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"Heißer Sommer" als Musical auf den Greifensteinen
"Heißer Sommer" als Musical auf den Greifensteinen
in Konzertberichte 2019 und älter 29.07.2018 20:19von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Das is ja alt wie die Greifensteine, sagt man gern bei uns im Erzgebirge. Man meint damit, den historischen Bezug kann man nicht genau einordnen. Wie alt die Greifensteine wirklich sind, kann ich euch auch nicht sagen. Aber ich erzähle euch, wie sie als tolle Kulisse für die 50 Jahre alte Filmmusik des erfolgreichsten DEFA Musikfilms alle Zeiten dienten.
Genau ein halbes Jahrhundert nach Erscheinen brachte das Eduard von Winterstein Theater Annaberg die Musik von „Heißer Sommer“ auf die Bühne des Naturtheaters Greifensteine in der Nähe von Thum. Axel Polke schrieb schon 2003 das Buch zu dem Stück und Thomas Bürkholz, ein Freund des Film- und Musical Komponisten Gerd Natschinski unterstützte ihn. Der Erfolg des DEFA Films begründete sich besonders durch die geniale, eingängige Musik, die Vater und Sohn Natschinski komponierten. Für Thomas Natschinski war es der erste Schritt in Richtung Filmmusik. Ich bin richtig glücklich, ihn erst vor kurzem in Ottendorf Okrilla erlebt zu haben.
Auf den Greifensteinen führte der Autor Axel Polke in Zusammenarbeit mit Thomas Bürkholz Regie. Bürkholz spielte bei Renft Schlagzeug und war Leiter der Bürkholz Formation. So schließt sich der Kreis zur Ostmusik.
Für mich war „Heißer Sommer“ im Jahre 1968 ein ganz besonderer Film. Ich glaub, ich war das erste Mal im Kino. Ein richtiges Kino war es gar nicht, ich lebe ja auf dem Dorf. Bei uns kam damals der Landfilm nach Pappendorf in den Gasthof. Komisch, kann mich tatsächlich genau erinnern, ich war gerade 12 Jahre alt. Der Film haute mich regelrecht vom Hocker. Es war total heiß und überfüllt auf dem Gasthofsaal. Noch lange sammelte ich alle Artikel der damals gängigen Zeitungen zu diesem Film und klebte sie in meinem Kinderzimmer an die Wand. Er prägte auch meinen Geschmack in Sachen Mode. Westfernsehen hatten wir nicht, also orientierte man sich an den einheimischen Künstlern. Das hat mir tatsächlich nicht geschadet. Fortan wurden die Röcke gekürzt und mein absolutes Lieblingsdesign war das Schottenkaro. Nur den Mut, den Zopf abzuschneiden, hatte ich nicht. Ich kann mich aber an Freundinnen erinnern, die nach dem Film den Chris Doerk Schnitt trugen. So wie mich dieser Film beeindruckt hat, prägte er eine ganze Generation im Osten. Die Lieder wurden Ohrwürmer und als sie heute auf den Greifensteinen erklangen, waren sie so präsent, als ob kein halbes Jahrhundert dazwischenliegt.
Das liegt auch an den Hauptdarstellern des Filmes. Chris Doerk und Frank Schöbel haben sich die die Herzen der Menschen im Osten gesungen und sie haben heute dort noch ihren Platz.
Die Messlatte für das Ensemble des Eduard von Winterstein Theaters lag also hoch, um nicht zusagen, sehr hoch. Die Zuschauer kamen mit Erwartungen und Sehnsucht nach der Musik ihrer Jugend.
Das junge Ensemble konnte diese Erwartungen größtenteils erfüllen. Leider gab es kein Programmheft, wo man näheres zur Besetzung erfahren hätte. Die Hauptdarsteller waren alle Profi Schauspieler, ich schätze aber, bei dem Bedarf an jungen Leuten in dem Stück waren auch Amateure beteiligt. Alle haben mit viel Engagement gesungen und getanzt. Hier kommt das große Plus des Naturtheaters zum Tragen, es gibt nicht nur eine Bühne, die gesamten Greifensteine einschließlich der Zuschauerreihen wurden genutzt. Text und Musik waren trotzdem sehr gut zu verstehen.
Die Handlung von „Heißer Sommer“ ist simpel. Da erforderte es schon einiges an dramaturgischen Aufwand, Highlights zu setzen. Richtig klasse fand ich die Fahrzeuge, mit denen die 12 Jungs aus Karl Marx Stadt und die 13 Mädchen aus Leipzig an die Ostsee trampten. Die Jungs fuhren auf der Pritsche eines Original Framos aus Hainichen. Auch die Kostüme erinnerten an meine Kindheit.
Mit einem Trick hat man die Geschichte von der Ostsee ins Erzgebirge verlegt. In einer Rahmenhandlung tritt der alt gewordene Kay auf und erzählt als Wanderführer auf dem Greifensteinen einem Paar seine Story.
Und natürlich, im Mittelpunkt stand die Filmmusik. Die Titelmelodie ist noch vielen Leuten bekannt und wird heute noch gespielt. Aber auch „Was erleben“ zog sich wie ein roter Faden durch das Stück. Mit diesem Titel ist eigentlich die gesamte Handlung schon erzählt. Und mit „Männer die noch keine sind“ machte das Ensemble die meisten Punkte. Ob ihr es glaubt oder nicht, seit 50 Jahren habe ich die Textzeilen im Ohr:
„Männer, die noch keine sind, machen manchmal sehr viel Wind, jeder ist ein großes Kind und glaubt, er sei ein Kerl wie ein Schrank. Männer die es werden woll`n, wissen oft nicht was sie soll`n, wenn sie mit den Augen roll`n und spieln verrückt, dann lach ich mich krank.“
Diese Zeilen hole ich wahlweise hervor, wenn ich sie in meinem Berufsleben brauche. Dann rege ich mich über die Jungs nicht auf, die mir anvertraut sind, sondern lach mich heimlich krank.
Das schönste Duett der Aufführung war „Woher willst du wissen wer ich bin“, gesungen von Stupsi und Kay. Nicht mehr gegenwärtig war mir „Schön ist es, dir in die Augen zu schau`n“. Da blitzt ganz viel von Team 4 (Thomas Natschinski) und der Singebewegung durch. Genauso schön: „Fang doch den Sonnenstrahl“.
Es gab einige herausragende schauspielerische Leistungen zu bewundern. Die theaterbesessene Thalia spielte ganz großes Kino. Der ABV konnte auch oft bei den Zuschauern punkten, der war echt witzig. Auch die Herbergsmutter hatte die Lacher auf ihrer Seite.
Nicht durchgängig toll fand ich die Darstellerin der Stupsi. Sie ist ein Wirbelwind und kann gut tanzen. Mitunter rutsche sie aber in so eine Operettenstimme, die nicht zu dem Stück passt.
Auch mit dem Schluss konnte ich nichts anfangen. Wie der im Film wirklich war, muss ich mir heute Abend erst mal anschauen. Den „Heißen Sommer“ habe ich 50 Jahre nicht gesehen und nun wird es mal wieder Zeit.
Vorige Woche zur Premiere war Chris Doerk als Ehrengast dabei. Sie war von der Vorstellung sehr angetan. Wie wir hörten, hat sie auf der Bühne den Schneeschuhfahrermarsch als Referenz an das Erzgebirge gesungen. Das war das erste Lied, mit dem sie zu Beginn ihrer Karriere öffentlich aufgetreten ist.
Wenn ich euch neugierig gemacht habe, ich würde mich freuen. Das Stück wird diesen Sommer noch 6 Mal auf den Greifensteinen gespielt. Mit den Karten ist es nicht so einfach, man kann nicht reservieren. Man muss sie in Annaberg kaufen und natürlich gibt es Karten an der Abendkasse. Bei 1200 Plätzen und rechtzeitigem Erscheinen wird man nicht leer ausgehen.
RE: "Heißer Sommer" als Musical auf den Greifensteinen
in Konzertberichte 2019 und älter 30.07.2018 05:28von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
"Heißer Sommer" passt ja bei den Temperaturen wie die Faust aufs Auge
Aber den Musikfilm gleichen Namens fand ich auch nicht schlecht. Obwohl ich für die Premiere 1968 noch zu jung war, habe ich den Film später im TV bewundern können.
Schön, dass der Film so eine ungewöhnliche Wiederbelebung erfahren hat. Herzlichen Dank, dass Du Deine Greifenstein-Erlebnisse mit uns teilst, liebe Petra.
Es gab ja ein paar Jahre später auch noch den Musikfilm "Nicht schummeln, Liebling" mit .Chris Doerk und Frank Schöbel. Da war ich auch im Kino.
Den fand ich damals sogar noch besser.
Gruß Kundi
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