Die Glut ist aus – ein letzter Blues für Sepp (23.11.2015)
(30.04.1963 – 23.11.2015)
Er war vielleicht keiner der „großen Stars“, keiner, der irgendeinen „Status“ innehatte, den zu pflegen er antreten sollte, weil es die Medienwelt so eingefädelt hatte. Er war „nur“ ein Musiker, eine Type, wie sie das Land so viele hat, die es aber nicht groß werden und auf die heiligen Bühnen lässt. Er war „nur“ Musikant durch und durch, hatte den Blues – was immer man darunter verstehen mag – und er kam aus der Lausitz, aus Ruhland, also aus dem Osten. Er lebte dort, wo auch ich meine Nase in den rußigen Wind aus Schwarzheide oder dem nahen Lauchhammer stecken durfte. Auch ihn hat das, der er LAUSITZBLUES in Person war, schon früh geprägt, den SEPP von LAUSITZBLUES, der „länger als Kohle brennen“ wollte. Doch nun ist die Glut aus, einfach so erloschen.
Das letzte Mal traf ich ihn im Januar 2010 im Kunsthof Gohlis und habe mich an seiner urwüchsigen Musizierweise erfreuen können. Aber wie das so ist im Leben, man schiebt Vorhaben, die man sicher glaubt und bald wieder realisieren könnte, einfach vor sich her, so als ob Zeit überhaupt keine Rolle spielen würde. Das war bei Joe Cocker schon so, den ich gern noch einmal gesehen hätte, und nun habe ich den Sepp, den LAUSITZ-BLUESER, auch auf einmal bei denen, die ich vermisse. Dabei ist es zwischen Elsterwerda und Ruhland, wo das Zollhaus immer noch steht, nur ein Katzensprung.
Der Sepp Maciuszczyk hat sich heute verabschiedet, unerwartet, wie wir stets zu sagen pflegen, und ist zu seinem Freund Igor Flach in den Blues-Himmel umgezogen. Es ist ein Jammer und es hat (für mich) einen eigenartigen Beigeschmack, weil wir beide doch so nach Kokerei gerochen haben, so viel Lausitzsand an den Schuhsohlen hatten und genau wussten, wie der Bergmannsfusel, der Kumpeltot, schmeckte. So etwas prägt und es verbindet, wenn auch unsichtbar für andere. Und ein wenig wird mir Bange, wenn ich den Gedanken weiter spinne. Wer wird denn nun, so wie du Sepp, „länger als Kohle“ für uns brennen, wenn Du nicht mehr den Blues stampfst und „send me dead flowers by the mail“ singst? So kann es doch keiner und so ist auch keiner (mehr)! So langsam, ganz langsam, werden wir weniger.
Wenn ich wieder einmal in Ruhland sein werde, um meine Klassenlehrerin Gisela an ihrem Platz an der Dresdner Straße zu besuchen, werde ich Dir auch eine Rose zu deinem Fuß legen, der so schön trotzig den Rhythmus klopfen konnte. Es macht mich traurig, daran denken zu müssen und zu wissen, dass die Glut jetzt schon erloschen sein soll. In der Lausitz, dem Ort meiner Jugend- und Arbeitsjahre, wird es wohl zukünftig etwas kälter sein, trotz Klimawandel.