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DIE ZÖLLNER 5 am 23.04.16 in der Börse Coswig
DIE ZÖLLNER 5 am 23.04.16 in der Börse Coswig
in Konzertberichte 2019 und älter 29.04.2016 16:16von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Dass ich eines Tages voller Freude zu einem Konzert von DIE ZÖLLNER pilgern würde, war mir früher auch nicht in die Wiege gelegt. Als DIRK ZÖLLNER Mitte der 80er Jahre mit der Band Chicorée in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangte, konnte ich mit ihm und dieser Art Funk- und Soulmusik nichts anfangen. Das blieb auch noch lange so als er mit André Gensicke DIE ZÖLLNER gründete, diese sich Ende der 90er Jahre wieder auflösten und ein paar Jahre später wieder zusammenrauften. Es bedurfte erst des Projektes Club der toten Dichter und einer Musikliebhaberin, die mir das Heinrich Heine-Projekt des CdtD im Jahr 2007 schmackhaft machte um mich DIRK ZÖLLNER zu nähern. Nach meiner ersten Mugge war ich entflammt und plötzlich konnte ich auch mit deutschsprachiger Funk- und Soulmusik etwas anfangen. Die ersten Konzerte von ZÖLLNERs 7 Sünden-Projekt folgten und von da an gehörte ZÖLLNER-Mugge für mich ganz normal dazu. Ich laufe Scholle nun nicht auf Schritt und Tritt hinterher, aber ich besuche in Abständen seine Konzerte in den verschiedenen Konstellationen und ich tue das ausgesprochen gerne.
Es gibt eine Menge positive Dinge bzw. Aspekte, die ich mit Scholle verbinde. Als Musiker beugt er sich nicht dem Trend und er erfindet sich dennoch immer wieder neu. Seine musikalische Vielseitigkeit und (Welt-)Offenheit zieht sich wie ein roter Faden durch seine Karriere. Da wären DIE ZÖLLNER in den unterschiedlichen Varianten vom Duo Infernale, über die ZÖLLNER 5 bis hin zur Bigband zu nennen. Aber auch seine Projekte mit Musikerkollegen wie DIE 3HIGHligen, der Club der toten Dichter, OSTENde, Melancholia und andere sprechen da eine eindeutige Sprache. Beim Ostrock Klassik war er auch als Gast zu erleben. Mehrere Spielzeiten spielte er die Titelrolle in der Rockoper „Jesus Christ Superstar“. Aktuell ist er in Halle an der Saale auch im Musical „Fame“ zu erleben. Zu erwähnen wäre auch noch die Veranstaltung Café Größenwahn, welche von Zeit zu Zeit in Berlin mit unterschiedlichen Gästen über die Bühne geht. Ich bin mir sicher, dass der Herr ZÖLLNER uns auch in Zukunft immer wieder mal mit neuen Projekten überraschen wird.
DIRK ZÖLLNER ist nicht nur als Künstler rege, sondern er ist es auch geistig und menschlich. Er äußert seine Gedanken zu Politik und Gesellschaft, nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und eckt dabei auch manchmal an. Er ist ein Mensch, der einem auch offen ins Auge schaut. Scholle beobachtet seine Umwelt und nimmt auch Anteil am Leben vieler Kollegen und auch Musikfans. Auch das finde ich großartig.
Ich werde nie vergessen, wie er mich bei unserer ersten Begegnung nach meiner schweren Krankheit zum Jahreswechsel 2013/2014 am 11. April 2014 begrüßte, mich umarmte und die Worte sagte, „dass du Mitte Januar aus dem Koma erwacht warst, war die erste schöne Nachricht des Jahres für mich“. Darüber habe ich mich so gefreut, dass ich bei den Gedanken daran heute immer noch heulen könnte. Mögen das Außenstehende auch als kleine Geste werten, für mich war das damals riesig und Balsam auf die geschundene Seele.
Es war der 23. April des Jahres und dieser Tag war ein Sonnabend. Die ZÖLLNER 5 spielten in der „Börse“ Coswig und ich entschied mich kurzfristig zu einem Besuch dieser Mugge. Ich freute mich auf Scholle, die Band, einen ordentlichen Saal mit großer Bühne und ordentlicher (Licht-)Technik. Ich erinnere mich noch gerne an das Abschiedstour-Konzert von electra an selber Stelle.
Doch an dieser Stelle muss ich gleich mal anfangen zu mit dem Veranstalter zu meckern. 5 Euro Zuschlag auf die Karte für Käufe an der Abendkasse finde ich schon ganz schön heftig. Das war aber noch nicht alles. Das Konzert fand nicht im großen Saal des Hauses statt, sondern in einem kleinen Nebenraum. Eine kleine Bühne, 2 Scheinwerfer und außerdem noch Stuhlreihen für die Besucher ließen meine Laune erstmal schlagartig sinken. Man hatte nicht mal genug Stühle für die ganzen Besucher aufgestellt. Viele verzichteten dann auch auf das „Vergnügen“ sich selbst einen Stuhl zu holen und stellten sich lieber hinter die Stuhlreihen. Wenn man dann viele Leute während der Mugge auf den Stühlen zur Musik zappeln sah, konnte man die Entscheidung zur Sitzmugge gar nicht begreifen. Doch das ist ja nicht den ZÖLLNERN anzulasten.
Die ZÖLLNER 5 kamen auf die Bühne und richteten sich bei den beengten Verhältnissen so gut ein wie es nur ging.
Es ist ja eine recht seltene Bandkonstellation und deshalb möchte ich die Besetzung an dieser Stelle auch gleich komplett nennen:
- Dirk Zöllner (Gesang und Akustikgitarre),
- André Gensicke (Keyboard und Gesang),
- Andreas Bayless (Gitarre),
- Oliver Klemp (Kontrabass) und
- Marcus Gorstein (Percussion und Gesang).
Das Quintett entfachte in der „Börse“ ein solides Funk- und Soulfeuer. Das Publikum folgte der Band und insbesondere dem Zeremonienmeister DIRK ZÖLLNER gut gelaunt und begeistert.
Scholle verkündete, dass es bei dieser Mugge etwas ruhiger zugehen würde, da es mehr oder weniger so eine Art Akustikkonzert werden würde. Es ging aber dann doch musikalisch ziemlich rhythmisch, mit annehmbarer Lautstärke und eigentlich tanzbar zur Sache. Einige Besucherinnen versuchten demzufolge auch am Rand des Raumes auf schmalen Grat ihren Tanzbewegungsdrang auszuleben. Ich saß derweil auf meinen Stuhl eingezwängt in der Reihe und schob immer noch einen Zapfen wegen der Bedingungen. Aber je länger die ZÖLLNER uns mit Musik umgarnten, umso besser wurde meine Laune.
„Wir machen das schon“ von der aktuellen Langrille „In Ewigkeit“ und „Idylle im Krieg“ vom „Uferlos“-Album waren die Aufwärm-Lieder des Programms. Es folgte ein Mix aus aktuellen, alten und ganz alten Stücken aus dem ZÖLLNER- Repertoire. „Alles oder nichts“ hieß die Devise. Doch dann sah der Herr ZÖLLNER sieben-sündig „Rot“ und schrie damit musikalisch seinen Zorn, seine Wut heraus. Zorn ist ja auch eine der 7 Todsünden. Auch wenn sie jetzt auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, mag ich die 7 Sünden- Sachen von ZÖLLNER immer noch.
Auf seinen Kapellmeister ANDRÈ GENSICKE und die weiteren Bandkollegen konnte sich der Frontmann die ganze Zeit verlassen. Bei den ZÖLLNER 5 hat sich ja auch wirklich ein musikalisch hochwertiger Klangkörper zusammengetan.
Als Scholle seinen langjährigen musikalischen Partner ANDRÈ GENSICKE vorstellte, meinte dieser verschmitzt, „jetzt sind wir schon fast 30 Jahre zusammen und nun verlasse ich dich nicht mehr“. Dafür bekam er nicht nur das eine oder andere Schmunzeln von Kollegen und Publikum, sondern auch richtigen Szenenapplaus. Das war ja auch mal eine Ansage ;-)
Den Gitarristen ANDREAS BAYLESS hatte ich schon im Jahr 2010 beim ersten STEINLANDPIRATEN-Projekt live erlebt. Leider existierte diese Truppe nicht sehr lange. Mir gefällt die Art von ANDREAS Gitarre zu spielen ausgesprochen gut. Mir kommt es so vor, als wenn der Heidelberger sich besonders gut in die jeweilige Musik hineinversetzen kann und sie so praktisch „lesen“ kann. Er gestaltet mit seinem Saitenspiel die Titel unauffällig, aber sehr wirksam mit. Er ist kein „Gitarren-Wichser“, sondern spielt gefühlvoll, band-dienlich und selbst seine Solos fügen sich hervorragend ins Gesamtgefüge ein. BAYLESS war durch seine eigene Band UFERLOS vielleicht auch so etwas wie der Ideengeber für den Titel des vorletzten DIE ZÖLLNER-Albums. Dass er auch bei den SÖHNEn MANNHEIMS in die Saiten greift, muss ja kein Fehler sein.
MARCUS GORSTEIN ist nicht nur der Spross von Arnold Fritzsch und Eva Dießner (ehemals Fritzsch), sondern ein sehr gefragter Musiker und außerdem auch Studiobesitzer. Seine Gesangsstimme umfasst 4 Oktaven. Der Mann kann vom Sopran bis zum Bass alles singen. Unlängst unterstützte er ROBERT GLÄSER beim LIVEDEBÜT seiner neuen Soloscheibe. Auch DIETER „MASCHINE“ BIRR greift gerne auf seine Dienste zurück. So soll er im Jahr 2017 auch zur Tourband des ehemaligen PUHDYS-Frontmannes gehören, wenn dieser mit seinem 3. Soloalbum durch die Lande zieht.
Bei den ZÖLLNERN ist MARCUS GORSTEIN seit dem Jahr 2011 als Keyboarder, Sänger (bei der Bigbandformation) und auch als Sänger sowie Mann an den Percussions (bei den ZÖLLNER 5) tätig. Wie DIRK ZÖLLNER kann auch er auf umfangreiche Erfahrungen als singender Schauspieler in der Titelrolle von „Jesus Christ Superstar“ zurückgreifen. Momentan trägt der Mann Vollbart und sieht fast wie Robinson Crusoe aus.
Bassist OLOVER KEMP lernte sein Handwerk unter anderem an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ zu Dresden bei Professor JÄCKI REZNICEK. Er ist ein sehr gefragter Jazzmusiker. Unter anderem spielt er auch mit HEIKO JUNG (Schlagzeug) und LARS KUTSCHKE (Gitarre) zusammen. D Bei dieser Mugge strich er den Kontrabass mit den Bogen und zupfte er die Saiten, dass es nur so eine Freude war.
Richtig tolle Stimmung kam bei „Wenn der Himmel mir am Arsch hängt“ in die Bude. Die lockere, beschwingte Melodie und der witzige, kecke HÄHLE-Text waren so richtig nach dem Geschmack aller Anwesenden.
ZÖLLNER erzählte zu einigen Liedern auch kleine Anekdoten bzw. versorgte er uns Konsumenten mit Informationen zu einzelnen Liedern. Das war unterhaltsam und so manchen Publikumslacher oder -schmunzler konnte er dafür auf der Haben-Seite verbuchen. So erzählte er von seiner Mitschülerin Sabine (Lied „Sabine“) oder von den ersten Bordsteinschwalben in der Oranienburger Straße zu Berlin („Aus Liebe“).
Ganz tief in die Schatzkiste seines Liedgutes griff er bei „Lustige Puppen“. Das Lied stammt ja auch schon aus dem vorigen Jahrhundert. Selbstverständlich hörten wir auch einige ZÖLLNER-Evergreens wie das wunderschöne Stück „Auf der Reise“.
Die Mugge dauerte nicht bis „In Ewigkeit“. Doch genau nach diesem Lied war der reguläre Konzertteil beendet und es ging mit dem berührenden „Sand“ und „Viel zu weit“in die Verlängerung. Bei erstgenannten Lied erinnerte ZÖLLNER an seinen leider schon verstorbenen Freund und Kollegen DIRK MASER, mit dem er „Sand“ komponierte.
Mit sehr viel Beifall wurden DIE ZÖLLNER 5 vom Publikum verabschiedet, aber sie tauchten nach ganz kurzer Verschnaufpause noch mal im Saal auf um sich dem Publikum für Fragen, Autogramme oder Fotos zu stellen.
Gruß Kundi
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