Das Dresdner Stadtfest fand traditionsgemäß auch im Jahr 2018 wieder am dritten Wochenende im August (17. – 19. 08.18) statt. Der rundum vielbeschäftigte und vielseitige Mensch Kundi wollte bei diesem großen Volksfest nicht gänzlich durch Abwesenheit glänzen und schon gar nicht bei so einem großartigen Bühnenprogramm.
Am Sonntagnachmittag gehörte die große Bühne nämlich der Band 108 FAHRENHEIT und diese Truppe hat es mir wirklich angetan. Musikalisch und textlich gesehen bietet dieses Geschwader gestandener Musiker ganz großes Lausch- und Denk-Kino für die geneigten Zuhörerinnen und Zuhörer. Schon mit ihrer ersten Langrillen-Veröffentlichung „Mein Herz“ im Jahr 2016 und einem Konzertbesuch im vorigen Jahr in Bautzen haben Kai Niemann und Kollegen auch mich als Bewunderer ihrer Kunst eingefangen.
Wenn man die in diesem Bandnamen genannte Zahl 108 einfach mal in die in unseren Breitengraden geläufige Temperaturmaßeinheit Grad Celsius umrechnet, kommt 42, 222 Grad Celsius heraus. Für den Menschen sind 42 Grad und mehr Körpertemperatur extrem hohes und lebensgefährliches Fieber. Die Eiweißstoffe und –bausteine des Körpers beginnen nämlich ab dieser Temperaturstufe zu gerinnen und auch die Nervenzellen machen da langsam die Grätsche, wenn ich das mal so salopp schreiben darf.
Als Umgebungstemperatur im Sommer ist mir 42 Grad Celsius auch eindeutig zu heiß. Das mit der übermäßigen Hitze war übrigens auch am Sonntagnachmittag des 19. August 2018 der Fall und da waren es „nur“ etwas über 30 Grad Celsius. An der großen Stadtfestbühne auf dem Theaterplatz in Dresden steht man ja bei strahlendem Sonnenschein auch wie auf dem Präsentierteller. Kein Baum spendet und auch kein Sonnenschirm spendet dort Schatten. Aber als erfahrener und gestählter Muggenpilger, Konzertnomade und Konzertgänger steckt man das, zumindest für die Zeit des Konzertbesuches, mehr oder weniger locker weg. Mir lief dort in Dresden sicher nicht alleine der Schweiß bis zur Kimme runter. Auch die Musiker und andere Besucher hatten mit dem extremen Sommerwetter zu kämpfen.
Die Musik dagegen konnte gar nicht heiß genug sein. Bei 108 FAHRENHEIT kommt man als Musikfan immer voll auf seine (Genuss-)Kosten. Das galt selbstverständlich auch für diese Stadtfestmugge zu ungewöhnlicher Mugger-Tageszeit. Männer, welche ihr Handwerk verstehen und die ihre Instrumente beherrschen zelebrierten mit Freude und musikalischen Einfallsreichtum astreine, handgemachte Musik. Wenn das keine heiße Mugge sein soll, dann weiß ich auch nicht. Was Niemann und seine Kollegen machen, ist zeitlose Musik, die sich jedem Zeitgeist und jedem Trend widersetzt. Trotzdem und gerade deswegen, würde ich 108 FAHRENHEIT gönnen, wenn sie mit ihrem am 19. Oktober 2018 erscheinenden neuen Album „Kein Herz“ nicht nur reichliche mediale Beachtung finden würden, sondern auch die Verkaufscharts ordentlich aufmischen würden. Dieser Sound ist einfach zu gut für die Verschlusstruhe. Sind wir doch mal ganz ehrlich, dieses Land, die Medienlandschaft und die Menschen brauchen einfach diese außergewöhnlichen Lieder.
Die Band spielte in Dresden locker, fröhlich und frei sowohl Lieder von der alten Scheibe „Mein Herz“ (u. a. „Sag kein Wort“, „Mein Herz“, „Schweigend mit dir stehen“, „Wasserblau“) als auch Songs des demnächst erscheinenden Schilberlings („Kein Herz“ „Bergauf“, „Kein Herz“, „Endlich nach Haus“). Durch den musikalischen Ausritt auf diese am 19. Oktober erscheinende CD wurde meine Vorfreude gesteigert. Jetzt warte ich sehnsüchtig auf den Silberling.
Alte und neue Songs haben vieles gemeinsam. Sie stimulieren Seele und Verstand zum Runterkommen und Entspannen. 108 FAHRENHEIT- Mugge ist bildlich gesprochen eine Hängematte für dich, für mich und alle anderen Hörer, die sich darauf einlassen. Wenn du mal eine Auszeit brauchst, lege die CD ein, setze Kopfhörer auf und lass dich einfach in die Klänge und gesungenen Worte fallen. Ich mache das auch so.
Die aktuell unter den Fingernägeln brennenden Termine, Aufgaben, Probleme, Sorgen und der damit verbundene Stress haben dann erstmal Pause. Trotzdem sind die Lieder von 108 Fahrenheit kein sinnlosen bzw. sinnfreien Tonhülsen. Die Texte sind gerade etwas für das eigene Köpfchen. Die Melodien mit all ihren kleinen Feinheiten und die Texte passen wie die berühmte Faust aufs Auge zusammen. Das gesamte Paket der Band von der Spielkunst und dem Spieltrieb der Musiker über die Textaussagen bis hin zu den gespielten Melodien ist authentisch und glaubwürdig.
Ich kann trefflich über die Lieder und das Leben nachdenken, Vergleiche ziehen, Gedankenbilder für mich malen und so auch die eigenen Alltagswunden für eine Weile vergessen. Dabei erlebe ich aber auch immer wieder Momente, wo die gelegentlich mit düsterer Stimme gesungenen Gedanken mich frösteln lassen.
Mit dem 108 Fahrenheit- „Mein Herz“-Album auf den Ohren gehe ich mit meinem schwarzen, vierbeinigen Adligen zu gerne spazieren. Diese Minuten sind dann gleichzeitig Balsam für Körper und Geist.
Bald bekommt „Mein Herz“ mit „Kein Herz“ ja einen Bruder. Da kann man sich auch mal in der angesprochenen Hängematte doppelt therapieren.
Was das Septett 108 FAHRENHEIT im prallen Sonnenlicht in die Welt hinaus spielte und sang, hatte Hand und Fuß. Auch wenn Frontmann Kai Niemann (Gesang, Akustikgitarre, Mundharmonika) durch eine Fußverletzung etwas eingeschränkt war, hielt er den gesamten Bandladen von 108 FAHRENHEIT während des Konzertes zusammen. Außerdem brachte er mit seiner markanten, leicht rauchig klingenden Stimme sicher auch den einen Skeptiker oder die eine Skeptikerin zum Schweigen.
Seine saustarken Mitspieler hielten ihm den Rücken frei und breiteten den musikalischen Unterboden zu auf welchem sich Niemann mit Gesang, Akustikgitarre und gelegentlich auch Mundharmonika frei und sicher bewegen konnte. Die Männer sind ja durch die Bank weg gestandene und vielseitige Musiker. Sie verdienten und verdienen sich ihre Sporen in anderen Bands (live und im Studio) und sie geben zum Teil auch als Instrumentallehrer ihre Erfahrungen an den Nachwuchs weiter.
Keine Angst, ich werde nicht den gesamten musikalischen Stammbaum der einzelnen Musiker hier ausrollen. Das ist mir viel zu viel Arbeit und dazu fehlt mir einfach auch die Zeit. Hinzu kommt, dass die Herren sich auch noch kreuz und quer mit einzelnen Kollegen in anderen Bands tummelten oder tummeln. Ich möchte aber wenigstens ein paar musikalische Stationen und Verbindungen kurz anreißen.
The Banjo-Man Marco Pfennig spielte / spielt unter anderem auch bei TRIPLE TROUBLE und den ROAD BROTHERS. Alexander "Jonny" Henke (E-Gitarre) und Steve Kuhnen (Saxofon, Klarinette) kennen sich schon seit Jahren von der Bautzener Band CAFÉ JAZZ sowie deren Nachfolgebands MATEO und STRANDLICHTER.
Adrian Kehlbacher (Kontrabass, Bassgitarre, Gesang) und Thomas Hübel (Akustikgitarre) spielten schon mit (IC) FALKENBERG und sind zusammen mit Steve Kuhnen auch bei der Jazz-Truppe ADGAR.
Drummer Stephan "Steppel" Salewski gehört unter anderem zur aktuellen Besetzung von DIE ZÖLLNER. Der Mann geht in diesem Herbst auch mit MISS ROCKESTER (MEDLZ-Sängerin Silvia Mehnert auf Solo-Pfaden) auf Tour.
Sänger Kai Niemann und Basser Adrian Kehlbacher fahren derzeit zweigleisig, denn gemeinsam mit IN EXTREMO- und UNHEILIG-Kollegen arbeiten sie gerade als Band FAELDER an ihrem Debüt-Album „Unheilbar“, welches im wohl im November erscheinen soll. Das klingt für mich auch ganz interessant.
Leider konnte 108 FAHRENHEIT zum Stadtfest in Dresden nur ein etwas gekürztes Konzert präsentieren. Der Soundcheck dauerte etwas länger und die nachfolgende Band wollte ja auch noch ordentliche Spielzeit haben. Die Zeitpläne sind bei solchen Veranstaltungen nun mal sehr eng.
Aber Zeit für eine Zugabe war dann doch noch und das stimmte uns alle doch versöhnlich. Im Herbst gibt es ja die Tour zum Album „Kein Herz“ und da kann man 108 FAHRENHEIT wiedersehen. Auch Dresden steht dann wieder auf dem Plan.
Gruß Kundi
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