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HIMMELFAHRT 2010 mit "Grauen Nachbarn"

in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.05.2020 08:15
von HH aus EE | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte

Graue Nachbarn - Herrentag an der Elbe (13.05.2010)

Männertag, Himmelfahrt, Fahrradtour, Bier und Bratwurst – für so manchen Zeitgenossen ist dies eine logische Kette und dieser eine Tag im Jahr läuft dann auch genau so ab. Bei einigen bis zum Blackout. So weit ich mich erinnere, war das schon immer so, auch vor der großen Zeitenwende. Ein einziges Mal war ich damals auch dabei. Mit Freunden zu Beginn der 1980er Jahre. Mit dem Zug fuhren wir bis Falkenberg/Elster. Dort stiegen wir aus und sind die knapp 50 Kilometer mit den Drahteseln bis nach Elsterwerda zurück geradelt. So wie früher die Postkutschen, hielten auch wir an jeder Dorfkneipe an, um ein einziges Bier trinken. Es gab damals noch viele Dorfkneipen in den Dörfern und so etwas wie Durst hatten wir bald nicht mehr. Heute würde man wahrscheinlich auf der gleichen Strecke viel eher verdursten, statt zehn Mal ein einziges Bier pro Kneipe trinken zu können. Damals war ich verdammt froh, unbeschadet zu Hause angekommen zu sein. Seither gehe ich diesen Tag eher beschaulich an.

Also streiche ich heute das Wort Bier aus meinem Wortschatz, ersetze es durch Fanta, verzichte auf den harten Fahrradsattel und staubige Landstraßen und lasse mich hinter das Lenkrad meines Autos gleiten. Die Fahrt nach Radebeul an der Elbe ist angenehm. „Skopi’s Elbgarten“ zu finden hätte sich allerdings sehr schnell zu einem Glücksspiel entwickeln können, wenn man sich nicht auskennt. Doch mein Alpha ist das Gefährt eines Außendienstlers und hat seine eigene Spürnase. Von Kollegen habe ich ähnliches auch schon gehört und so stehe ich plötzlich vor dem Riesenschild des Elbgartens. Dort machen die „grauen Nachbarn“ schon mächtig Stimmung und, welch Wunder, allein bin ich hier auch nicht.

Von außen nicht zu erkennen, liegt „Skopi’s Elbgarten“ wildromantisch mitten im Grünen, versteckt hinter einem Gewerbegebiet, direkt oberhalb der Elbe. Eine von Bäumen eingerahmte Fläche ist voller Menschen und kleine Buden und Stände laden zu Speis und Trank ein. Hurra, ich bin in einer Oase abseits der Zivilisation angekommen! Der einzige, den ich hier kenne, sitzt hinter seinem Schlagzeug und gibt den Takt für „Stumblin’ In“ an. Er selbst singt den Part von Chris Norman und eine junge Dame mimt die Suzie Quatro. Im Elbgarten herrscht Partystimmung und Bierseeligkeit - Männerfahrt am Himmeltag oder so ähnlich.

Natürlich falle ich hier mit meiner Fanta auf und natürlich denken einige, ich wäre auch so ein „grauer Nachbar“, wie die Band, die sich Grey Neighbours nennt. Die spielen inzwischen die „Kühle Lady“ der Puhdels nach und weil das mit dem Mitsingen, dank Bierchen, schon ganz gut klappt, schieben die Musiker noch „Aloha Heja He“ von Achim Reichel hinterher, diese herrliche Nummer aus „Melancholie und Sturmflut“. Die passt wunderbar zum Bier und zur Bratwurst, wenn man, wie in Hamburg, die Elbe im Rücken hat und am Nachbartisch schon kräftig mitgesungen wird. Prost Fanta!

Den GREY NEIGHBOURS merkt man den Spaß an der Musik an, allen voran Drummer Siggi, der sich mit dem Lehrer am Bass die Spaßbälle zuwirft und gern mal Lacher provoziert. Das Repertoire ist bunt gemischt, die Vorliebe für Rockmusik aber ist nicht zu überhören. Bei „Peter Gunn“, diesem Steinalt-Klassiker, werden die Bandmitglieder vorgestellt und spätestens jetzt sollte dem Eingeweihten bei dem Namen KARL-HEINZ RINGEL an den Tasten ein Licht aufgehen. Richtig, der Mann war Mitbegründer der Dresdner ELECTRA COMBO und sein markantes Orgelspiel prägte den frühen Sound der Band aus dem Elbetal: „Wie sich Mühlen dreh’n im Wind“, „Sie liebten sich beide“ oder „Weiden am Ufer“. Die Tasten klingen heute tatsächlich noch wie einst. Das muss wohl an seiner typischen Spielweise liegen sowie an einer besonderen Einstellung der Manuale. Ringel genießt inzwischen seinen Vorruhestand. Ich habe so ein steinaltes Foto der ELECTRA COMBO aus meinen Jugendjahren mit und darüber sind wir dann, erst wir beide und dann alle anderen auch, ins Schwärmen geraten. Die 1960er waren doch die schönsten Jahre unseres Lebens und alles, was danach kam, einfach nur Nachschlag!

Im Laufe des Männer-Nachmittags erinnere ich mich bei „The Letter“ an die BOX TOPS und natürlich an die großartige Version von JOE COCKER. „Skinny Minnie“ ist noch etwas älter und in Penne-Zeiten haben wir dabei immer kräftig mit den Füßen getrampelt. Bei „Sagen meine Tanten“ von SCIROCCO fällt mir meine zweite Jugendliebe ein – Hallo Dorothea! - und bei „Samba Pa Ti“ bemerke ich, dass ich CARLOS SANTANA noch immer nicht live erlebt habe. Nur bei „Lady In Black“ kann ich sagen, das Original URIAH HEEP schon gesehen zu haben, allerdings und leider ohne Ken Hensley, der Stimme der „schwarzen Lady“.

Wenn ich es mir richtig überlege, ist die Bezeichnung „Grauer Nachbar“ gar nicht irgendwie falsch zu verstehen. Sie ist inzwischen eine Assoziation zu gemeinsam erlebten Zeiten, wenn auch örtlich völlig unabhängig voneinander. Es ist die Musik jener Tage, die uns verbindet. Ich fühle mich jedenfalls in „Skopi’s Elbgarten“ wie zu Hause und das nicht nur, weil dort ein schönes Plätzchen ist, sondern auch, weil „Graue Nachbarn“ so ziemlich das Beste sind, was einem grauhaarigen „Alt-Hippie“ an so einem Tage geschehen kann. Man(n) versteht sich auf Anhieb. Schade nur, dass ich mit der Herrenrunde am Herrentag kein herrliches Bierchen trinken kann. Die herrliche Bratwurst allerdings will ich mir nicht verkneifen. Danach meint mein Blechgefährt noch nach Dresden fahren zu müssen, denn im „Alten Schlachthof“ ist eine heiße Dixieland-Nacht angekündigt. Angesichts des Ticketpreises allerdings ist mir die Entscheidung sehr leicht gefallen, den Abend doch wieder mit einer der angenehmen Seiten dieses Lebens ausklingen zu lassen. Na dann zum Wohle, meine (grauen) Herren und einen schönen Himmelfahrtabend noch.

P.S.: Diese Zeilen sind zehn Jahre alt und Corona war noch nicht erfunden. Heute ist alles ein wenig anders. Macht das Beste daraus, aber denkt daran, Vernunft walten zu lassen. Schützt Euch und damit andere!

Angefügte Bilder:
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www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
zuletzt bearbeitet 21.05.2020 08:23 | nach oben springen

#2

RE: HIMMELFAHRT 2010 mit "Grauen Nachbarn"

in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 21.05.2020 10:12
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Eine schöne Erinnerung hat uns HH heute damit bereitet. Herzlichen Dank dafür, lieber Hartmut.
Diese Band mit Schlagzeuger und Sänger Siggi Schulze haben ja einige von uns gesehen, auch ich.
Leider sind die GREY NEIGHBOURS auch schon Geschichte.

Gruß Kundi


zuletzt bearbeitet 21.05.2020 10:13 | nach oben springen

#3

RE: HIMMELFAHRT 2010 mit "Grauen Nachbarn"

in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 23.05.2020 09:36
von SN-Nittel | 329 Beiträge | 724 Punkte

Na gut Hartmut....Himmelfahrt....für mich immer ein besonderer Termin.
Seit 15 Jahren immer Livemusik aus Rock und Blues und dazu eine Tour und auch Bierchen.
Man hat erlebt wie sich das Festival in Altzella entwickelt hat. Wenn Himmelfahrt auf das letzte Maitage fiel, habe ich dort mehrmals Himmelfahrt beim Bluesfestival in Mönsteras erlebt.
Beides Musikevents....die vom Livegedanken, Zusammenkunft der Fans und von Lebensfreude geprägt waren und dazu gute Musik bot. 2020 war vieles anders....Leider.
Livestreams, Autokonzerte.....was soll das frag ich mich zusehends...Ich kann nur hoffen das alles wieder anders wird.

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#4

RE: HIMMELFAHRT 2010 mit "Grauen Nachbarn"

in Hautnah - Geschichte und Geschichten um Rock, Blues, Folk & mehr 23.05.2020 11:26
von Axel | 25 Beiträge | 55 Punkte

Ja Steffen was soll das, die Mehrheit denkst ja noch, das alles richtig gemacht wird, leider.



Video wurde am 23. Mai 2020 gegen 14:04 Uhr durch Admin. Kundi ordnungsgemäß eingebettet.

zuletzt bearbeitet 23.05.2020 14:03 | nach oben springen


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