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FUCHSTAL-CHAOTEN rocken GUNDERMANN am 5. Oktober 2019 in Dresden
FUCHSTAL-CHAOTEN rocken GUNDERMANN am 5. Oktober 2019 in Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 15.10.2019 19:50von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Die Stehauf-Männer und -Frauen des Selbsthilfevereins QUERFORMAT e. V. Dresden luden am Abend des 5.Oktober 2019 zu einem Konzert nach Dresden in den Pahlitzschhof ein. Dieser Selbsthilfeverein für sozial und finanziell Benachteiligte spielt eine wichtige und positive Rolle im sozialen Leben und im sozialen Gefüge des Brennpunktwohngebietes Dresden-Prohlis. Das Wirken der Frauen und Männer vom QUERFORMAT e. V. gehört zu den Lichtblicken in dieser tristen Wohngegend, in der viele Menschen leben, die schon jegliche Hoffnung verloren haben.
Prohlis mag zwar ein sozialer Brennpunkt sein, aber es gibt dort eben auch Menschen, welche die Schnauze voll davon haben, alles klag- und tatenlos hinzunehmen oder nur an sich selbst zu denken. Es sind zum großen Teil Leute, die selbst von Billigjobs, Arbeitsplatzverlust, Hartz IV und damit im Zusammenhang stehenden Problemen betroffen sind oder waren. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer eigenen Erfahrungen haben sie für sich und andere Betroffene durch die Vereinsarbeit Wege aus der Einsamkeit, der Hoffnungslosigkeit sowie Isolation durch Armut und/oder Krankheit gesucht und gefunden.
Manche dieser Frauen und Männer hatten vorher kein Selbstvertrauen und keinen Lebensmut mehr. Sie hatten mit sich und der Umwelt abgeschlossen. Im Verein konnten sie sich gegenseitig Kraft geben und voneinander lernen. Manches heutige Hilfsangebot der Vereinsleute klingt für Außenstehende sicher sehr unspektakulär, aber für Betroffene und Hilfesuchende sind Beratungsgespräche oder die Begleitung zu Ämtern und Behörden vielleicht die letzten Rettungsanker oder der erste Schritt zurück in ein menschenwürdiges Leben. Die Hilfs- und Unterstützungsangebote von Querformat e.V. wurden und werden ständig erweitert. Sie reichen von der Vermittlung gemeinnütziger Ehrenamtstätigkeiten über Hilfe bei der alternativen Berufswegeplanung und Breitensportangebote bis hin zu Entspannungs-, Motivations- oder Kommunikationstrainings. Auch soziokulturelle Veranstaltungen werden angeboten, um Rückzugs- und Isolationstendenzen entgegenzuwirken.
Der Verein existiert nun schon seit etwa 10 Jahren und fast so lange kenne ich auch einige der aktiven Leute von QUERFORMAT. Ich habe absoluten Respekt vor dem Engagement und der Ausdauer vor Manuela Stein, Lutz Stein und den anderen Vereinsmitgliedern. Sie lassen sich nicht unterbuttern, sondern kämpfen immer wieder gegen Widrigkeiten, Bürokratieirrsinn und Herzlosigkeit an. Das ist nicht immer leicht. Manchmal fallen sie auch, aber die Vereinstruppe steht immer wieder auf. Da ist das Vereinssymbol, das Stehauf-Männchen, gleich auch irgendwie Programm. Ihre Hilfe zur Selbsthilfe trägt aber immer wieder auch Früchte. Das zeigt die Vereinsarbeit ganz deutlich und das sieht man als begleitende Außenstehender auch bei den öffentlichen Veranstaltungen.
Das an diesem Abend stattgefundene Konzert mit den FUCHSTAL-CHAOTEN war für Prohlis-Verhältnisse trotz widrigen Wetters sehr gut besucht. Die Veranstalter hatten extra für diese Mugge ein Zelt aufgebaut, aber auf Grund von Nässe und abendlicher Kühle kurzfristig entschieden den Gig in den kleinen Saal des Palitzschhofes zu verlegen. Trotzdem war zum Zeitpunkt des Einlasses alles bestens für die Mugge vorbereitet.
Die Band des Abends hatte ich auch schon mehrere Jahre auf den Kicker, aber eine Begegnung mit den FUCHSTAL-CHAOTEN scheiterte meinerseits bisher wegen Terminschwierigkeiten. Als langjähriger und aktiver Muggenpilger, Konzertnomade oder Konzertgänger nimmt man das jedoch schon gelassen. Früher oder später erwische ich die betreffenden Künstler schon. Dieser 5. Oktober 2019 war also meine FUCHSTAL-CHAOTEN-Premiere.
Die Band gibt es mittlerweile auch schon seit dem Jahr 2011. Es ist eine Mehrgenerationen-Band, welche als Spaßprojekt gegründet wurde und sich dann dem Liedgut von GERHARD RÜDIGER GUNDERMANN verschrieben hat. Bisher hörte bzw. las ich über die FUCHSTAL-CHAOTEN nur Gutes.
Bei dem Bandnamen ist man ja versucht an das durch diverse Gruppen der Borg-, Mros- und Silbereisen-Volksmusik (wie Zillertaler Schürzenjäger, Zipfelbuben oder voXXclub) verursachte musikalische Grauen zu denken, aber dem ist zum Glück nicht so.
Die FUCHSTAL-CHAOTEN sind in Thüringen daheim und zwar mitten im Dreieck zwischen Greiz, Schleiz und Ronneburg in einer kleinen Ortschaft namens Endschütz. Dort in der Gegend gibt es ein kleines Seitental des Elstertales (die hier fließende Weiße Elster war Namensgeber) und dieses trägt den Namen Fuchstal. Dieses Tal ist also zur Hälfte der Namenspate der 4 GUNDI-Rocker. Die andere Hälfte, nämlich Chaoten, erklärt sich eigentlich von selbst. DER Bandname FUCHSTAL-Chaoten klingt auf jeden Fall ungewöhnlich, macht vielleicht auch neugierig und zeigt darüber hinaus, dass die Musiker Humor haben und sich selbst auch nicht zu ernst nehmen.
Übrigens haben die chaotischen Jungs aus dem Fuchstal eines mit GUNDI gemeinsam und das ist die Bergbauvergangenheit der Gegend mit dem Unterschied, dass es in GUNDERMANNs Revier um die Braunkohle ging und die Gegend um Ronneburg jahrzehntelang für den Uranabbau stand. Wer von uns Älteren erinnert sich denn nicht an die riesigen und weithin sichtbaren Abraum-Berge an der Autobahn bei Ronneburg. Das verseuchte Gelände wurde erst in Vorbereitung der Bundesgartenschau 2007 saniert und neugestaltet. Heute trägt das gesamte 60 Hektar große Gelände dort den Namen Neue Landschaft. Ich lese da eine Menge Stolz und Selbstbewusstsein heraus. Übrigens ist Frank Wunderlich, der Bassist der FUCHSTALCHAOTEN, ein ehemaliger Wismutkumpel.
Kurz nach 20:00 Uhr startete das Quartett aus Thüringen gleich mit einem Coversong, oder wie GUNDI diese Lieder liebevoll nannte, einen Koffersong. „Wo bleiben wir“ textete er damals auf die Melodie des TOM TAITS-Klassikers „Downtown Train“. Heutzutage ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich bei diesem Lied immer GUNDIs Text mitsinge. Aufgefallen ist mir das mal bei einem Konzert der Band SHAWUE, die ja eine eigene deutschsprachige Version von „Downtown Train“. Ich habe da automatisch und tapfer mit „So viele Jahre unterwegs und immer nur durch Feindesland. Wann ham wir uns zur Nacht gelegt ohne ein Eisen in der Hand…“ gegengehalten.
Der Herr GUNDERMANN war in meinen Augen ein genialer Künstler, der auch mal zu vorhandenen bekannten Melodien eigene Texte schrieb und so für unsere Ohren, unsere H erzen und unseren Verstand etwas völlig Neues schuf. Manchmal profitierten die Originalvorlagen sogar ein wenig davon. Aber auch GUNDI selbst und seine Bandmitglieder komponierten eifrig. Und auch diese Lieder waren eine Klasse für sich.
Das Quartett auf der Bühne gefiel mir sofort ausgesprochen gut. Die Männer spielten mit Leib und Seele. Die FUCHSTAL-CHAOTEN wirkten als Band springlebendig und wie aus einem Guss. Ihre neuen Arrangements passten zu den Liedern wie eine (neue) Haut. Trotz der neu gewebten musikalischen Gewänder blieben die Songs deutlich erkennbar und nicht zu weit weg vom Original. Dieser Seiltanz zwischen nah dran an der GUNDERMANNschen Vorlage und eigener musikalischer Handschrift gelang dem Quartett sogar hervorragend.
Ich meckere sonst ja gerne mal über Bühnenlicht und Technik. Hier im Pahlitzschhof störte mich diesmal die minimalistische Beleuchtung durch vier oder fünf kleine Spots mit weißem Licht überhaupt nicht. Die Musiker waren gut zu erkennen, der Ton war ansprechend und ausnahmsweise wirkten Band und Musik durch die sparsame (Not-)Beleuchtung besonders intensiv und anziehend.
Mit der bezaubernden gesungenen Liebeserklärung an GUNDIs Tochter „Linda“ ging es weiter.
Über die ganze Mugge hinweg transportierten die 4 Herren aus Thüringen mit und über GUNDIs gespieltes Liedgut Lebensenergie in unsere von der Arbeitswoche und vom Alltag mental ausgelaugten Körper und Seelen. Mit jeder gespielten Nummer wurde man gefühlt etwas frischer.
Sänger Mario Sieb (auch Akustikgitarre und Mundharmonika) führte charmant aber ohne sinnfreien Schmus durch den Abend und machte auch als Sänger eine sehr gute Figur. Er interpretierte die Lieder sehr einfühlsam und behutsam. Das machte die Textaussagen fast noch eindringlicher. Das hat mir sehr gut gefallen. Beim Chorgesang durften alle Bandmitglieder mit ran. Bassist Frank Wunderlich übernahm bei einem Lied auch den Hauptgesang.
GERHARD GUNDERMANN gehört mittlerweile zu den am meisten gecoverten deutschsprachigen Musikern. Das freut mich persönlich sehr und zeigt außerdem auch welche Bedeutung, Qualität und Beliebtheit GUNDIs Werk mittlerweile besitzt. Das betrifft bei Musikern und Fans erfreulicherweise. auch die jüngere Generation.
Die FUCHSTAL-CHAOTEN gehören zweifellos zu den positiven Entdeckungen im Hinblick auf eigenständige, glaubhafte und handwerklich gut gemachten Interpretationen von GUNDIs Liedern. Sie beherrschen dabei sowohl die musikalisch feine Klinge als auch das volle Brett.
Bass und Schlagzeug harmonierten prächtig miteinander und sie legten mit diesem soliden rhythmisch-musikalischen Unterbau die Basis für das erfolgreiche Gelingen der gesamten Band.
Für die präzisen Drums war übrigens Silvio Koch verantwortlich. Er spielte zeitweise auch mit Jazzbesen und wenn ich mich richtig erinnere bei einem Song sogar mit Schlägeln.
Spätestens bei „Hier bin ich geboren“ und der immergrünen GUNDI-Stimmungsperle „Und musst du weinen“ war das allerletzte Eis im Publikum gebrochen. Die ersten Tänzer zeigten sich und man hörte jetzt auch öfter Leute neben oder hinter sich mitsingen. Dass das Ensemble auch viel Beifall nach den Liedern erhielt, versteht sich von selbst.
Gitarrist Stephan Dörfer spielte, die meiste Zeit E-Gitarre, bei 2 oder 3 Liedern wechselte er aber auch zur Akustikgitarre. Ich glaube, das war unter anderem bei „Keine Zeit mehr“ und bei dem Koffersong „So wird es Tag“ (Original „Sólo le pido a Dios“ von LEÒN GIECO) der Fall. Wenn ich die Ansagen des Abends richtig gedeutet habe, ist Stephan übrigens der einzige in der Band mit Profiambitionen. Er arbeitet unter anderem als Gitarrendozent an einer Musikschule und spielt(-e) in weiteren Bands wie der MAUERBLÜMCHEN BAND aus Gera oder KAWABAS aus Leipzig.
Zwischendurch gab es für Gäste und Musiker auch mal eine Pause zum Verschnaufen, Nachtanken, Rauchen usw. Ein paar Minuten Entspannung und etwas frische Luft konnte auch ich vertragen.
Obwohl die FUCHSTAL-CHAOTEN bei mir in der ersten Hälfte des Gigs schon Säcke voller Pluspunkte gesammelt hatten, heimsten sie auch nach der Pause noch zusätzlich welche für die ausgesuchten Lieder ein. Die Band hatte sich für ihren nämlich auch ein paar seltener gecoverte Lieder wie „Wer hat ein helles Licht bei der Nacht“ (CD „Frühstück für immer“) und „Keine Märchen mehr“ (CD „Werkstücke II“ mit den WILDERERN) aus dem Liedfundus von Herrn GUNDERMANN herausgesucht.
Zusätzlich verwöhnten uns die sympathischen Chaoten aus dem Fuchstal auch noch mit echten Raritäten wie Kopf aus Holz“ (Originalmusik: NEIL YOUNG „Heart of Gold“) und „Keine Platte mehr“ (Originalmusik ist ebenfalls von YOUNG „Helpless“). „Atlantic City“ wartete mit der Besonderheit auf, dass der englisch gesprochene Text nicht wie bei GUNDI vor dem Lied kam, sondern ganz zum Ende hin.
Ich erspare mir und euch an dieser Stelle dir von den FUCHSTAL-CHAOTEN in Dresden gespielten bekannten Gassenhauer jetzt hier noch aufzuzählen. Es blieben eigentlich kaum Wünsche offen.
Na ja, wenn sie statt „Hoywoy II“ von der Scheibe „Torero – Livestücke III“ die wesentlich ältere Nummer „Hoywoy“ von der AMIGA-LP „Männer, Frauen und Maschinen“ gespielt hätten, wäre ich vor Freude und Begeisterung wohl gar nicht mehr zu halten gewesen. Aber das ist kein Vorwurf von mir.
Es hat sich absolut gelohnt die FUCHSTAL-CHAOTEN endlich zu besuchen. Das muntere Quartett hat sich mit diesem Konzert in Dresden sofort in Kundi’s GUNDI-Herz gespielt. Wenn es Tourplan der Band und mein eigener Terminplan hergeben, stehe ich bei den Thüringern wieder auf der Matte, wenn sie GUNDERMANN rocken.
Gruß Kundi
RE: FUCHSTAL-CHAOTEN rocken GUNDERMANN am 5. Oktober 2019 in Dresden
in Konzertberichte 2019 und älter 17.10.2019 09:06von SN-Nittel • | 329 Beiträge | 724 Punkte
Hallo Kundi, Ich hab mir mal paar Songs angehört und natürlich Deinen Bericht.
Es ist schön wenn mittlerweile so viele Musiker die Songs für sich entdecken und interpretieren. Da hat sich eine kleine Szene entwickelt.
Die Interpretation von den mir noch unbekannten Fuchstal-Chaoten ist gelungen und besser als manche Andere. Sie sind auf jeden Fall einen Besuch wert.
Gundermann Songs sind für mich immer ein Gegenpol zu der heutigen, jetzigen Zeit.
Grüße
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