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HELTER SKELTER am 1. November 2019 im "Kraftwerk Mitte" Dresden
HELTER SKELTER am 1. November 2019 im "Kraftwerk Mitte" Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 09.11.2019 14:28von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Der November ist angebrochen. Die Tage werden kürzer und die Nächte länger. Bei mir ist es so, dass ich an Arbeitstagen fast zur Eule werde, ich gehe im Dunklen aus dem Haus zur Arbeit und kehre meist auch erst in der Dunkelheit zurück. Vom Tageslicht bekommt man im Büro nicht viel mit. Das wirkt sich auch auf die Stimmung von uns Menschen aus. Wenn einem diese Jahreszeit besonders auf den Wecker bzw. das Gemüt geht und einem auch das Sonnenlicht fehlt, spricht man vom sogenannten Novemberblues. Pünktlich zum Monatsersten zeigte sich der Monat von seiner ganz ungemütlichen Seite mit Regen, Nebel, und abendlicher Kühle. Der November sang seinen fiesen Blues. Es schien so, als ob er mich einfangen wollte. Aber da hatte er seine Rechnung ohne mich gemacht, denn mein Rettungsanker wurde bereits langfristig in Form einer gekauften Eintrittskarte gesetzt.
Ein Konzert mit HELTER SKELTER am Freitag, den 1. November 2019 im Kraftwerk Mitte zu Dresden würde mich schon wieder auf die richtige Stimmungsbahn bringen. Schließlich soll man sich bei so miesen und stimmungsdrückenden Bedingungen ruhig mal etwas Schönes gönnen.
Mein Straßenschlachtross CEEDrik hatte an diesem Tag in der Werkstatt auch schon überpünktlich seine Winterschuhe verordnet bekommen, einen kurzen Wintercheck über sich ergehen lassen müssen und auch seine Scheibenwischeranlage wurde mit der entsprechenden Flüssigkeit auf Winterbetrieb umgestellt. Mein KIA war also bereit für das Winterhalbjahr und wir konnten am frühen Abend dem ersten Stimmungstief des Herbstes ganz beruhigt davonfahren.
Der Saal der Eventlocation Kraftwerk Mitte war diesmal nicht ganz so gut besucht, wie vor ca. 6 Monaten. Aber schlecht war der Andrang deshalb nicht. Was mich aber wieder störte, war diese blöde zirka 2 m bis 2,50 m breite Absperrung, welche die Fans der ersten Reihe vom direkten Bühnenrand trennte. Solche Sperrgräben sind meiner bescheidenen Meinung nach einfach ekelhaft und völlig unnötig bei einer Mugge dieser Größe und bei dieser sympathischen Band. Die Konzerte von HELTER SKELTER in der Vergangenheit in Dresdens besten Liveclub "Tante Ju" belegen das auch. Dieser Graben im Kraftwerk Mitte schaffte erstmal eine künstliche und tatsächliche Distanz zwischen Band und Publikum. Wozu eigentlich?
Bevor es mit dem Konzert richtig losging hatten erstmal die BEATLES mit „Get Back“ das Sagen. Übrigens gibt es von den BEATLES auch ein Lied, welches „Helter Skelter“ heißt. Insofern war die Intromusik „Get back“ gar nicht so schlecht gewählt. Während dieser Song aus der Spätphase der Fab four aus Liverpool Ton für Ton aus den Boxen rieselte, kamen die ersten sechs Bandmitglieder von HELTER SKELTER auf die Bühne. Aber das geschah nicht Hals über Kopf oder Holterdiepolter, sondern ganz geordnet und in Ruhe.
Das Publikum begrüßte die Protagonisten des Abends jedoch bereits lautstark und jubelnd. Die Rocker aus Süddeutschland haben in den vergangenen Jahren bereits mehrmals uns sehr erfolgreich in Dresden gastiert. Da war es auch keine Wunder, dass viele „Wiederholungstäter“ aus der Umgebung auch ins Kraftwerk Mitte“ gekommen waren. Dazu kamen aber auch einige weitgereiste Fans aus Bayern.
Peter "Pesa" Schreiner eröffnete an diesem Abend als erster Sänger den Reigen bunter Melodien des Classic Rock. Der Sänger, Gitarrist ging musikalisch gleich in die Vollen. Da musste es mit „White Room“ von THE CREAM aus dem Jahr 1968 schon der Hit einer echten Supergruppe sein. CREAM war sogar die allererste Supergroup der Welt. Der kraftvolle Sound von HELTER SKELTER fuhr mir gleich auf angenehme Art durch alle Glieder. Den meisten Leuten im Saal ging es wohl ähnlich, wie ich aus dem kräftigen Beifall am Ende des Liedes schlussfolgern konnte.
Nun kam auch der bis jetzt noch fehlende Musiker auf die Bühne. Dan Lucas erschien und nahm seinen Platz am Mikrofon ein. Die gesamte Band sang a capella den Anfang von „Carry On Wayward Son“ aus dem Jahr 1976. Mit der Nummer gelang der Band KANSAS 1976 endgültig der Durchbruch. In Dresden machte mich dieser wunderbare Satzgesang vor Freude schon fast irre. Aber das war noch nichts als dann das Gitarrenrockgewitter der gesamten Band mit den Instrumenten und dem Gesang von Dan Lucas losbrach.
Nicht nur das Publikum hatte Spaß an der Mugge. Die Musiker genossen die Atmosphäre und die tolle Stimmung ebenso. Mit überschäumender Spielfreude, lächelnden Gesichtern sowie mit immer wieder anfeuernden Gesten und auffordernden Klatschen forderten sich die Leute vor der Bühne immer weiter zu einer gemeinsamen Rockparty heraus. Das ging natürlich auch auf.
Was mir an HELTER SKELTER noch gefiel, war der Umgang der Bandmitglieder untereinander. Da wurde sich gegenseitig zugelächelt, auch mal auf die Schulter geklopft, die Leistung der Kollegen auch zuweilen mit Beifall und Gesten gewürdigt oder sich nach einem Song auch einfach mal gegenseitig abgeklatscht. HELTER SKELTER vereinst in ihren Reihen hervorragende Sänger und Instrumentalisten, aber der große Star ist tatsächlich das gesamte Team.
„More than a Feeling“ ist für mich der beste und wohl auch bekannteste Song aus dem Hause BOSTON. Die Nummer ist irgendwie zeitlos und kann trotz seiner balladesken Art mit kräftigen Gitarren aufwarten. HELTER SKELTER hat an der Originalvorlage auch nicht groß herumgedoktert.
Aber noch größere Freude kam sicher nicht nur bei mir beim nächsten Lied auf. Mich begleitet „Radar Love“ von GOLDEN EARRING aus Holland schon seit frühester Jugend. Es ist eines dieser Lieder, welche man niemals satthaben kann. Alleine bei der Bass-Tonlinie bekam ich fast einen O(-h-)rgasmus vor Freude. Jens Mutter hat diesen Teil des Liedes mit seinem Tieftonsaitengerät auch wieder sehr schön zelebriert. Der Mann machte ansonsten gemeinsam mit Drummer Oliver Dumin einen großartigen Job als Rhythmusfraktion. Auf dieses Duo konnte sich die gesamte Combo wieder absolut verlassen.
Ich fühlte mich von Minute zu Minute, von Lied zu Lied immer leichter und unbeschwerter. HELTER SKELTER spielte mich in absolute Wochenend- und Feierstimmung. Sorgen, Nöte, Stress und Probleme rückten erstmal in weite Ferne.
Apropos leichtes, unbeschwertes Leben –da passte doch „Easy Livin‘“ von URIAH HEEP wie kein zweites Lied dazu. Dieses kraftvolle, temporeiche Nummer mit der heftig abgehenden Orgel als Kontrast zu den Gitarren gehört mit zu den feinsten Songs des Classic Rock überhaupt. Außerdem erinnerte ich mich in diesen Minuten auch an meine besuchten URIAH HEEP-Konzerte (1986 oder 1987 in Suhl, 2012 in Dresden) und das ausgesprochen gerne. Dan Lucas und seine brillante Rockröhre machten auch „Easy Livin‘“ wieder zu einem Hörfest.
Mit „Owner of a Lonely Heart“ hatte die Gruppe YES 1983 einen richtigen Single-Hit. Der Song erreichte in den USA Platz 1 der Charts, in Deutschland reichte es immerhin auch zu Platz 10. Das ist auch so ein Lied, welches man immer wieder hören kann.
HELTER SKELTER griff immer wieder in die Wundertüte des klassischen Hardrocks und präsentierte uns Schätze dieser Musik- Das nächste Juwel hat schon fast 50 Jahre auf den Buckel, hat aber mehr Druck und Musikalität als viele Sachen von heute. Ich rede hier von DEEP PURPLEs „Black Night.“ Dieser harte und trotzdem melodische Titel mit den geilen Gitarrenriffs und dem phantastischen Gesang ist ein Klassiker par excellence.
Mit „Baker Street“ von GERRY RAFFERTY wurde es erstmal ein paar Minuten ruhiger, aber nicht weniger schön. Das Lied erlangte seine Berühmtheit meiner Meinung nach vor allem den göttlichen und einprägsamen Saxofontönen. Andrea Emser hat sich gut in das Original hereinversetzt und blies mit ihrer Blechkanne namens Saxofon ihren Part ganz hervorragend. Der stürmische Beifall des Publikums dafür war absolut verdient.
Nun wurde es Zeit für eine Reise ins merkwürdige „Hotel California“ der EAGLES. Uns lockte jedoch keine Frau mit einer Kerze in das Haus, sondern lediglich der famose Klang der Akustikgitarren und der Gesang. Nach ein paar Minuten war dieser kleine Ausflug aber vorbei und wir fahnden den Weg aus dem Hotel wieder heraus.
Die nächste Runde ging auf PINK FLOYD. GILMOUR, WATERS und Kollegen haben der Welt und uns neben vielen anderen Liedern mit „Another Brick in the Wall“ und der wunderschönen Ballade „Wish you Were Here“ wirklich zwei immergrüne Songdiamanten geschenkt. Mir haben es dabei besonders die unterschiedlichen Gitarren angetan. Bei „Another Brick…“ sind es diese marschierenden E-Gitarren-Klänge und bei „Wish you…“sind es diese leise singenden Akustikgitarren. Da blutete uns Freunden der Gitarren-Kunst das Herz doch vor lauter Begeisterung Freudentränen. Insbesondere die Filigrankunst eines Peter Stapfer ist bemerkenswert. Der Mann spielt locker die schönsten Solos, wenn es verlangt wird und stellt sich ansonsten voll in den Dienst der Mannschaft. Aus diesem Holz sind nur Top-Gitarristen geschnitzt.
Ein sehr schönes Beispiel wie man aus gecoverten Liedern eigenständige und neue Songs schaffen kann, hat uns die MANFRED MANN’S EARTH BAND im Jahr 1973 gezeigt als sie den BOB DYLAN-Song musikalisch völlig auf links gedreht hat und damit ein bombastisches Rockwerk geschaffen hat. Als HELTER SKELTER-Keyboarder Sascha Waibel die ersten Töne dieses gigantischen Rockpoems anschlug, entfuhr mir bereits ein Jubelschrei. Die nächsten Minuten war ihr nicht mehr auf bzw. von dieser Welt, denn die Klänge verzauberten mich einfach. Die Keyboards klangen ja zeitweise betörend und umgarnend wie aus einer fremden Galaxie. Bei der Interpretation des Liedes durch HELTER SKELTER stimmte einfach alles angefangen vom Sologesang eines Peter Schreiner über den Chorgesang beim Refrain bis hin zu den einzelnen Instrumenten. Man kann es in einem Wort zusammenfassen: Extraklasse!
Wir näherten uns allmählich die Halbzeitpause, aber die Band hatte erstmal noch zwei heiße musikalische Eisen von DEEP PURPLE im Feuer. Zunächst ging es beim „Highway Star“ ordentlich ab. Die Band rockte wie die Hölle und Dan Lucas schrie wie eine Sirene. Das war aber eigentlich nur das Vorspiel für „Child in Time“.
Schon die ersten Orgelklänge von „Child in Time“ elektrisierten die Fans in der Halle. Jubel, und Schreie der Begeisterung waren da zu hören. Auch mir entfuhr ein Jubelschrei und das Herz klopfte vor freudiger Erwartung und Aufgeregtheit einen extrem beschleunigten Takt. Für mich war es ganz klar, dass nun der Höhepunkt des Abends kam. Ihr kennt das Lied ja sicher alle. Es beginnt leise und fast schüchtern klingend und steigert sich im Verlauf dann zu einer uns Fans berauschenden Schreiorgie. Diese Nummer bekommt nicht jeder Sänger hin. Aber der blonde Dan Lucas hat sie drauf wie kaum ein anderer und er macht „Child in Time“ damit zu seinem Song. Als Zuhörer dieser meisterhaften Urschrei-Therapie des Herrn Lucas bekam ich zentimeterdicke Gänsehaut und die Nackenhaare standen kerzengerade, als ob sie dem Sänger salutieren wollten. Dieser Sänger braucht sich hinter Gesangsikone IAN GILLAN absolut nicht zu verstecken.
Nach dieser Lehrstunde des Classic Rocks brauchten alle beteiligten erstmal eine Pause. Die Band hatte bis dahin bereits 90 Minuten lang eine beherzte und nahezu perfekte Show geliefert bei welcher auch viel Schweiß geflossen ist. Aber auch dem Publikum tat eine kleine Verschnaufpause gut.
Nach der kurzen Auszeit konnte die Band locker auf eine erste Ansage verzichten, denn das legendäre Gitarrenriff verriet uns schon den nächsten Song. Es war „Money for Nothing“, der große Single-Hit von DIRE STRAITS aus dem Jahr 1985. Das Lied und den dazugehörigen Videoclip kennt wohl jeder von uns. Beides lief damals sehr erfolgreich in den Medien von Ost und West. Bei der Nummer kann man sich ruhig mal mit dem Text beschäftigen, denn „Money vor Nothing“ ist eine ironische Abrechnung mit der Musikszene und ihren gehypten Stars aus der Sicht des kleinen Mannes von der Straße. „Money vor nothing and chicks for free“ heißt frei übersetzt in etwa, dass die Kerle auf der Bühne ihr Geld für nichts bekommen und die willigen Mädchen dazu auch noch umsonst sind. Peter Schreiner drückte dem Lied mit seiner Gesangsstimme einen eigenen Stempel auf.
Dass Gitarrero Stapfer auch ordentlich singen kann, hörten wir beim „Logical Song“ von SUPERTRAMP. Der Mann kam tatsächlich nah an die Stimme und Stimmung des Originals heran. Dafür findet man als stiller Bewunderer der Kunst selbst kaum noch angemessen lobende Töne.
Andrea Emser machte den Männern der Band, aber auch uns Zuhörern gesanglich bei Liedern wie „Because the Night“ von PATTI SMITH und sogar bei der BLACK SABBATH-Nummer „Pranoid“ ordentlich Beine. Ihre kämpferischen und treibenden Gesangsdarbietungen sind wahrlich nicht von schlechten Eltern.
Ich bin fast versucht das HELTER SKELTER-Konzert als moderne und rockige Form des Rundgesangs zu bezeichnen. Das ist aber nicht wie bei den traditionellen Rundgesängen der Studenten am Biertisch auf ein Lied bezogen, bei welchem reih um jeder eine Strophe singt, sondern auf die gesamte Mugge bei der sich vier Gesangssolisten bei den Songs abwechseln.
So heizte Peter Schreiner uns zum Beispiel noch bei „Badlands“ von BRUCE SPRINGSTEEN und „I came for You“ von MANFRED MANN’S EART BAND ordentlich ein.
Dan Lucas setzte eigene gesangliche Akzente noch bei Nummern wie „Believin“ von JOURNEY. Großes gesangliches Songkino veranstaltete er ebenfalls noch bei LED ZEPPELINs „Whola lotta Love“ und „Stairway to Heaven“. Bei der Leistung der gesamten Band bei der Interpretation dieser geschichtsträchtigen Werke war ich fast geneigt, ehrfürchtig niederzuknien. Ich beließ es aber bei frenetischen Beifall und frenetischen Jubel, wie die vielen Fans um mich herum in der Halle.
Natürlich drehte HELTER SKELTER auf Wunsch des Publikums auch noch eine doppelte Ehrenrunde mit „Juke Box hero“ von FOREIGNER (Gesang: Dan Lucas) und NEIL YOUNGS „Rockin‘ in a Free World“ (Gesang: Andrea Emser).
Mehr als 3 Stunden waren inzwischen vergangen seit mit „Get Back“ von den BEATLES der musikalische Startpunkt für die Show erfolgte. Der Kreis schloss sich wieder mit einem BEATLES-Song aus der Konserve, und zwar mit „All you need is Love“. Band und Publikum spendeten sich hierbei minutenlang gegenseitig Beifall.
Schöne Abende können für Livejunjkies wie meiner Mutter ältesten Sohn so einfach sein. Alles was man dazu braucht ist Liebe …. und auf der Bühne eine spielfreudige Band wie HELTER SKELTER.
Herzlichen Dank an das gesamte Ensemble und die Crew für diese geile Rockparty.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung dieser Classic Rock-Mugge im Jahr 2020. Bis dahin bleibt alle gesund und munter.
Gruß Kundi
RE: HELTER SKELTER am 1. November 2019 im "Kraftwerk Mitte" Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 12.11.2019 22:15von kkMEI • | 68 Beiträge | 146 Punkte
War ein feiner Abend .... Kundis Bericht ist eigentlch nix hinzu zufügen...
Noch mehr Fotros von mir:
www.karlakotzsch.de/kulturelles/2019
www.karlakotzsch.de || www.kojaeg.de
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