#1

BAP Zieht den Stecker Tour Berlin und Bremen

in Konzertberichte 2019 und älter 22.03.2014 23:53
von SpitzeFeder | 17 Beiträge | 36 Punkte



Nun sind Wolfgang Niedecken, BAP und Gäste schon einige Tage auf Tour, trotzdem will ich gern noch mal an den Beginn im Tempodrom in Berlin erinnern (und an den Auftritt zwei Tage später in Bremen).
Zum ersten Mal sind Niedecken/BAP nun also auf "unplugged"-Tour, die aus irgendwelchen Rechte-Gründen so nicht heißen durfte und deshalb "Zieht den Stecker" heißt - was schon zu der Vermutung Anlass gab, die Band löst sich auf. Aber das hat Wolfgang N. umgehend dementiert - und wer die Musiker auf dieser Tour erlebt hat oder noch erlebt, wird verstehen warum.
Also mit deutlich weniger elektronischer Verstärkung (aber natürlich nicht völlig ohne) können BAP und Gäste noch besser ihr musikalisches Können unter Beweis stellen. Der Bühnenaufbau erinnert an Wohnzimmeratmosphäre; es ist alles sehr entspannt, ruhig(er) und jeder nimmmt auf einem Stuhl Platz, um viele bekannte, aber auch einige sehr selten live gespielte Stücke in völlig neuem musikalischen Arrangement zu präsentieren. Eine gewisse Klammer ist das Solo-Album von Niedecken "Zosamme alt", das er nach seinem Schlaganfall mit Liedern, die er für seine Frau in den vergangenen Jahren geschrieben hat, eben in völlig anderem musikalischen Gewand und mit amerikanischen Musikern in Amerika aufgenommen hat. Aber die BAP-Crew spielt nicht nur nach, sondern bringt sich sowohl bei diesen als auch bei den vielen weiteren Stücken des gut zweidreiviertel Stunden dauernden Konzerts vielfältig ein. Viele ungewohnte Instrumente, etwa aus der Türkei oder aus Indien, Posaune und Kontrabass und viel Percussion - letztere meisterlich bedient von Rhani Krija (der ein guter Freund von W.N. und ansonsten mit vielen internationalen Stars unterwegs ist). Schon fast zu BAP gehört inzwischen Anne de Wolff (Geige und viele weitere Instrumente), die diesmal sogar ihren Mann Ulrich Rode mitgebracht hat, der für den Gitarristen Helmut Krumminga (musste aus familiären Gründen absagen) eingesprungen ist - und seine Sache mehr als ordentlich macht. Keineswegs also nur "Ersatz".
Viele Titel, insbesondere die bekannteren, klingen im neuen Arrangement tatsächlich völlig anders, aber immer gut! Man vermisst das "Original" nicht - selbst beim unvermeidlichen Klassiker "Verdamp lang her" nicht. Das ist musikalisch allererste Sahne, und das präzise Zusammenspiel, die sichtliche Freude am Musizieren und die lockere Stimmung auf der Bühne runden den Konzertgenuss ab. Nahezu jeder Musiker bekommt Gelegenheit, sich mit einem Solo in die Herzen der Zuhörer zu spielen; nur Schlagzeuger Jürgen Zöller bleibt diesmal wirklich nur der Rhythmus-Part, den er allerdings gewohnt souverän bewältigt.
Die Band weiß mit vielen überraschenden Ideen zu begeistern - am beeindruckensten ist dabei vor allem der Übergang von "Noh Gulu" zu "Jupp", aber auch der abrupte Schluss von "Sendeschluss", der die WIrkung dieses Titels unheimlich verstärkt. Ein Risiko, ein Konzert mit einem eher traurig stimmenden Titel auf diese Weise zu beenden. Ich findee: gelungen. So wirkt das Gehörte noch deutlich länger nach. Kann ein Titel mehr auslösen?
Die wie immer sehr persönlich gehaltenen Bemerkungen von W.N. und sein jeweils überzeugend eingeflochtener lokaler Bezug passen perfekt zu diesem "Wohnzimmer-Konzert". Gut, dass es von einem sehr erwachsenen Publikum konsumiert wird. Hier springt keiner unnötig auf, um bierselig abzuhotten. Dafür sind Akustik-Konzerte eben nicht gemacht - hier stehen Zuhören und Genießen im Vordergrund, die lauten Abhott-Konzerte kommen ja auch wieder . . .
Und natürlich ist kein Abend wie der zuvor - zwischen Berlin und Bremen hat W.N. erwartungsgemäß schon wieder an der Setliste gefeilt - also auch auf dieser Ebene keine Langeweile, keine Wiederholung, keine erstarrte Routine.
Ich war sehr gespannt, was herauskommt, wenn BAP den Stecker herauszieht - eine Zeitung hat es treffend beschrieben: Auch ohne Strom elektrisierend.
Übrigens: Auf der BAP-Homepage gibt es ein "Logbuch", das W.N. regelmäßig mit seinen Gedanken rund um Konzerte, Projekte usw. schreibt. Hier kann man prima nachvollziehen, wie Künstler "ticken", wie sie selbst Konzerte erleben und wie sie der befürchteten Konzert-Routine entgehen. Liest sich immer wieder spannend!

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#2

RE: BAP Zieht den Stecker Tour Berlin und Bremen

in Konzertberichte 2019 und älter 23.03.2014 18:31
von Peggy | 336 Beiträge | 707 Punkte

Ich habe Deine Konzert-Eindrücke mit großem Interesse gelesen und sage herzlichst DANKE!
War in den 90er Jahren bei einigen BAP-Konzerten der lauten Art und hätte sie gern im Rahmen dieser "zieht den Stecker"-Tour mal wieder live erlebt. Aber die Konzerte, die für mich in Frage gekommen wären, waren bzw. sind leider ausverkauft.

Deiner Empfehlung, das Logbuch von W.N. mal in Ruhe zu lesen, kann ich mich nur anschließen.

Darüber hinaus bieten die Bücher von Wolfgang Niedecken und BAP eine hoch interessante Lektüre. Alle kenne ich zwar nicht, aber die, die ich bisher gelesen habe, haben mich sehr begeistert und beeindruckt! Das ist Lesestoff, der sicher auch bei Nich-BAP-Fans gut ankommt.


"Von jedem Tag will ich was haben, was ich nicht vergesse ..."

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