Holger Haustein ist mal wieder für ein paar Wochen in seinem Heimatland. Der aus Oberwiesenthal stammende und jetzt im kanadischen Dawson City am Yukon-River ansässige Weltbummler und Musiker tourt derzeit mit seiner Band durch diverse Konzertsäle und Locations. Außerdem soll die Zeit in Europa auch noch für das neue Album "Casanova" genutzt werden. Deswegen wird sich die Band auch in wenigen Tagen direkt nach Venedig begeben, um erste musikalische Nägel mit Köpfen zu fertigen.
Mittels Crowdfunding wurde in den letzten Wochen die nötige finanzielle Basis geschaffen, um ins Studio gehen zu können. Fans, Unterstützer und Sponsoren sorgten für einen warmen Geldregen. Mehr als 30000 Euro kamen so zusammen. Wie Driftwood Holly beim Konzert in Dresden verlauten ließ, soll die neue Scheibe im nächsten Jahr erscheinen. Bis dahin steht noch viel Arbeit an. Von der Musik, über die Pressung bis hin zum Booklet/CD-Cover soll ja alles Hand und Fuß haben. Alles hat eben seine Zeit und Vorfreude ist bekanntlich schönste Freude.
Dresdens bester Liveclub "Tante Ju" war am 09. Februar das Ziel vieler Holly-fizierter und solcher, die es erst noch werden wollten bzw. sollten. Die amtlichen Kennzeichen der im Umfeld geparkten PKWs verrieten dem kundi-gen Muggenpilger, Konzertnomaden und Konzertgänger schon eine ganze Menge. Manche Leute hatten für diese Mugge wirklich eine weite Anreise auf sich genommen. Fahrzeuge aus Magdeburg, aus der Uckermark, aus Potsdam, Cottbus, Görlitz sprachen da eine eindeutige Sprache.
Als das Konzert seinen Anfang nahm, war die Konzerthalle ganz gut gefüllt. Jedoch ausverkauft war der Laden noch nicht. Etwas Luft war da noch. Beim nächsten Mal könnte das dann schon ganz anders aussehen. Deshalb rege ich jetzt schon an, sich bei der nächsten DRIFTWOOD HOLLY-Visite bereits im Vorfeld und rechtzeitig um Tickets zu kümmern.
Ein Vorprogramm gab es diesmal nicht. Ich habe das auch nicht vermisst.
Der Oberwiesenthal-Kanadier, seine Mitstreiter Jäcki Reznicek, Pavel Osvald und Sebastian "Basti" Reznicek konnten so gleich ohne langes Vorgeplänkel loslegen. Leider fehlte krankheitsbedingt Gitarrist Adrian Dehn (E-Gitarre, Pedal-Steel-Gitarre).
Ich muss jetzt noch mal kurz auf das Städtchen Dawson City und die Gegend eingehen. Irgendwie ist das jetzt für mich bzw. für mein Verständnis von DRIFTWOOD HOLLY-Liedern wichtig.
In Zeiten des Goldrausches, um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert lebten dort zeitweise 40000 Menschen. Heute hat Dawson mal gerade 1300 Einwohner. Aber Holger Haustein fühlt sich dort in dieser Abgeschiedenheit ziemlich wohl.
Das Land ist weiträumig, eine fast unberührte Wildnis liegt praktisch vor der eigenen Haustür. Der Hauch von Freiheit und Abenteuer ist nicht von der Hand zu weisen. ich erinnere mich, dass ich als Jugendlicher gerne Jack London las. "Der Ruf der Wildnis" zum Beispiel hat mich regelrecht gefesselt. Diese Geschichte des Hundes Buck und die Beschreibung der rauen, wilden und schönen Natur in den Goldgräbergefilden Alaskas hatte ich regelrecht verschlungen, wie andere Bücher Londons auch. Fing Hollys Weg nach Dawson City und sein Drang nach Freiheit auch in der Kinderzeit und mit solchen Büchern an? Möglich wäre es…
Ich glaube schon, dass die Uhren dort am großen Fluss, wie Yukon sinngemäß übersetzt heißen soll, auch heute noch etwas anders ticken.
Früher war dieser Landstrich im tiefen Winter von der Zivilisation nahezu abgeschnitten. Lediglich mit Hundeschlitten konnte man damals in der kalten Jahreszeit hierher vordringen. Das jährlich stattfindende Hundeschlitten-Rennen Yukon-Quest erinnert dran. Jedes Jahr im Februar machen sich die mutigsten Mosher mit ihren Hunden auf die ca. 1000 Meilen lange Reise durch Kanada und Alaska. Es heißt, dass der Yukon-Quest das härteste Rennen der Welt für die Schlittenlenker und ihre Hunde ist.
Weiträumiges Land, Wildnis, Freiheit, schöne und nahezu unberührte Natur, Abenteuer, Lockruf des Goldes - wie bekomme ich bei dieser Kette jetzt nur die Verbindung zu DRIFTWOOD HOLLY auf die Reihe? Was könnte ein verbindendes Glied sein? Ich hab's, da passt ganz einfach ein Lagerfeuer dazu.
Erstmal ist die von DRIFTWOOD HOLLY gespielte Musik absolut lagerfeuertauglich.
Diese ins Ohr gehende Mischung aus Folk, (Folk-)Rock und Liedermacherei passt vortrefflich an solch ein Feuer und zu den darum gruppierten Leuten. Außerdem konnte man sich auch bei diesem Gig in der "Tante Ju" über weite Strecken nicht des Eindrucks erwehren, dass die Jungs wie an einem Lagerfeuer spielten.
Jetzt werden einige beim Betrachten der Fotos des Schlagzeug spielenden Basti Reznicek vielleicht besserwisserisch sagen, was soll denn ein Schlagzeug an einem Lagerfeuer? Dem, der oder denen, welchen die entsprechende Phantasie fehlt, halte ich entgegen, dass wir einfach mal annehmen, dass Basti so verrückt wäre sein Drumset am Lagerfeuer aufzubauen. Reznicek Junior trommelte übrigens sehr dezent, punktuiert und wirkungsvoll an diesem Abend. Neben seinem Drum-Kit bediente er gelegentlich auch verschiedene Perkussionsinstrumente.
Die Musiker gaben sich entspannt, locker, spielfreudig, witzig und voll mit sich sowie den mitmusizierenden Kollegen im Einklang und im Gleichgewicht. Holly, Jäcki, Basti und Pavel waren so was von tiefenentspannt und spielfreudig, dass es eine reine Freude war. Trotzdem oder gerade deswegen fabrizierten sie gemeinsam traumhafte Klänge
Eine ganz strenge Muggenregie oder -dramaturgie gab es offensichtlich auch nicht. Wie man das von musizierenden Runden am Lagerfeuer kennt, fragte Holly seine Mitstreiter ab und zu was spielen wir denn jetzt mal oder was wollen wir als Nächstes spielen.
Großes Lob an die Technikcrew der "Tante Ju" mal außer der Reihe, denn diesmal verzichtete man auf den ganz üblen Bühnennebel. Licht und Ton gaben auch keinen Anlass zur Meckerei.
Pavel Osvald, der Virtuose auf der Geige, legte seine ganze Seele in sein Spiel. Er brachte die 4 Saiten seines Instrumentes zum Lachen und Weinen, zum Jubeln und zum Singen. Das sieht immer so schön leicht aus bei ihm und klingt auch oft so beschwingt. Aber dazu muss man sein Instrument auch so beherrschen wie dieser geigende Tausendsassa.
Der Oberwiesenthal-Kanadier DRIFTWOOD HOLLY, mit seiner angenehmen, leicht warmen Stimme und seiner charismatischen Ausstrahlung war der ungekrönte König an unserem "Lagerfeuer" in Dresdens besten Liveclub. Auch wenn er selber sang, "Die wilden Jahre sind vorbei", so sind die im positiven Sinne wilden Musikerjahre von Holger Haustein noch lange nicht vorbei. Musikalität, Kreativität, Lust und Laune sind bei ihm hoffentlich noch für viele Jahre gegeben.
Der Mann mit dem sächsisch-erzgebirgischen Tonfall findet die Themen seiner Songs praktisch auf der Straße, auf dem Fluss und/oder in der Einöde der Wildnis. Die Lieder erzählen uns von seinen Träumen, Hoffnungen, Wünschen Erfahrungen oder Erlebnissen. Ich fühlte mich am vergangenen Freitag in Dresden wie auf einer musikalischen und emotionalen Reise zu der Holly eingeladen hatte. Wenn man diesen Weltenbummler so singen hört, fühlt man fast die Weite und die spröde Schönheit seiner neuen Heimat am Yukon-River ohne selbst je dort gewesen zu sein.
Der Bass-Professor Hans Jürgen "Jäcki" Reznizek modellierte förmlich mit Inbrunst seine tiefen Töne auf dem Akustikbass. Für ihn ist Dresden ja immer auch ein Heimspiel, denn er ist in dieser Stadt geboren und hat auch noch viele Verbindungen nach Dresden. Unter anderem ist er Dozent an der Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber". Diesen sympathischen Mann und absoluten Könner live im Konzert zu erleben, ist immer ein Hochgenuss.
DRIFTWOOD HOLLY hat es ja gerne mit Schlüsseln. Sie dekorieren auch seine Bühne, er erzählt von Schlüsseln und was sie alles öffnen und er singt sogar ein "Schlüssellied". Eigentlich sind alle seine Songs Schlüssellieder, denn er öffnet mit seiner Kunst auch verborgene oder verschüttgegangen geglaubte Kammern unserer Herzen.
Mit Liedern seiner bisherigen Alben "Little Lilly Mammoth Hair" und "Aura Borealis" wie "LAFEYA", "Dein König" , "Kommt ein Vogel geflogen" oder dem "Rattenlied" streichelten Holly, Jäcki, Pavel und Basti einen Abend lang unsere Seelen. Auch einige neue Töne waren in Dresden schon zu hören. Das Programm wurde außerdem mit einigen Klassikern von NEIL YOUNG ("Helpless", "Rockin' in the Free World"), BOB DYLAN ("All along the Watchtower", "Knockin' on Heavens Door" ergänzt.
Während der Mugge begrüßte Holly auch den Produzenten und Toningenieur Arno Jordan vom Castle Studio Röhrsdorf ganz herzlich auf der Bühne. Bei Arno hatten die Jungs ja ihre tolle Scheibe "Aura Borealis" eingespielt.
Wenn Holger Haustein seine Gitarren spielt, reißt schon mal die eine oder andere Saite. Die junge Frau, die für ihn neue Saiten auf seine Klampfen aufzieht hat während der Mugge immer gut zu tun. Diesmal hat es der Weltenbummler sogar geschafft, eine Saite zu zerkleinern ohne, dass er ein Lied gespielt hatte. Das war selbst für ihn neuer Rekord kommentierte er humorvoll.
Bei den vielen gespielten und gesungenen Liedern sowie bei den erzählten Geschichten verging die Zeit wie im Flug. Trotz Zugaben endete also auch dieses Konzert. Der Rest war das gern entgegengenommene Zubrot für die Musiker, nämlich der begeisterte Schlussapplaus der Konzertbesucher.
Auch wenn diese musikalische Reise mit DRIFTWOOD HOLLY in der "Tante Ju" gefühlt wieder viel zu kurz war, freue ich mich schon heute auf eine Fortsetzung in der Zukunft. Natürlich erwarte ich auch das neue Album sehnsüchtig.
Gruß Kundi
| 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
zitieren
| 327 Beiträge | 726 Punkte
Besucher
Forum Statistiken
