzlich und manchmal auch maßlos. ,Ralph Möbius führte meiner Meinung nach ein Leben zwischen Himmel und Hölle.
Ähnlichkeiten zum Leben eines "Normalbürgers" wie du und ich sind da durchaus zu ziehen. Das alles macht RIO REISER für mich auch so menschlich und authentisch. Der Unterschied zu uns ist nur, dass RIO REISER ein begnadeter Musiker und Texter war. Er konnte eben seine Gedanken, und Empfindungen in seine wunderbaren Lieder packen, die Träume von einer besseren Welt und sozialkritischen Gedanken genauso wie seine ganz persönlichen Liebeserklärungen.
Der Traum von einer besseren Welt im Großen wie im Kleinen ist ja noch nicht gänzlich ausgeträumt und diese Lieder aus RIO REISERs SCHERBEN- und aus Solo-Zeiten helfen mir beim Träumen und beim Überleben. Insofern sehe ich seinen musikalischen Nachlass zugleich auch als sein lebendiges Denkmal. Denn eigentlich ist RIO nicht tot, denn tot ist doch nur, wer vergessen ist.
Die Kleinkunstbühne in der Niederen Burgstraße zu Pirna musste an diesem Abend zwar nicht wegen Überfüllung/Ausverkauf Besucher abweisen, aber sie war doch ganz ordentlich mit Gästen ausgelastet. Ich schätze mal, dass sich um die 100 Gäste im Saal tummelten. Vielleicht waren es sogar ein paar mehr. Auch unsere offizielle WunderBunTd-Beauftragte Petra und ihr mindestens ebenso "wubu-verrückter" Ehegatte M. fanden sich rechtzeitig zum RIO REISER-"Singspiel" im Q 24 ein. Dabei kehrten beide erst am selben Tage aus Vietnam zurück. Das nenne ich doch mal
Im Q 24 werden die Künstler noch durch Vereinsmitglieder ordentlich angesagt. Das war auch diesmal so. Die Bemerkung warum sollen wir den immer fremde Bands einladen, wenn wir so gute Truppen wie WunderbunTd praktisch vor der eigenen Haustür haben, fand ich sogar ganz hervorragend und treffend.
Übrigens hatten Soldi und Jens von WunderbunTd an diesem 13. Oktober im Q 24 sogar einen "Großkampftag" absolviert, denn sie hatten vor der RIO REISER-Nacht am Vormittag und am Nachmittag schon ihr Kinderprogramm aufgeführt. Nachdem die Kinder so schön glücklich gemacht wurden, waren jetzt wir dran.
Ein kleiner Wermutstropfen war bei diesem Konzert der Band leider auch dabei. Nachdem WunderbunTd jetzt einige Jahre in stabiler Besetzung agierte, wird sich die Bandbesetzung demnächst ändern. Schlagzeuger Mirko Gelbrich steigt aus beruflichen Gründen aus, weil sich "rollende Woche" und Bandtermine nicht unter einen Hut bringen lassen. Ein Nachfolger ist schon gefunden. Er heißt Marco, ist unter anderem Schlagzeuglehrer und kommt aus Zwönitz. Saxofonistin Maria Guse sieht wieder Mutterfreuden entgegen und wird der Band (vorerst?) auch nicht mehr zur Verfügung stehen.
WunderbunTd absolvierte das Konzert in zwei großen Blöcken.
Zu Beginn erlebten wir das Trio Isolde Lommatzsch, Jens Lommatzsch und Mirko Gelbrich. Sie boten uns einige Lieder im unplugged-Gewand dar.
Das finde ich immer besonders spannend, weil durch die äußerst sparsame Instrumentierung die Songs irgendwie anders klingen, vertraut und neu zugleich. Obwohl wir die Songs seit Jahren bzw. seit Jahrzehnten kennen, versprühen sie so einen ganz neuen Charme und zum Teil spielen die Akustikversionen ihre Melodien auf meiner Seelenklaviatur noch eindringlicher.
Alleine schon diese durch die schlanke Instrumentalbegleitung total veränderte Version von "Durch die Wüste" klopfte meterdicken Seelen- und Stressdreck von mir. Ich bin eigentlich ein ganz großer Fan, der von RIO REISER und SILLY gemeinsam am 30. Oktober in Berlin-Weißensee beim Festival "Gewalt ohne mich" gespielten Variante. Da brettern Sänger und Band wirklich richtig ordentlich. Das Ding rockt wie die Hölle. Aber diese auf den Songkern zurückgedrehte WunderbunTd(-e) Interpretation ist in ihrer ganzen Schlichtheit atemberaubend. Das wichtigste Instrument, nämlich die Stimme von Jens Lommatzsch, überstrahlt sowieso alle anderen Instrumente.
Nach und nach kamen dann auch die anderen Bandmitglieder auf die Bühne. Die Gitarristen und der Bassist machten den Anfang. Später folgte auch noch die Bläser-Sektion.
Wir erlebten noch mal die komplette WunderbunTd-Besatzung des letzten Jahrzehnts in Bestform:
Jens Lommatzsch – Gesang, Djembe
Isolde Lommatzsch – Piano, Gesang, außerdem Komponistin und Texterin vieler Lieder,
Tiborc Csende – Gitarre,
Robert Troschitz – Gitarre,
Mirko Gelbrich -Schlagzeug,
Hans Wulf – Bass,
Maria Guse – Saxofon,
Christoph Willenberg – Posaune,
Christian Reinsch – Trompete.
Zwischen den Konzertteilen wurde eine Pause eingelegt. Diese Auszeit war auch nötig, denn die Kapelle und die heiße Musik heizten den mitgehenden, mittanzenden, mitklatschenden und mitsingenden Fans ordentlich ein. Die Leute kamen ins Schwitzen, die Raumtemperatur stieg ebenfalls an. An der Technik schraubte an diesem Abend wieder zuverlässig der bandeigene Techniker Pjotr Jarosz.
Das Ensemble entpuppte sich als sehr gut gelaunter Ausbund der extremen Spielfreude und Musikalität. Da war nichts von langem Arbeitstag oder dem drittem Auftritt an diesem Tag bei den Beteiligten zu merken. Auch die anstehende Bandveränderung wirkte sich nicht negativ auf dieses Konzert aus. WunderbunTd spielte noch mal mit allen 9 Mitgliedern ganz groß auf.
Ich hatte im Vorfeld etwas Sorge, dass Jens Lommatzsch wegen der vielen Singerei an diesem Tag hinten raus Stimmprobleme bekommen könnte. Aber diese Sorge war unbegründet. Jens und seine Stimmbänder hielten bis zum Schluss durch.
Das Beste von RIO REISER, von TON STEINE SCHERBEN und von WunderbunTd an einem Abend beschreibt die Mugge eigentlich in einem Satz sehr genau.
Was ich für diesen Abend erhofft oder erträumt hatte, ging auch in Erfüllung.
Ich konnte ausgiebig in den Liederozean von RIO REISER, TON STEINE SCHERBEN und WunderbunTd eintauchen und zusätzlich in meinen eigenen Emotionen baden.
Bei Liedern wie "Halt dich an deiner Liebe fest" möchte man förmlich dahinschmelzen. Dieses Lied ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass WunderbunTd nicht nur stumpf und lieblos nachspielen, sondern durchaus eigenständige Interpretationen aus dem Songmaterial der Scherben und von Rios Solo-Songs schaffen. Das Lied fing an mit dem glockenklaren Gesang von Soldi und dezenter Klavierbegleitung. Dann stieg Jens zunächst als Duett-Partner ein und ging dann zu seinem Sologesang über. Die Band setzte später ein, lief im musikalischen Mittelteil zu Hochform auf, und auch die druckvolle Bläsergruppe gab dem Lied einen anderen Anstrich. So stelle ich mir die kreative Auseinandersetzung mit einem bekannten Lied vor. Das Original wurde weder kopiert noch vergewaltigt und blieb trotz musikalischer Veränderungen noch erkennbar. Auch bei "Zauberland" teilten sich Soldi und Jens den Gesang. Letztgenanntes Lied gehört ja neben dem am Ende des Konzertes noch folgendem "Junimond" zu meinen persönlichen Allzeit-Favoriten. Damit verbinde ich ganz persönliche Erinnerungen und manchmal schwappt mein eigenes Emotionsbad beim Hören der geschmackvollen und sensiblen Interpretationen während die eigenen Gedanken auf Reisen gehen auch über.
"Blinder Passagier" und "Der Traum ist aus" begeistern mich immer wieder, das war auch am vergangenen Freitag nicht anders.
Ich möchte hier jetzt gerne erwähnen, dass Soldi, Jens und die gesamte Band auch mit ihren eigenen Songs im Q 24 nicht geizten. Da konnten wir Fans uns über WunderbunTd-Klassiker wie "Frontbrief" und "Gaukler" (Text jeweils von Olaf Stellmäcke) sowie "Soldier" (Text: Bernd Rump) freuen.
Apropos Bernd Rump, das Urgestein der Dresdner Singebewegung, war in Pirna auch anwesend. Er ist ein Freund der WunderbunTd-(-en) und er hat auch mehrere Texte für die Band geschrieben. Ich fand es sehr schön, dass er im Q 24 mit Isolde "Soldi" Lommatzsch das "Liedchen" und "Wie meine Mutter schon sagte" aus seinem eigenen Fundus aufführte.
Aber WunderBunTd ist eine sehr lebendige Band, die immer wieder auch an neuen eigenen Liedern arbeitet. Einige davon sind auf der aktuellen CD "Wohin?" zu finden. Davon hörten wir im Q 24 "Nach all den Nächten" (Text Erich Mühsam, Komposition: Isolde Lommatzsch) sowie die beiden von Soldi getexteten und komponierten Songs "Die alte Gitarre" und "Verurteilt zum Tod".
Natürlich nahm die Mugge zum Ende hin immer mehr Fahrt auf und die Hüpfe-Willigen vor der Bühne wurden immer ausgelassener und immer mehr. Es war eine gute Stimmung in den Räumlichkeiten der Kleinkunstbühne auf der Niederen Burgstraße in Pirna. Bei Liedern wie "Keine Macht für Niemand", "Mein Name ist Mensch", "Rauch-Haus-Song", "Die letzte Schlacht gewinnen wir" war das auch kein Wunder. "Als Jens wort-, minen- und gestenreich verkündete "Der Turm stürzt ein", brannte die Luft noch mal so richtig. Das konnte eigentlich nur noch ein "König von Deutschland" toppen.
Als Maria ihr Saxafon-Solo von "Junimond" spielte, zeichnete sich leider schon wieder das Ende der Show ab. Wobei bei ca. 3 Stunden Spielzeit wirklich niemand über die Dauer des Konzertes meckern kann. Aus dem Schlussapplaus, den fröhlichen Gesichtern und leuchtenden Augen konnte man sowieso ableiten, dass die Mugge ein voller Erfolg war. Ein paar Gespräche zum Ausklang des Abends bestätigten diese positiven Eindrücke noch zusätzlich.
Gruß Kundi
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