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Seelenschiffe 40 Jahre KARAT
Seelenschiffe 40 Jahre KARAT
in CD-, DVD- und Buchveröffentlichungen 01.04.2015 22:03von toms-daddy • | 99 Beiträge | 223 Punkte
Zugegeben - ich tu mich ein wenig schwer, das neue Album zu rezensieren.
Als vor 5 Jahren nach langer Wartezeit die CD „Weitergehn“ auf den Markt kam prasselte jede Menge Schelte auf die Band ein. Das habe ich genau so wenig verstanden, wie etwas später die Lobhudelein für eine CD einer anderen Band, deren Name mit K beginnt...
Machen wir uns nichts vor: alles hat sich verändert - die Zeiten, in denen wir leben, die persönlichen Befindlichkeiten, aber auch die Instrumente, die Produktionsmöglichkeiten und die Hörgewohnheiten ( wenngleich letztere durch das tägliche Medienangebot stark eingeengt werden ). Und wenn wir in die Konzerte der „Bands unserer Jugend“ gehen, dann erhalten die neuen Angebote einen Achtungsapplaus, während wir auf die vertrauten Hits voll abfahren. Ob aber diese damaligen Hits in der heutigen Medienlandschaft die gleiche Wirkung erzielen würden wie damals darf sicherlich bezweifelt werden.
Nicht jede Band kann ihrem alten Stil treu bleiben, zum Beispiel wenn wichtige Musiker und Komponisten fehlen. Ed Swillms komponiert nicht mehr, Thomas Natschinski hat seine eigenen Projekte, Thomas Kurzhals schaut von oben zu, für die neuen eigenen Kompositionen gabs Prügel - also kann man sich entweder endlos als Oldie-Band selbst reproduzieren oder eben „Weitergehn“.
Vielleicht waren das die Gedanken, die sich Karat jetzt in ihrem 40.Jahr gemacht hat, als sie an die Vorbereitung des neuen Albums gingen und ein neues Team von Songschreibern und Produzenten bemühte - ich weiß es nicht. Live ist die Gruppe für mich immer einen Besuch wert - das sind Musiker mit hohem Können, absoluter Spielfreude, ohne Allüren auf der Bühne, die eine Mischung aus lyrischen Titeln mit Rockigem gut beherrschen. - Aber warum tun sie das auf dem neuen Album nicht !?
Seit Freitag läuft der Silberling wieder und wieder. Bis auf einen einzigen Titel haben andere die Songs geschrieben. Vor- oder Nachteil? Perfekt gemacht, absolut im aktuellen Zeitgeist abgemischt - aber die Band kommt einfach nicht aus den Puschen, wie man so schön sagt. Alles tut sich behäbig, es klingt austauschbar. Man kann problemlos Titel 1 und 3 mischen, das merkt keiner... Fans von Adel Tawil ( besonders Titel 5 „Freunde“) oder Radio Doria kommen hier sicher voll auf ihre Kosten. Die Kompositionen und Arrangements laufen nach dem gleichen Schema ab: ein instrumentales Vorspiel, meist Klavier, der Gesang beginnt, dann kommt irgendwann die Band dazu, und das ganze in umgekehrter Reihenfolge am Schluss. Auch textlich gibt es nichts, was als Besonderes hängen bleibt.
Zudem halte ich die Reihenfolge auf dem Silberling für ziemlich unglücklich, denn das Interesse nimmt sehr schnell ab, ab Titel 3 zuckt der Finger in Richtung Skiptaste. Und es ist doch sträflich, wenn ein leichtes Rocken erst ab Titel 9 aufflackert! Warum dieser Valium-Effekt? Ja na klar ist Karat nicht Rockhaus, aber wer hat die Gitarren von „Opa Bernd“ so weit in den Hintergrund geschoben? Warum gibt es so wenige verschiedene Keyboardsounds?
Ich hab mir die Playlist der Songs mal so gemischt, dass es zu Tempoänderungen im Charakter der CD kommt, und siehe da: das macht mir viel mehr Spaß. Jetzt habe ich auch Lust auf Details wie einen Keyboard-Sound, der an die alten ELKA-Rhapsody-Strings erinnert, ich höre feine Reverb-Anteile bei den Akustikgitarren, kann mich an den leichten Dopplungen und Oktavierungen auf den Gesangsspuren von Claudius erfreuen, der seine Sache richtig gut macht, oder an den Basslinien von Christian, der fast schon eigene Melodien einfließen lässt, und ich mag Michas punktiertes Drumspiel. Mir gefallen die etwas zügigeren Nummern am Ende der CD und ich wünsch mir, dass „Geschichten müssen enden“ mit ins aktuelle live-Programm kommt ( schon deshalb, weil es auch ein City-Song sein könnte ). DEN würde ich auskoppeln fürs Radio, oder „Du kannst die Welt verändern“! Ein wirkliches Highlight ist „Sie weiß nicht was Liebe ist“ - übrigens die einzige Komposition eines Karat-Musikers ( Martin ), arrangiert im Stil von „Eleanor Rigby“ von den Beatles oder „Scherbenglas“ von Lift.
Das im Vorfeld so gelobte Duett mit Gregor Meyle hingegen lässt mich völlig kalt, das passt für mich nicht, weder von den Stimmen noch vom Inhalt. Und wenn zwei Männer die Zeile singen „Ich glaub an die Liebe, das reicht für uns zwei“ hat das - sorry - irgendwas von Brokeback Mountain... - Hier wurde eine Chance vertan! Ich kann mir nämlich durchaus vorstellen, dass ein textlich und interpretatorisch gut verteilter Song mit beiden Interpreten wirklich funktioniert!!
Mit welchem Gefühl gehe ich nun hier raus nach dem wiederholtem Hören: Freude, Überraschung, Kopfschütteln, Ratlosigkeit ? Ist das noch ein echtes Karat-Album? Kann ich das weiterempfehlen? Die Antwort fällt nicht eindeutig aus, das muss wohl jeder selbst für sich entscheiden. Wie schon bei Silly nehme ich mit großer Freude zur Kenntnis, dass es die Band weiterhin gibt. Das momentane Album trifft nicht mehr ganz meinen Musikgeschmack, aber das ist völlig sekundär und schmälert zudem nicht das Dankeschön für die Bemühungen an alle Beteiligten. Es ist ein weiteres Puzzle in meinem Karat-Bild. Zudem gehe ich fest davon aus, dass einige der neuen Songs klug in die Dramaturgie der Konzerte eingebaut werden und live doch wesentlich mehr Drive bekommen. Ich lasse mich gern davon überzeugen - spätestens im Herbst bei uns in der Stadthalle Cottbus!
RE: Seelenschiffe 40 Jahre KARAT
in CD-, DVD- und Buchveröffentlichungen 03.04.2015 09:58von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Hallo Jens, ich danke dir ganz herzlich für die Zeilen zu der neuen CD - finde es toll, dass du eine eigene Meinung hast und die fundiert rüber bringst. Ich kaufe sie nun doch - mal sehen ob sie mir gefällt. So was "Neues" hat es bei mir schwer, ich mag die Sachen im Stile des Ostrock. Mit den neunen Silly CDs tue ich mich ja auch schwer. Aber wir sind eben anders geprägt, als die jungen User hier. Geb mir trotzdem Mühe, den Anschluss nicht zu verpassen. Im Moment hat es mir eine Band angetan, die heißt Broilers. So was von genial.
RE: Seelenschiffe 40 Jahre KARAT
in CD-, DVD- und Buchveröffentlichungen 09.04.2015 21:31von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Ach du lieber Gott - jetzt ist die CD da, übrigens wunderschön aufgemacht. Ich liebe CDs, die nicht in Plastehüllen stecken, obwohl, als Eiskratzer gehen sie dann wenigstens.
Wenn der Jens jetzt nicht den Mut gehabt hätte, die Scheibe ehrlich zu bewerten, würde ich jetzt vielleicht rumeiern. Aber ich sag es nun gerade raus. Kann leider nichts mit den Liedern anfangen.
Vielleicht kann Karat nichts dafür. Ich bin alt und stockkonservativ, was den Ostrock betrifft. Bei mir geht es eigentlich in erster Linie nach den Texten. Viele Sachen sind von Michael Sellin, den ich sehr schätze. Mir haben seine Texte auf der letzten Puhdys Weihnachts CD sehr gefallen. Von der aktuellen Karat Scheibe bleibt einfach nichts bei mir hängen.
Sie ist musikalisch bestimmt nicht schlecht. Aber ich kann mit den Themen nichts anfangen. Nicht mal "Die Erinnerung" berührt mich. Einzig und allein "Was wär geschehn" hat mir gefallen, aber eher wegen der Art, wie Claudius den Titel singt. Das ist ein kleiner Ohrwurm.
Wenn es nicht die Band wäre, die mal den "Albatros" erfunden hat oder " Kalter Rauch" oder das " Narrenschiff", denn würde ich ihnen diese neue CD gar nicht übel nehmen. Das "Beziehungsgelabere" kann ich einfach nicht ab. Man sollte mal zu Six gucken, mit "Gebrannte Kinder" machen sie vor, dass man noch gute Rockmusik neu schreiben kann und dass man viele interessante Themen aufgreifen kann, die die Leute noch berühren.
Sicher gibt es hier User, denen die CD gefällt. Diese sollen sich von meinen Zeilen mal nicht abschrecken lassen und ihre Meinung sagen. Aber ich konnte einfach nicht heucheln.
Aber wäre ja schlimm, wenn wir alle den gleichen Musikgeschmack hätten.
Zur Karat gehe ich trotzdem ab und zu, sie machen eine tolle Live Show und ich glaube nicht, dass sie all zu viele von diesen neuen Titeln live spielen, denn die passen ja mit dem "kulturellen Erbe" schwer zusammen.
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