Wieder lagen die Eintrittskarten für diese Mugge mit der Randgruppencombo am Vorabend des Tages der Deutschen Einheit in Dresdens besten Liveclub „Tante Ju“ seit Monaten daheim auf der Wartehalde. Nach dem grandiosen Konzert der Combo vor einem Jahr an selber Stelle wollte ich da im Vorfeld auch nix anbrennen lassen.
Gute Konzerte sprechen sich ja auch herum. Außerdem hatte das Thema GUNDERMANN in diesem Jahr durch den Andreas Dresden-Film einen mehr als kräftigen Schub bekommen.
Es ist anzunehmen und auch zu wünschen, dass durch die enorm hohe Anzahl an Ankündigungen, Rezensionen und Interviews in den Print- und Ton-Medien nicht nur der Film, sondern auch der Mensch und Musiker GERHARD GUNDERMANN mit seinen Liedern eine breitere Öffentlichkeit findet. Auf jeden Fall sind über 300. 000 Kinobesucher für einen Film über einen ostdeutschen Liedermacher und Liederrocker schon eine echte und erfreuliche Hausnummer.
Das mittlere Kind meiner Eltern, also ich, wurde an diesem 2. Oktober 2018 wieder von seinen Geschwistern zu diesem „gemeinsamen Chor-Singen“ in Dresdens besten Liveclub begleitet. Als wir an der „Tante Ju“ ankamen, herrschte schon Hochbetrieb und auch ein wenig Chaos. Die Zustände am Einlass kann man diesmal tatsächlich nur mit chaotisch beschreiben, denn die Konzertbesucher wurden unterschiedlich behandelt- Leute mit Tickets von Anbietern wie Eventim kamen schneller herein als Konzertbesucher mit den schönen Hardtickets vom Buschfunkverlag. Das fand ich schon seltsam und so etwas habe ich auch noch nicht erlebt. Aber irgendwann waren auch wir drin.
Wegen des großen Publikumsansturms wurden an diesem Abend beide Bars geöffnet und zudem nur ein beschränktes Angebot an Getränken, noch dazu aus Wegwerfbechern, angeboten. Aber das war im Interesse einer schnellen Bedienung der Kundschaft aus meiner Sicht okay. Die Service-Leute an den Zapfhähnen hatten wirklich alle Hände voll zu tun. Verdurstet ist aber niemand.
Ein paar Plätze fanden sich für uns direkt am Bühnenrand auch noch. Es summte und brummte um uns herum wie in einem Bühnenhaus. „Tante JU“ war knüppeldicke voll mit erwartungsfrohen, gut gelaunten und ebenso gut gestimmten Konzertbesuchern.
Wärmer, herzlicher und begeisterter als in Dresden kann man die Randgruppencombo wohl nicht mehr empfangen. Die Leute klatschten, pfiffen, riefen mit strahlenden Gesichtern sowie mit glänzenden Augen und hießen so die RANDGRUPPENCOMBO in Dresden auf das Herzlichste willkommen. Bei so einen Empfang strahlten die soeben die Bühne enternden Musikerinnen und Musiker mit dem freudig erregten Publikum um die Wette.
Das große „Chor-Singen“ mit der RANDGRUPPENCOMBO unter der Leitung ihres Kapellmeisters Heiner Kondschak konnte beginnen. Heiner war ja damals auch der Initiator und Motor des „Projektes“ RANDGRUPPENCOMBO. Das war vor mittlerweile 18 Jahren und vor über 200 Konzerten, der am Landestheater Tübingen gegründeten Band. Heute sind die Beteiligten in alle Himmelsrichtungen verstreut und treffen sich nur noch zu den Konzerten, wobei die Termine im Laufe der Jahre nicht weniger werden. Nach dem Theaterprojekt wurde die RANDGRUPPENCOMBO aber nicht beerdigt, sondern die Gruppe entwickelte sich weiter zur gefeierten Liveband. Auch ältere und weniger bekannte GUNDERMANN-Songs wurden von Kondschak und Kollegen ausgegraben und ins Programm genommen. Die echte Spielfreude, die behutsame und respektvolle Herangehensweise an GUNDI’s Lieder sowie die musikalisch phantasievolle, kreative Aufbereitung und Darbietung der Songs begründeten den sagenhaften Ruf der Band und das ist auch völlig berechtigt.
Die Fans lieben die RANDGRUPPENCOMBO und die Karten für ihre Muggen sind immer noch heißbegehrt. Nach der Theaterzeit gab es viele Jahre lang nur die 4 Konzerte zwischen Weihnachten und Silvester in Tübingen und Berlin. Dann kam im Jahr 2013 als fünfter Termin noch Leipzig hinzu. Seit dem vergangenen Jahr gibt es dazu noch die 2 Gigs um den 03.Oktober herum in Dresden und Thüringen.
Wie erwartet stand das Publikum schon beim ersten Lied wie eine Wand hinter ihrer RANDGRUPPENCOMBO. In dieser Menschenmenge stehend und mitsingend wurde mir warm ums Herz. Außerdem liefen mir Schauer der Ergriffenheit und des Entzückens über den Rücken. Ich war Teil dieser singenden Gemeinschaft.
Die Band hatte ausreichend Liedervorrat in ihr Reisegepäck gepackt und nach Dresden mitgebracht. So wurde es wieder ein langer und schöner Abend.
Lieder wie „Hier bin ich gebor'n“, Wenigstens bis morgen“, „Keine Zeit“ und „Herzblatt“ drangen nicht einfach nur an mein Ohr, sondern sie durchfluteten die Blut-und Nervenbahnen meines Körpers bis zu Hirn und Herz. GUNDI’s Lieder waren und sind eben auch Treibstoff für die Motoren von Körper und Seele. GUNDIs Lieder leben in und mit uns allen weiter.
Das Konzert fand ja am Vorabend des Tages der Deutschen Einheit statt. Im Gegensatz zu vielen Politiker-Sonntags-Reden, konnte man in der „Tante Ju“ reale und gelebte deutsche Einheit erleben: Eine musizierende Truppe von Theaterleuten aus dem alten Westen sang nämlich in Dresden gemeinsam mit Fans aus Ost und West die Lieder eines singenden Baggerfahrers aus der ostdeutschen Lausitz. GUNDI‘s Lieder haben in dieser Hinsicht in den letzten 3 Jahrzehnten also auch Brücken zwischen gebrauchten und neuen Bundesländern gebaut.
Von den vielen gespielten Liedern kann und möchte ich hier nur einige erwähnen. „Brunhilde“, „Brigitta“, „Straße nach Norden“ oder „Wenn ich wär‘“ zähle ich hier bei zu den bekannten GUNDERMANN-Liedern. Aber auch der Allgemeinheit nicht ganz so geläufige Lieder wie „Drachentöters Vater“ oder das „Hochzeitslied“ erklangen in der „Tante Ju“.
Die RANDGRUPPENCOMBO interpretiert diese ganzen GUNDI-Songs ja auf eine ganz eigene Art und Weise. Dabei bewies und beweist die Truppe auch, welches musikalische Potential in ihr steckt. Dabei haben sie aber schon immer mit Fingerspitzengefühl und mit Verständnis für die Texte agiert. Ich will damit sagen, dass sich die Combo tatsächlich auch gründlich mit der Materie beschäftigt hat.
Die sorgsam durchdachten Arrangements gehen ebenfalls Hand in Hand mit der Beherrschung von Instrumenten und Gesangsstimmen. Durch den Einsatz von dutzenden verschiedenen Instrumenten sowie Einzel- und Satzgesang bauten die Frauen und Männer schöne, schmückende und abwechslungsreiche Klangbilder um die beliebten Lieder von GERHARD GUNDERMANN herum.
Mir ist aber erst jetzt richtig bewusstgeworden, dass die Band Instrumente wie Geige, Cello, Mandoline, Mundharmonika, Saxofone, Klarinette, Trompete, Keyboards, Akkordeon, Akustikgitarren, Flöten und Whistles, Bassgitarre, Schlagzeug und diverses Klapper- und Geräusch-Instrumentarium benutzt, aber keine Elektrogitarre. Ganz ehrlich, bei dem famosen Ton- und Klangzauber vermisse selbst ich keine E-Gitarre.
„Selbstverständlich verzichte die RANDGRUPPENCOMBO auch nicht auf Liedperlen wie „Und Musst du weinen“, „Alle oder Keiner“ und „So wird es Tag“. Der Chorgesang des Publikums war gerade bei diesen Nummern wirklich phantastisch. Das ging sicher auch an niemanden spurlos vorüber.
Den ganzen Laden hielt in Dresden wieder Gründer und Ideengeber Heiner Kondschak zusammen. Er machte die Ansagen, er führte im Prinzip auch die Regie, spielte viele Instrumente und er sang auch einen Großteil des Programms. Der
Typ ist von sehr hagerer Gestalt. Wenn er auf die Bühne kommt, will man fast Mitleid mit ihm haben und hofft gleichzeitig, dass jetzt kein Windstoß kommen möge und dieses Leichtgewicht umpusten will. Aber der Heiner ist ein ganz großer und leidenschaftlicher Musiker. Er ist sogar so stark und charismatisch, dass er mit seiner Tätigkeit den Menschen vor der Bühne Lebensfreude und Lebenskraft weiterreichen kann. Gebt den Mann nur ein Instrument und ein Mikrofon, dann werdet ihr euer blaues (Musik-)Wunder erleben und das nicht nur in Dresden. Aber er wusste und weiß auch, dass er sich auf seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter immer verlassen konnte und kann. Nach all den ganzen Jahren haben die Beteiligten auch immer noch Spaß daran gemeinsam diese Lieder zu spielen.
Die Bandmitglieder des Abends fasse ich nachfolgend gleich mal zusammen:
Heiner Kondschak (Gesang, Gitarre, Bouzouki, Querflöte, Whistle, Mundharmonikas, Klavier),
Ester Daniel (Saxophone, Whistle, Keyboard, Gesang),
Rupert Hausner (Saxophon, Whistle, Gitarre, Gesang),
Heike Rügert (Saxophon, Klarinette, Flöte, Gesang),
Uschi Berberich (Klavier, Akkordeon, Keyboard, Gesang),
Gerd Ritter (Bass, Gesang),
Christine „Tini“ Stiefelmayer (Geige, Gesang),
Jonathan Gray (Cello, Trompete, Posaune, Keyboard) und
Hannah Marx (Schlagzeug).
So einen Konzertabend, wie an diesem 02. Oktober 2018 in Dresden, kann man eigentlich nur mit einem Gras“-Chor allmählich auf die Zielgeraden bringen. Aber um endgültig auch über die Ziellinie zu kommen, bedurfte es mit „Fliegender Fisch“ noch eines leisen, langsamen und nachdenklichen Schlusspunktes. Die RANDGRUPPENCOMBO wurde dann vom Publikum noch gebührend gefeiert. Doch die strahlenden Bandmitglieder gaben ihrerseits den Beifall an die Konzertbesucher zurück. Dieses Konzert gehört für mich zweifellos zu den Konzerthöhepunkten des Jahres.
Gruß Kundi
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