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Heute bin ich allein - für Lacky
Heute bin ich allein - für Lacky
in Bands, Musiker, Musikstile 01.05.2013 11:23von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Heute bin ich allein – für Lacky ( 24.03.2013 )
Auf der Bühne sitzt einer mit Nickelbrille und einem Pony in der Stirn. Das ist 1972 in der DDR nicht alltäglich, im DDR-Fernsehen gleich gar nicht. Dann beginnt eine Stimme, die nach "normalen" und vorgegebenen Maßstäben keine ist, zu singen und auf einmal spürt man die Faszination dessen, was dieser REINHARD LAKOMY dort von sich gibt: "Es war doch nicht das erste Mal." Nanu, denke ich, was singt der denn und vor allem, wie anders ist denn dieser Text und der Song? Der Außenseiter, der schon mit Günther Fischer und Klaus Lenz den Lüsten des Jazz auf der Bühne gefrönt hatte, landet seinen ersten großen Hit in der DDR und das auch noch als "Schlager". Schon bei diesem ersten TV-Auftritt 1972 stand völlig außer Frage, dass da etwas völlig anderes um die Ecke kam, als das, was der beim Wegpennen vor der Röhre "geneigte" Hörer vorgesetzt bekam. Diejenigen, die gerade nicht liegend in die Glotze schauten, waren plötzlich hellwach. Irgendwie so muss es gewesen sein, jedenfalls in meiner Erinnerung.
Sonst sitze ich auch immer allein vor dem Rechner, wenn ich meine Texte schreibe, aber "heute bin ich allein", wirklich allein und kann meine Gedanken auch nicht wirklich sortieren, denn REINHARD LAKOMY ist tot. Eigentlich, so geht es mir durch den Kopf, sollte man inzwischen damit umgehen können, dass jetzt immer öfter einer gehen muss. Wir haben es ja "proben" müssen in den letzten Jahren und sollten es langsam auch können. Doch jedes Mal trifft es mich wie der Blitz aus heiterem Himmel. Selbst dann, wenn man - wie bei Lacky - die Vorwarnung schon vernommen hatte. Jedes Mal haut es einen um und dann denke ich, nur gut! Nur gut, denn so abgebrüht, das einfach wegstecken zu können, möchte ich nie im Leben sein. Ich möchte auch heulen können dürfen, wenn mein Körper sagt: "Jetzt!" Und jetzt ist jetzt.
Man kann ja ein und dieselbe Geschichte völlig unterschiedlich wahrnehmen. Für mich war es stets so, als würden sich die Platten von Manfred Krug und Günther Fischer mit denen von REINHARD LAKOMY so eine Art "Wettbewerb" um die niveauvollste Schlichtheit deutschen modernen Liedgutes liefern. Ein Wettbewerb, den keiner gewinnen konnte, außer das Publikum und die Plattenkäufer. Beide Künstler, sowohl Krug als auch Lakomy, waren sich darin einig, habe ich mir immer gedacht, dem ganzen Rest der DDR-Schlagerwelt unauffällig seine engen Grenzen aufzuzeigen und ganz nebenbei eine Menge Spaß damit zu haben. Ich dachte mir immer, dieser REINHARD LAKOMY tut gemeinsam mit FRED GERTZ etwas, genau wie Krug und Fischer, das die Amiga-Möchtemächtigen nicht auf dem Schirm hatten. Sie lieferten Qualität abseits der Vorgaben und sangen einfach so, wie das Volk draußen die Sachverhalte artikulierte. Frech, humor- und gehaltvoll. LAKOMY tat dies zwischen 1973 bis 1977 mit insgesamt fünf Langspielplatten bei Amiga. Dann hatte er den Gleichlauf satt, wollte er nicht der Hamster im Laufrad werden. Konsequent zog er die Reißleine.
Ich gebe zu, im ersten Augenblick sauer gewesen zu sein, denn all die skurril-schönen Sachen mit der Böse-Buben-Bar, dem Fahrrad auf dem Flur und dem verrückten Autofahrern - ich selbst hatte keins und auch keine Fleppen - waren mein Leben. Wenn LAKOMY nicht mehr sang, war mein Leben ärmer, hatte ich beschlossen. Mit dem Eintauchen in das "Geheime Leben" und den "Traum von Asgard" hat er mich dann wieder versöhnlich gestimmt. Es gab kein Überangebot elektronischer Musik in meinem Konsum-Plattenladen. Da kamen mir diese beiden Platten und die "Zeiten" mit Reiner Oleak gerade recht und ich war wieder zufrieden.
So "nebenbei" hatte ich mir natürlich auch ab 1978 die "Geschichtenlieder", den "Traumzauberbaum", den "Mimmelitt" und all die anderen schönen Lieder einverleibt. Einfach so, denn es stand LAKOMY darauf und die anderen, die dort sangen, die kannte ich ebenfalls. Meine Kinder besuchten noch nicht einmal den Kindergarten, als sich diese Scheiben auf meinem Plattenteller drehten. Vorerst habe "nur" ich mich an ihnen erfreut, sie in meine Sammlung gestellt. Eine nach der anderen.
Dann war Wende. Das Volk hatte beschlossen, ab sofort nur noch Bananen, sowie Platten im und aus dem Westen zu kaufen. Mein Konsum-Laden verschleuderte die Restbestände, später konnte man dort Mieder kaufen. Mieder waren und sind nicht mein Ding, wollte ich nicht. REINHARD LAKOMY und all die anderen, wie Electra, Cäsar oder Bayon fand ich nirgends, und sauer war ich sowieso. Als ich viel später, dann schon grauhaarig und etwas "weise" - wie man mir nachsagt - begann, Vergessenes und Verpasstes langsam nachzuholen, hatte das große Verabschieden bereits begonnen: Danz, Gundermann, Renft, Niemen, Illes und nun auch REINHARD LAKOMY, weil "jeder muss mal sterben"...
...nun sitze ich, wie so oft morgens um diese Zeit, am Schreibtisch. Rechts neben mir eine Tasse Kaffee, links vor mir der Schirm, der meine Gedanken fressen muss, und geradeaus die Morgensonne. Später wird sie direkt in mein Fenster scheinen. Zum ersten Mal seit gefühlten Ewigkeiten. Der Blick über die Garage nach hinten in den Garten sagt mir, es könnte doch noch etwas werden mit dem Frühling und dann bin ich traurig, denn...
...gestern starb REINHARD LAKOMY. Seine Familie und Freunde werden ihn vermissen, wenn sie an diesem Morgen aus dem Fenster schauen, so wie ich meine Freunde FRANK, HENNRY und ALBRECHT vermisse. So wie uns CÄSAR fehlt, TAMARA, HERBERT, der GUNDI, der FRANZ und all jene, mit deren Musik wir aufgewachsen sind. Sie alle werden den kommenden Frühling nicht genießen können und deshalb mischt sich in so einen sonnigen Blick manchmal etwas Traurigkeit. So wie heute an diesem Sonntag, einen Tag nach Lacky's Tod.
Wenn wir morgens beim Kaffee aus dem Fenster sehen, den aufgehenden Sonnenball beobachten und die Möglichkeit unseres irdischen Daseins genießen, sollten wir ab und an gedanklich bei jenen sein, die wir viel zu früh verloren haben. Auch und erst recht bei unseren nächsten Angehörigen. Ganz persönlich denke ich an meine ehemalige Klassenlehrerin Gisela, die seit Wochen tapfer gegen den Krebs kämpft und den Frühling gern noch einmal erleben möchte. Ihnen allen widme ich diese Gedanken an einem Sonntagmorgen - aber ganz besonders REINHARD LAKOMY - in der Hoffnung, später mögen andere ebenso an uns denken. Es ist so schön, hier zu sein und es schmerzt, sich jetzt auch von LACKY verabschieden zu müssen. Und nächste Woche ist schon wieder Sonntag...
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RE: Heute bin ich allein - für Lacky
in Bands, Musiker, Musikstile 01.05.2013 12:34von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Ich mochte Lacky als Musiker, aber auch als Typ. Er ging konsequent seinen eigenen Weg und eckte zuweilen auch an. Von vielen unbeachtet brachte er 1993 die Scheibe "6 Uhr 13 Bahn". Dieses Album zählt für mich immer noch zu den besten "Wendeplatten". Die ironischen, zum Teil bitterbösen Texte sollten meiner meinung nach für manche Leute zum Pflichtprogramm werden. Damals äußerten sich ja nicht so viele Musiker zum Umbruch in diesem Land. SILLY's "Hurensöhne" fällt mir noch ein und natürlich GUNDI.
Um das Jahr 2000 herum ging Lacky mit seiner Autobiographie auf Lesetour. ich habe ihn damals im Q 24 zu Pirna erlebt. Es waren phantastische Stunden in denen er las, erzählte und einige seiner Lieder spielte.
Lacky wird immer einen Platz in meinem Herzen behalten.
Danke für Deine persönlichen Zeilen, lieber Hartmut.
Gruß Kundi
RE: Heute bin ich allein - für Lacky
in Bands, Musiker, Musikstile 05.05.2013 18:38von Puhdysforever • | 61 Beiträge | 129 Punkte
Heute war ich mit Pia beim Traumzauberbaum 3 (sie hatte sich gewünscht, nochmal dort hinzugehen, obwohl wir im Mai 2012 es schon gesehen hatten). Ich wollte euch nun mal kurz meine Eindrücke schreiben, wie sie es ohne Lacky umgesetzt haben und dachte hier passt es rein, da Hartmuts Zeilen hier mir persönlich gut gefielen. Pia wusste, das Lacky gestorben war und er heute nicht auf der Bühne sein würde (hatte ihr es damals kindgerecht erklärt) und dadurch erlebte sie das Stück auch mit anderen Augen...aber dazu später mehr. Zum eigentlichen Programm möchte ich hier nichts schreiben, sondern nur zur Umsetzung des Stückes. Im Hintergrund der Bühnenkulisse stand der Traumzauberbaum, dieser hatte große Augen, die sich öffnen und schließen ließen, so das man sah ob der Baum wach bzw. schlief. Und aus genau diesem Baum ertönte dann Lackys Stimme, er war der Traumzauberbaum. (2012 stand Lacky mit auf der Bühne und war im Programm intigriert) Aber diesmal war u.a. Mossmutzel der Streitschlichter und der Traumzauberbaum (mit Stimme von Lacky) der Geschichtenerzähler. Natürlich lief die Stimme von Lacky vom Band, aber trotzdem war er irgenwie doch bei uns. Am Ende bedankten die Darsteller sich bei u.a. Lacky für die schönen Lieder und schickten alle drei Küsschen zum Himmel. Als ich Pia dann fragte, wie sie es fand, meinte sie schön und das der Mann (damit meinte sie Lacky) irgendwie doch dabei war, er war doch der Baum.
Und mir hat die Umsetzung auch sehr gut gefallen... so lebt der Traumzauberbaum auch live weiter und erfreut viele Kinderherzen.
RE: Heute bin ich allein - für Lacky
in Bands, Musiker, Musikstile 06.05.2013 20:38von Ingo • | 452 Beiträge | 972 Punkte
Da bekommt man ja Lust, sich das nach ein paar Jahren doch mal wieder anzusehen. Danke Dani.
Gerade hab ich mal geguckt, was dieses Jahr noch in der "Parkbühne Biesdorf" läuft und da sehe ich, am 15.09. kommt zur Aufführung der "Traumzauberbaum 3".
http://www.biesdorfer-parkbuehne.de/konz...umzauberbaum-3/
Alles was zu Ende ist, kann auch Anfang sein.
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