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STERN COMBO MEISSEN im Amphitheater Großkoschen

in Konzertberichte 2019 und älter 06.07.2013 18:32
von HH aus EE | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte

Die Stern Combo Meissen im Amphitheater Großkoschen (05.07.2013)

Wer sagt denn, dass man alt aussehen muss, wen man auf die 50 zugeht? Das ist im wahren Leben so und bei Musikern nicht viel anders, wenn sie das Schmoren im eigenen Saft vermeiden wollen und können. Manche Vergleiche hinken sicherlich, aber was Stehvermögen, Überraschungen und Musik angeht, darf man den Klassiker STERN COMBO MEISSEN schon mal in einem Atemzug mit den anderen nennen, die ebenfalls gerade in runder Feierlaune sind. In diesem Unterhaltungsgeschäft noch immer Besucher zu locken und die Nase vorn zu haben, können so viele nicht von sich behaupten. Die Sterne aus Meissen können und die Fans feiern die Combo.

Die abendliche Sonne blickt durch die Spalte zwischen Rang und Dachkonstruktion, streckt ihre Strahlen nach dem Equipment aus, das da unten im Amphitheater von Großkoschen aufgebaut steht.
Die Bilder von vor über vierzig Jahren flimmern in meiner Erinnerung und ich sehe die gewaltigen Boxentürme der PA und das Sammelsurium an Technik, das damals zu so einer Band gehörte. Von all dem ist heute nichts mehr zu sehen, nicht mal zu ahnen. Aus halber Höhe mutet das Instrumentarium da unten beinahe wie ein gut sortiertes Bühnenbild an, der Theateratmosphäre angemessen. Nur der Vorhang fehlt, wie damals in den 60ern, als jemand im Gesellschaftshaus mit der Kurbel den Vorhang zur Seite geleiert hat, während die STERN COMBO MEISSEN die ersten Akkorde von „For Your Love“ spielte. Das erklärt dann auch die kommenden 50 Jahre.

Die heutige Einleitung ist ebenfalls instrumental. Das Stück „TNTK“, zum 60. Geburtstag von Thomas Natschinski von Thomas Kurzhals komponiert, eröffnet den Abend und ich staune, was für eine erstaunliche Metamorphose die Komposition seit jenem Abend in der Berliner WABE, über die Einspielung auf der CD „Lebensuhr“ bis zum diesem Konzert am See, durchlebt hat. Die beiden Keyboarder der Combo verzaubern ihr Publikum gleich zu Beginn mit ihrem Tastenspiel, das schon so viele Jahre den Sound der Band prägt. Danach kommt der Senior der Combo, MARTIN SCHREIER, zum Mikrofon und erklärt mit einem spitzbübischen Lächeln die Bedeutung eines alten Luftkoffers, der auch mich sehr an meine Ferienreisen a la DDR erinnert.

Jetzt beginnt eine Zeitreise zu jenen Jahren, als weit ausufernde Klanggemälde den Sound und den Ruf der STERN COMBO MEISSEN prägten. Eines der wohl schönsten Lieder ist „Die Sage“, dessen Text sicher ein Spiegel des Lebens im Damals ist und dann entdeckt man sich dabei zu erkennen, dass die Worte nichts an ihrer Aktualität eingebüßt, ja sogar an Schärfe gewonnen haben. Eine der wohl beeindruckenden Sequenzen ist die Trommel am Ende, die Assoziationen zu marschierenden Truppen aufkommen lässt – Mauer und Konfrontation ade, Afghanistan aber ist aktuell und gefährlich, wie das scheinbar ferne Ägypten auch. Wer da sagt, Rockmusik habe nichts mit Politik zu tun, muss von einem anderen Planeten kommen.
Eines der Glanzstücke, das damals entstand, ist „Die Nacht auf dem kahlen Berge“, dessen Wucht und stereofone Umsetzung die Fans scharenweise in die Konzerte lockte und die Musiker aus Sachsen gedanklich gleichwertig neben Emerson, Lake & Palmer und andere stellte. Die Art-Rock-Legende aus Meissen aber fand ihren eigenen Weg und die Mussorgski - Bearbeitung ist noch heute eines ihrer Glanzstücke. Auch im Amphitheater erklingt der beeindruckende Sound, hört man die Hexen auf den hinteren oberen Rängen in Stereo tanzen und läutet der helle Glockenschlag den neuen Tag ein. Da bekommt man immer noch Gänsehaut und spätestens an dieser Stelle muss man erwähnen, dass dem jungen Sänger MANUEL SCHMID mühelos der Brückenschlag von einst in die Gegenwart gelingt. Mir scheint, irgendwie wirkt die Band durch ihn wie in einem Jungbrunnen gebadet: „Steig’ empor neuer Tag.“

Nach einem Block von Klassikern bekommen wir nun Stücke aus der aktuellen CD „Lebensuhr“ zu hören. Auch hier spürt man, wie MANUEL sich eingelebt hat, die Songs nach seinen Vorstellungen formt, ohne einem Stück, wie „Raimund S.“, Substanz oder Schärfe zu nehmen. Im Anschluss singt uns der grauhaarige Bandleader mit geschlossenen Augen „Die Zeder von Jerusalem“ und auch hier meine ich, seine eigenen Emotionen heraushören zu können. Nachdem „Ein Tag, ein Jahr ein Leben“ und der Titelsong „Lebensuhr“ im Rund des Theaters verklungen sind, erleben wir wieder Geschichte im doppelten Sinne.

Erst hat das Porzellan Böttger und Meissen berühmt gemacht, deren Namen in die Welt getragen, und Zeiten danach gelang es der STERN COMBO MEISSEN mit dem Rock-Epos „Weißes Gold“ noch einmal, Geschichte zu schreiben. Eine Vinylausgabe davon hat es sogar bis in das ferne Japan geschafft. Wir bekommen einen Extrakt des Werkes mit den unterschiedlichen Themen zu hören und danach noch die Bearbeitung von Vivaldi’s „Der Frühling“. Da ist der alte Rocker in mir und der Klassik-Liebhaber zufrieden. Ich genieße das Spiel der Tasten und lasse meine Gedanken fliegen – irgendwo hin, den Tönen hinterher. Ich bin glücklich, dass sich die Herren wieder an „Licht in das Dunkel“ erinnert und es ausgegraben haben.
Es ist einfach ein Genuss, THOMAS KURZHALS und SEBASTIAN DÜWELT an den Tasten agieren zu sehen und ihr Zusammenspiel mit AXEL SCHÄFER am Bass und FRANK SCHIRMER am Schlagzeug zu beobachten. Diese aktuelle Besetzung strotzt nur so vor purer Spielfreude und selbst der Bandleader MARTIN SCHREIER steckt an diesem Abend voller Humor und bekommt das Grinsen nicht aus seinem Gesicht. So mit sich eins und alle gemeinsam und miteinander musizierend, habe ich die Combo schon lange nicht mehr erlebt, wenn man mal das Konzert zur DVD - AUFZEICHNUNG in Berlin außer acht lässt.

Inzwischen sind zwei volle Stunden am Stück gespielt. Vom See her weht eine frische Brise in das Theaterrund und einige ziehen ihre Jacken an, als auch aus den Boxen ein eisiger Wind weht. Es ist der pulsierende Rhythmus vom „Kampf um den Südpol“, der wieder oben durch die Ränge, von links nach rechts und wieder anders herum, pfeift und trotzdem mit Jubelschreien begrüßt wird. Noch immer faszinierend zu hören und noch immer ein einmalig schöner Song, den die Band mit einen Gruß an REINHARD FIßLER, „der noch immer verhindert ist“, verbindet. In diesen Minuten denke ich noch einmal zurück an Nünchritz, an Riesa, an FUSION in Meissen und natürlich an das Konzert in Plessa. Sage niemand, wir hätte keine wilden Zeiten gehabt – ich hatte.

Nach dem „Südpol“ hätte Schluss sein sollen, doch auf MANUEL’s Frage, ob wir noch mehr hören möchten, antwortet ihm aus den Rängen laut ein einstimmiger Chor. Also gibt es aus den 1980er Jahren eine kleine Auswahl zwischen „Stundenschlag“ und „Wir sind die Sonne“, ehe nach reichlich 150 Minuten Konzert der letzte berauschende Ton verklungen ist. Die Band da unten formiert sich zum Gruppenbild. Danach nimmt MARTIN SCHREIER seinen alten braunen Luftkoffer wieder in die Hand und verschwindet hinter die Bühne. Ende der Zeitreise.

In der nächsten Zeit wird sich die altehrwürdige Rock-Band aus Meissen wohl langsam aber sicher auf ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum vorbereiten und man darf sehr neugierig und gespannt sein, was die Herren um MARTIN SCHREIER und Manager DETLEF SEIDEL dann präsentieren werden. Als kleinen Zwischenstopp bis dahin wird im Herbst erst einmal die DVD mit dem Mitschnitt vom Stage -Theater erscheinen, aber spätestens zum 50. Bandgeburtstag sehen wir uns wieder – unten an der Elbe bei der STERN COMBO MEISSEN.

Angefügte Bilder:
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www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
zuletzt bearbeitet 06.07.2013 18:35 | nach oben springen

#2

RE: STERN COMBO MEISSEN im Amphitheater Großkoschen

in Konzertberichte 2019 und älter 06.07.2013 19:56
von Frank | 483 Beiträge | 1025 Punkte

Hartmut , da haste uns aber ein schönen Beitrag in der Mission - Bühnenrand über die Stern Combo Meissen abgeliefert Danke
Auch die wenigen Bilder sind beeindruckend , Klasse .
Aber eine Frage hab ich dazu : warum sehe ich Martin am Schlagzeug nicht , hat er die Sticks an den berühmten Nagel gehängt ,
daß kann ich mir garnicht vorstellen wo er doch mit Leib und seele Trommler ist .

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#3

RE: STERN COMBO MEISSEN im Amphitheater Großkoschen

in Konzertberichte 2019 und älter 06.07.2013 21:38
von Baum (gelöscht)
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Martin Schreier sitzt schon lange nicht mehr am Schlagzeug. Er ist bereits in den 80ern in die zweite Reihe zurückgetreten und hat das Trommeln anderen überlassen. Inzwischen ist er nach längerer Instrumentenabstinenz für die Percussions zuständig.

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#4

RE: STERN COMBO MEISSEN im Amphitheater Großkoschen

in Konzertberichte 2019 und älter 06.07.2013 22:16
von Holger | 259 Beiträge | 706 Punkte

Gestern gab es mit der Stern-Combo im Amphitheater ein Heimspiel, was man natürlich wahrnehmen muß, da wir die neue Besetzung einschließlich neuem Sänger bisher erst einmal an diesem bitterkalten Dezemberabend 2012 in Munzig erleben konnten. Im der darauffolgenden Zeit gab es ja sehr viel Lob und Anerkennung, welche durch die einschneidenden Umbesetzungen im letzten Jahr nicht unbedingt zu erwarten waren.

Ich habe dabei noch mal meine bisherigen Begegnungen mit dieser Band Revue passieren lassen. Das erste Konzert Ende 1970 noch mit Vroni Fischer und Bläsersatz, dann die kreativste Zeit der Band mit ihren Klassikadaptionen von Mussorgski, Sibelius (Finlandia noch mal live wäre ein Traum) und Gershwin, der großen Fusionstournee mit den Klosterbrüdern und den Rocksinfonien Ende der Siebziger.
Die Änderung zum kommerziellen Musikstil ab 1982 mit den entsprechenden Umbesetzungen war nicht so mein Ding, so daß man sie über die Wendezeit auch etwas aus den Augen verlor.
Die ersten Konzertebesuche mit dem Sachsendreier wieder mit Reinhard als Sänger auf der Hutbergbühne1997 und in der Ortrander Pulsnitzhalle 1998 machten Lust auf mehr.
In Erinnerung geblieben ist auch ein ganz emontionales Konzert 2000 im Zentralgasthof Weinböhla mit dem erstmals wieder gespielten Temptations-Klassiker „ Papa was a rolling stone“
Danach kam die schlimme Krankheit von Reinhard und IC Falkenberg füllte hauptsächlich den Gesangspart aus, was er oftmals meiner Meinung nach etwas lustlos machte, durch die nachfolgende Trennung von der Band hat er aber nun seinen würdigen Platz in der Songwriterszene gefunden, Kundi schrieb vor ein paar Wochen in einem Konzertbericht vom derzeitig besten Falkenberg, den es bisher gab. Dem ist nichts hinzufügen.
Unbedingt erwähnt werden muß auch die Verleihung des Kunstpreises der Stadt Meissen an die Stern-Combo im November 2010, wo auch reichlich Forenmitglieder dabei waren.
Das letzte Konzert mit der vorletzten Besetzung (Larry B. als Sänger) war im Juni 2012 der erste Versuch der DVD-Produktion am Meissner Elbufer , der dann ja nach ca. 40 Minuten Konzert im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fiel.

Mit der neuen Besetzung haben sich die Sterne in ihrem Programm wieder verstärkt auf ihre Klassiker aus den Siebzigern orientiert, was beim Publikum, das auch gestern hauptsächlich aus 50 + bestand, mit tollen Ovationen belohnt wurde.
Und mit Manuel Schmid hat man wirklich einen Glücksgriff gemacht, damals in Munzig war ich noch nicht völlig überzeugt. Besonders die Interpretation von „Was bleibt“ hat mich besonders beeindruckt. Und sehr angetan war ich von den alten Klassikern "Licht in das Dunkel" und "Mütter gehn fort ohne Laut".

Vielen Dank an Hartmut für den tollen Bericht.

Das Amphitheater bietet in diesem Jahr ein noch sehr abwechslungsreiches Programm, interessant für uns ist am 20.07. Konstantin Wecker mit seiner Band und am 02.08. der Auftritt vom TV-Chefarzt Thomas Rühmann mit seiner Band und seinem neuen Programm „Falsche Lieder“, wo er Wenzel-Texte mit neuen Melodien präsentiert, ob das ankommt?, da bin ich eigentlich etwas ziemlich skeptisch.


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#5

RE: STERN COMBO MEISSEN im Amphitheater Großkoschen

in Konzertberichte 2019 und älter 09.07.2013 19:41
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Da sind wir am Freitag ja fast aneinander vorbeigefahren.

Danke für eure sehr persönlichen und informativen Berichte. Ich habe sie beide nahezu verschlungen.

Gruß Kundi


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