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Duo TRIXI G live (zu Hause) in Oschersleben
Duo TRIXI G live (zu Hause) in Oschersleben
in Konzertberichte 2019 und älter 06.11.2016 09:32von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Trixi G live zu Hause in Oschersleben (04.11.2016)
Auf halber Strecke, zwischen Halberstadt und Magdeburg gelegen, findet man Oschersleben mitten im Bördekreis, unterhalb eines kleinen Höhenzuges. Dort steht ein kleines Häuschen am Feldrain und von der Anhöhe aus kann man über die Ebene bis zum Harz am Horizont blicken. Hier sind Beatrix & Uwe Ducke, besser bekannt als TRIXI G, zu Hause. Ein idyllisches Plätzchen, für Musiker wie geschaffen.
Die beiden haben sich in den letzten Jahren rar gemacht. Zumindest seitdem ich sie das erste Mal im kleinen Dixiebahnhof Weixdorf sah. Das war im Oktober 2008. Damals war ich wie berauscht von den eigenen Liedern und mich faszinierten ihre Interpretationen der Gundermann - Lieder und wie sie sich die von Tamara Danz zu Eigen machten. Ich kenne sonst niemanden, die nur mit Gitarre, Stimme und einem Saxophon einen so dichten Sound und dennoch sehr differenzierte Darbietung auf die Bühnen bringt. Was dieser stille Typ aus den Saiten seiner 12-saitigen Gitarre holt und wie diese so zierliche Frau mit ihrer Stimme moduliert, das ist schon sehr einzigartig. Unfassbar auch, dass TRIXI G einem größeren Publikum nahezu unbekannt geblieben ist. Die Jahre und die Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit gingen scheinbar spurlos an ihnen vorüber. Dazu gehört eine Menge Idealismus und so etwas erlebt man selten. Dabei ist es wirklich einzigartig, wie beide Musiker die deutsche Sprache und die Musik miteinander zu ihren typischen dynamischen Rock-Chansons verschmelzen. Das weiß man offensichtlich wenigstens in ihrer Heimatstadt zu schätzen. Ich darf bei einer betörenden Musik-Nacht, „Sinnenraub & Bittersüß“, so die Ankündigung, hier in Oschersleben dabei sein.
Der Saal im Gasthof Schondelmaier ist bis auf den allerletzten Stuhl belegt. Ausverkauft! Das Publikum bringt eine knisternde Neugierde mit. Man kennt sich, man duzt sich und fühlt sich wie in Familie und genau deshalb kann man die Spannung beinahe mit Händen fassen. Sie löst sich erst, als die beiden Protagonisten, nach einer Begrüßung durch die verantwortliche Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, die Bühne betreten. Riesenjubel, Pfiffe, Zwischenrufe und dann beginnen die Saiten zu vibrieren.
Plötzlich ist der Raum vom Singen und Zirpen der 12-saitigen Gitarre erfüllt. Es ist wie ein Lockruf, der in die Ohren dringt und auffordert „Flieh mit mir“ und TRIXI singt dazu leise und eindringlich: „Komm in meine Arme, ich breite sie wie Flügel aus“. Dann brechen die vollen Akkorde aus der Gitarre, denen sich keiner entziehen kann. Das Heimspiel der Familie Ducke hat begonnen.
Vor einigen Jahren hatte ich „Sturm“ das erste Mal gehört. Inzwischen nennt TRIXI das melancholisch rockende Lied schon alt, doch noch immer verliere ich jegliches Gefühl für Zeit und Umgebung, wenn diese charismatische Stimme wohl bei fast jedem die Hormone tanzen lässt. Als sie ihr Saxophon zum Mund führt, schiebt sich der raue Klang in jede Pore und Gänsehaut breitet sich wohlig aus, wenn das Traumpaar vorn auf dem Podium Vollgas gibt. Und wer meinte, dem emotionalen Höhepunkt nah zu sein, erlebt mit dem „Maskentanz“ die nächste Stufe der gesungenen Magie. Es sind grelle Momente voll explodierender Leidenschaft, die wir erleben, wenn Uwe mit der Gitarre Peitschenschläge austeilt und sich beide Stimme im Refrain fragend vereinen: „Wohin wird der Wind mich treiben?“. Ich habe meinen Sitzplatz längst verlassen, um mir diese Performance stehend vom Rand aus anzusehen, denn in meinem Körper brechen sich die Rhythmen und schwingen die Melodien, die von beiden ausgehen.
Es ist beinahe wie ein Deja Vu. Man kommt irgendwo dazu, hört Musik und Worte und meint, das alles schon eine Ewigkeit zu kennen, als wäre es für einen selbst gemacht. Dieses Gefühl hatte ich damals im Dixiebahnhof und jetzt ist es wieder da. Wie sie dieses „Mein Gott“ vom Album „Lebenstrip“ (2006) aus sich förmlich herausreißen, kann einen nur umhauen und trifft mich auch diesmal wieder mit der vollen Wucht: „Hab’ ihm all meinen Glauben geschenkt, all meine Lüste in Demut ertränkt .. mein Gott, hör’ mir zu, ich weiß es, ich bin Du!“ Ich gehöre zu denen, die von solchen Worte, in filigrane Musik gestrickt, mitgerissen werden und darin förmlich ertrinken können, Waage eben. Woher, so denke ich in solchen Momenten, weiß diese BEATE OBERLEIN wie ich ticke und was mich berühren vermag. Das ist die gleiche Kategorie Lyrik, wie sie Werner Karma für „Über ihr taute das Eis“ fand. Ich ahnte, dass sie diesen Song von Silly auch heute bringen würden. Als ich die ersten Töne höre, treffen sie mich so intensiv, wie selten. Was BEATRIX und UWE aus dieser Nummer machen, ist ein Hommage in Gefühl und Hochachtung getaucht. Ohne auch nur ansatzweise das Original anzukratzen, modelliert das Duo ihre ganz eigene Verbeugung vor dieser großartigen Sängerin und Band. Ich stehe und genieße diese Momente mit allen Fasern meines Herzens, halte die Luft an, bin tief gerührt. Mir ist, als könnte man von solcher Art Liedern vor seiner eigenen Zerbrechlichkeit beschützt werden.
Die Minuten draußen auf dem Hof, neben dem lodernden Feuer im Eisenkorb, kühlen mich wieder ein wenig runter. Während andere ihr Pausenbier trinken, brauche ich Abstand, weil es in mir wühlt und ich wundere mich, warum sich das in der siebenten Dekade meines Lebens noch immer nicht gelegt hat. Als ich dann, wieder drinnen und vor der Bühne, „Avalon“ zu hören bekomme, ist der Kühl-Akku schon wieder aufgebraucht. Die gefühlte Achterbahnfahrt geht mit „Nachtstille“ weiter. Direkt an der Rampe sitzend, kann ich sehen, wie die Musiker tief in ihre eigenen Lieder eintauchen, sich die Texte und Akkorde in ihren Gesichtern spiegeln, während sie mir an die Seele greifen. Diese Musik, betörend und explosiv zugleich, wirkt in diesem intimen familiären Rahmen, trotz der fast zweihundert Leute im kleinen Saal, besonders intensiv. Selten erlebt man das Wechselspiel zwischen Bühne und Auditorium so unmittelbar und ungebremst, wie bei diesem Heimspiel vor der eigenen Haustür unter Freunden.
Im Laufe des Abends spricht BEATRIX immer wieder mal von dem nächsten Album, das demnächst bis in nicht all zu ferner Zukunft kommen soll. Darauf werden viele der Lieder sein, die wir an diesem Abend zu hören bekommen. Sicher auch „Der Fluss der Zeit“, ein Lied, dessen Inhalt auch mich schon eine Weile gedanklich beschäftigt: „Wieviel mir wohl noch bleibt, wie lang der Fluss der Zeit mich wohl noch treibt?“ Auch diese Textpassagen von BEATE OBERLEIN singen mir BEATRIX und UWE tief unter meine Haut, so wie sie es mit „Hexen“ ebenfalls tun. Zwischendrin noch eine zweite Verbeugung vor Tamara Danz mit „So ’ne kleine Frau“ aus dem „Liebeswalzer“ (1985) und wieder diese faszinierende eigen Art, die Lieder von Silly neu zu kleiden. Nebenbei erzählt BEATRIX vom Zusammentreffen nach einem Konzert mit der Frau, um die es im Lied geht. Eine Geschichte aus dem realen Leben, liedhaft verewigt, und beide begegnen sich erst in einer späteren Zeit, in einem anderen Leben danach.
Als sich der Abend seinem Ende entgegen neigt, präsentieren uns TRIXI und UWE noch den Titelsong ihres „bald bis demnächst“ erscheinenden neuen Albums. „Unsichtbar“ ist ein kleines Meisterwerk, ein Opus, das sich über gut sieben Minuten erstreckt und darin so ziemlich alles komprimiert, was Musik von TRIXI G so unverwechselbar macht: Intensive Klänge, schlüssige Texte, charismatische Stimme und eine Gitarre, die nuancenreich singen kann. Ich bin begeistert, was für ein Hörgenuss! Natürlich gibt es bei einem Heimspiel stehende Ovationen und all die Rituale, die man sich vorstellen kann. Und natürlich gibt es auch eine Zugabe. Mit den Klängen der stillen „Abendstunden“ werden wir emotional auf den Abschied eingestimmt. Diese Ballade von Silly in dieser abgespeckten Version und der Stimme dieser Powerfrau - ganz großes Kino!
Und dann fällt, im übertragenden Sinne, der Vorhang. Beide genießen den Applaus, freuen sich über die Blumen und kleine Geschenke. Die meisten gehen noch einmal nach vorn, um sich persönlich von BEATRIX und UWE zu verabschieden und einige Worte zu wechseln. Ein überaus herzlicher Abend und ein sehr familiäres Konzerterlebnis gehen zu Ende. Man trägt die warmen Gefühle hinaus in die frische Novembernacht und nimmt die Energie mit nach Hause. Auch mir geht es genau so und außerdem bin ich sehr dankbar, diesen Abend miterlebt zu haben.
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