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MasterPeace -The Dylan Project- 29.05.15 Dresden
MasterPeace -The Dylan Project- 29.05.15 Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 31.05.2015 21:47von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Wenn Musiker aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Bands sich gemeinsam der Musik eines ihrer Vorbilder annehmen, ist das mitunter eine interessante Geschichte.
Am Freitag gab es in dieser Beziehung in Dresdens besten Liveclub "Tante Ju" eine Sternstunde. 6 herausragende Musiker aus Deutschland, Japan und Schottland widmeten sich dem Werk der Folkrocklegende Bob Dylan.
Über die wirklich phantastische Mugge von MasterPeace werde ich in den nächsten Tagen hier sicher noch einige Worte verlieren.
Jetzt gibt es erstmal zur Einstimmung einige Fotos
Gruß Kundi
RE: MasterPeace -The Dylan Project- 29.05.15 Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 01.06.2015 19:35von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Ich möchte euch jetzt auf eine gedankliche Reise zur Musik von Bob Dylan und zum Konzert des neuen und internationalen Dylan-Projektes namens MasterPeace mitnehmen. Am vergangenen Freitag trat MasterPeace in Dresdens Liveclub Nr. 1 "Tante Ju" auf und ich gönnte mir dieses Konzerterlebnis der besonderen Art.
Nein, ich schlafe nicht mit Dylan-Biographien, seinen Alben oder Videos unterm Kopfkissen.
Ich kenne auch nicht jede seiner Veröffentlichungen aus dem sogenannten Effeff. Bei fast 40 Studio-Scheiben, mehreren Live- und Greatest Hits-Veröffentlichungen dürfte das auch schwierig sein. Es gibt viele Lieder des Altmeisters, die mag ich und dann gibt es auch wieder einige Titel, die mir überhaupt nichts geben. Aber Bob Dylan ist und bleibt für mich ein ganz großer und wichtiger Musiker. Der Meister ersang und erspielte sich seit Ende der 50er Jahre Fans in mehreren Generationen und die Liste der Musiker, die sich auf ihn und seine Einflüsse berufen wächst auch ständig weiter. Wenn jemand die Bezeichnung Ikone der Rock-und Folkmusik verdient, dann unbedingt auch er.
Wohl jeder, der in Jugendjahren am Lagerfeuer saß und beim Bier in fröhlicher Runde den Liedern eines Typen mit Akustikgitarre lauschte oder sogar selbst Gitarre spielte (natürlich auch der Musikfan, der erst Klampfe spielen lernte), wurde irgendwann mit dem folgenden Lied konfrontiert:
"How many roads must a man walk down
before you call him a man?
How many seas must a white dove sail
before she sleeps in the sand?..."
Refrain:
"The answer, my friend, is blowin' in the wind
The answer is blowin' in the wind"
Ungezählte Male wurde "Blowin' in the Wind" rund um den Erdball nachgesungen, nachgespielt und gecovert. Das Lied wurde sogar zur Friedens-Hymne der Folkrock-Bewegung. 1962/1963 schrieb ein Mann mit dem bürgerlichen Namen Robert Allen Zimmerman diesen berührenden Text zu einer traditionellen Gospelmelodie. Der Textschreiber erlangte als Musiker mit dem Künstlernamen Bob Dylan Weltruhm. Selbst in der größten und besten DDR der Welt war der Meister aus den USA mit der näselnden Stimme von den Oberen als Friedensheld anerkannt bzw. mehr oder weniger geduldet. Zur 750 Jahre Berlin -Feier im Jahr 1987 durfte er sogar in Berlin-Treptow ein Freiluft-Konzert geben.
Die Musik eines Bob Dylan verbindet wirklich die Völker. Das kann man auch an der Band MasterPeace deutlich sehen. Eigentlich hat diese Gruppe sogar schon einen symbolischen Charakter. Musiker aus Deutschland(Berlin-Brandenburg und Thüringen), aus Schottland und aus Japan spielen gemeinsam die Lieder des Amerikaners Bob Dylan. Wenn Musiker aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Bands sich gemeinsam der Musik eines ihrer Vorbilder annehmen, ist das mitunter eine interessante Geschichte. Am Freitag gab es in dieser Beziehung in Dresdens besten Liveclub "Tante Ju" eine Sternstunde. 6 herausragende Musiker aus Deutschland, Japan und Schottland widmeten sich dem Werk der Folkrocklegende Bob Dylan.
Allein die Bandbesetzung von MasterPeace ließ den Kenner der gepflegten Abendunterhaltung in erwartungsvoller Vorfreude schon fast hyperventilieren. Alle 6 Musiker sind absolute Könner ihres jeweiligen Faches und in verschiedenen Bands, Projekten und/oder auch noch als Studio- und Session-Musiker aktiv. Natürlich waren meine persönlichen Erwartungen MasterPeace betreffend auch deswegen sehr hoch. Übrigens waren auch einige Musiker im Publikum, die sich dieses Schmankerl nicht entgehen lassen wollten.
Alle waren gespannt und warteten sehr geduldig auf die folgenden Musiker:
Die großartige Sängerin Steffi Breiting kennen wir zum Beispiel von Moods of Ally und von diversen Gastauftritten unter anderem bei Monokel Kraftblues, Dirk Zöllner. Steffi ist auch Mitglied des Vokalensembles The 10 Sopranos.
Die aus Jeff Allen (Schlagzeug) und Kuma Harada (Bassgitarre) bestehende Rhythmusgruppe arbeitet sonst mit Größen wie dem Ex-Rolling Stones Gitarristen Mick Taylor oder dem Bluesrock-Gitarristen Snowy White.
Wolfram "Boddi" Bodag (Gesang, Piano, Mundharmonika) ist seit Jahrzehnten der Kopf von Engerling. Bernd Römer ist uns allen vor allem als Gitarrist von Karat bekannt.
Gitarrist Tobias "Tobi" Hillig spielt sonst unter anderem bei Moods of Ally, Tumbling Dice, Vicki Vomit. Auch bei Dirk Zöllner und den 3 Highligen wurde er schon gesichtet.
Der Bandname MasterPeace ist ein sehr schönes Wortspiel, wie ich finde. Der Bezug zu Bob Dylan ist gar nicht so offensichtlich, aber ich habe dafür folgende Erklärung. Im Jahr 1978 erschien nur in Japan, Neuseeland und Australien eine 3fach-LP(Langspielplatte) unter dem Titel "Masterpieces". Übersetzt bedeutet Masterpieces so viel wie Meisterwerke. Auf die 6 Albenseiten waren auch viele Hits und einige Raritäten des Meisters gepresst. Mit dieser Veröffentlichung sollte Dylan's Tour durch Australien, Japan und Neuseeland in jenem Jahr wirksam vorbereitet/unterstützt werden. Diese Original- "Masterpieces"-Schallplatten sind heute übrigens begehrte Sammlerstücke. MasterPeace ist also ein sehr schönes Wortspiel. Auch hier kommt meiner Meinung nach der völkerverbindende Charakter der Dylan'schen Musik durch die offensichtlich beabsichtigte Verwendung des Wortes Peace (Frieden) im Bandnamen zum Ausdruck. Ich finde das gut.
Tante JU war an diesem Abend leider nicht ausverkauft, was dieses Projekt aber zweifellos verdient gehabt hätte. Aber die Konkurrenz war auch wieder groß, denn im ausverkauften "Alten Schlachthof" verabschiedete sich electra mit Tenor, Chor und Orchester an den 3 Abenden des Wochenendes vom heimischen Publikum und außerdem waren auch einige Stadtfeste in der Umgebung (Bautzen, Heidenau, Dippoldiswalde). Ungewohnt schleppend gestaltete sich der Einlass in den Konzertsaal von "Tante Ju" Es wurde 20:30 Uhr, 20:45 Uhr, 21:00 Uhr und wir standen immer noch im Raum mit dem Tresen vor den geschlossenen Saaltüren. Von einem Soundcheck war jedenfalls nichts mehr zu hören. 21:00 Uhr sollte ja normalerweise Beginn des Konzertes sein. Aber erst gegen 21.30 Uhr wurden die Gäste in den Saal gelassen. Das haben wir in der "Tante Ju" auch schon besser erlebt.
Als dann aber endlich die Formation MasterPeace auf der Bühne das Heft des Handelns übernahm war alles gut. Der Sound war verständlich und die Lichtanlage malte wunderbare Stimmungen aus blauen, roten, grünen, lilafarbenen und weißen Licht. Besonders erfreulich war auch der weitgehende Verzicht auf Bühnennebel-Orgien. Endlich konnte man die agierenden Musiker mal wieder ganz klar sehen. MasterPeace spielte ungefähr 2 Stunden. Nach ungefähr einer dreiviertel Stunde Spielzeit gab es eine halbstündige Pause. Musikalisch war die ganze Sache ein einziger Leckerbissen. Das lag natürlich nach meinem Verständnis dran, dass die Musiker sich im Vorfeld wirklich Gedanken über das Programm gemacht hatten und die Lieder von Bob Dylan auch wirklich bearbeitet, für sich erschlossen hatten sowie auf ganz eigenständige Art spielten. Das war wirklich auf einem ganz hohen Niveau und somit weiterhin ein ganz tolles Hörkino.
MasterPeace war ganz klar als Bandeinheit zu erleben und alle Musiker zogen auch an einem Strang.
Die Freude und Spiellaune konnte man nicht nur fühlen, sondern auch ganz deutlich hören und sehen. Das alles ging auch völlig ohne Mätzchen und blinden Aktionismus über die Bühne. Ebenso hervorragend war die Auswahl der Lieder gewählt. Neben einigen der bekanntesten Dylan-Werke waren auch einige fast vergessene Perlen dabei. Für meinen Geschmack hätten es auch insgesamt 2 oder 3 Titel mehr sein können ;-)
Der fünfte Titel von Dylan's 1965 erschienenen 6. Studioalbum "Highway 61 Revisited" hieß „Ballad of The Thin Man“ und genau dieses Werk war am Freitag unsere Eintrittsmelodie in die Dylan-Welt von MasterPeace. Das Stück war mir bisher im Fundus des Altmeisters gar nicht so aufgefallen, aber davon gibt es sicher noch einige Lieder, die ich bisher „überhört“ hatte. Insofern war der MasterPeace-Gig für mich auch so etwas wie ein Anstoß mich mal wieder mit dem Gesamtwerk von Robert Allen Zimmerman auseinanderzusetzen.
Steffi Breiting zauberte mit ihrer rauen rock-, blues- und soulgetränkten Stimme ein ums andere Mal wohlige Schauer des Entzückens über meinen Rücken. Gänsehaut war also vorprogrammiert. Dieser warme und dennoch kräftige Sopran mit dem leichten und angenehmen Kratzen verlief sich in den Gehörgängen bis in die Tiefen der Seele.
„All Along the Watchtower“ ist natürlich ein ganz bekannter Song. Dass er im Original von Meister Dylan stammt, wissen viele gar nicht. Dabei erschien das Stück bereits 1967. Ein Jahr später nahm sich nämlich Jimi Hendrix des Liedes an und zauberte daraus eine ganz andere, kräftigere und rockigere Nummer daraus und das Teil wurde dann richtig bekannt. Selbst der gute Bob war höchst beeindruckt und nahm sich später dieser anderen Spielweise des Liedes an.
Welche Band kann schon von sich sagen zwei extrem gute und in ihrer Art unterschiedliche Leadgitarristen zu haben? Bei MasterPeace sind mit Bernd Römer und Tobias Hillig gleich zwei Saitenhexer zugange. Beide warfen sich die Töne wie musikalische Bälle zu. Dieses wechselseitige zuspielen von Tönen kam schon geil rüber. Beide Gitarristen brillierten auf eigene Art auf ihren Instrumenten. Ihre Soloparts waren ein Ohrenschmaus, um nicht O(-h-)rgasmus zu schreiben ;-).
Ich bin ja großer Anhänger von Tobi Hilligs-Gitarrenkunst. Der Mann ist vielseitig und er führt eine wundervolle Gitarren-Klinge, wenn ich das mal so sagen darf. Er kann sich sowohl in einer Band spielmäßig unterordnen als auch die wesentlichen und bestimmenden Gitarrenparts bestreiten. Ich genieße es immer, wenn der Mann irgendwo seine Klampfe einstöpselt und das Brett mit den 6 Saiten erklingen lässt. Steffi und er hatten wohl auch die Idee zu diesem Projekt.
Aber den Gitarrensolo-Vogel des Abends hat diesmal der Karat-Bernd für mich abgeschossen. Was der Herr Römer kurz nach der Pause aus seiner Klampfe beim Solo von "Masters of War" (von Dylans zweiten Album "The Freewheelin' Bob Dylan" aus dem Jahr 1963) herausholte war schon gigantisch. Anders kann ich es nicht sagen. Der Mann hat so phantastisch auf den Saiten gesägt, dass es wirklich richtig heulte, jammerte und schrie. Zeitweise konnte man auch sirenenähnliche Töne dabei hören. Das war ein richtiges kleines, bedrohliches auf den Stahlsaiten gespieltes Kriegsszenario, was sich zum Teil bis in den Magen grub. Alter Falter, da blieb mir wirklich die Spucke weg.
In meinem Geburtsjahr nahm Bob Dylan unter anderem auch das Lied. "The Times They Are A Changin'" auf. Diesen Titel finde ich wundervoll und auch MasterPeace kannte diesem Lied sehr viel abgewinnen. Das Lied wurde mit deutschen Texten unter anderem von Shawue und Engerling gecovert. Deshalb wartete ich am Freitag darauf, dass Wolfram Bodag das Lied in der Engerling-Version „Es kommen andere Zeiten“ oder zumindest eine davon Strophe singt.
Man bildet sich manchmal halt solche Sachen ein, weil man das vielleicht gut finden würde.
Aber da sah ich mich getäuscht. Der Song wurde in der Originalsprache und zwar ganz hervorragend von Steffi vorgetragen.
Boddi sang aber im Laufe des Konzertes einen anderen Titel und Steffi hatte derweil Zeit mal zu verschnaufen. Der Engerling-Frontmann bereichert dieses Projekt ja mit seinen unverwechselbaren Tasten- und Mundharmonika-Tönen. Der Aufkleber Freude am Beruf klebt auch nicht umsonst auf seinem Keyboard. Der Mann lebt Musik einfach und wenn er auf der Bühne ist, gibt er alles.
Von den ganz bekannten Liedern hörten wir unter anderem auch noch „Forever young“.
Die beiden Herren, die das musikalische Geflecht rhythmisch zusammenhielten und somit unauffällig lenkten, leisteten auch ganze Arbeit. Ich habe selten so eine effektive Bass-Schlagzeug-Arbeit gesehen bzw. gehört wie in dem hier vorliegenden Fall von Drummer Jeff und Bassgitarrist Kuma Harada. Kein Wunder, dass die beiden sonst mit Größen wie Mick Taylor (EX-Rolling Stones-Gitarrist) oder dem Ausnahme-Gitarristen Snowy White spielen.
Das Publikum war den ganzen Gig über voll bei der Sache und trieb die Band mit Applaus, Pfiffen und anderen Begeisterungsbekundungen immer wieder voran. So erkämpfte sich der Saal auch die Zugaben und die allerletzte Musik-Perle des Abends hieß dann „Like A Rolling Stone“.
Leute, ich gebe euch zum Abschluss mal einen Tipp und das völlig selbst- und kostenlos: Wenn ihr die Chance habt, MasterPeace zu erleben, nutzt sie. Hingehen, zuhören, genießen!
Gruß Kundi
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