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"Dandy" und "Lola" feiern den 70. Geburtstag von RAY DAVIES (KINKS)
"Dandy" und "Lola" feiern den 70. Geburtstag von RAY DAVIES (KINKS)
in Bands, Musiker, Musikstile 21.06.2014 09:31von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Ray Davies – dem Dandy zum 70. Geburtstag (21.06.2014)
Mitten hinein in die Swinging Sixties knallt ein rotziges Gitarrenriff, das seinen Ursprung im Londoner Stadtteil Mushwell hat. Die zwei Akkorde des Riffs für „You Really Got Me“, von den KINKS aus den Gitarrensaiten gedroschen, läuten unüberhörbar und frühzeitig ein härter rockendes Zeitalter ein und dennoch ist es nicht dieser frühe Vorgriff auf Heavy Metal und Punk allein, der die ewige Faszination der KINKS ausmachen wird. Es sind die liebevoll bissigen, zuweilen sarkastischen Zeilen, die der Kopf der Band, RAY DAVIES, in das ewige Tagebuch der Rockmusik schreiben wird. Wie kaum einem Zweiten jener Jahre gelingt es dem Frontmann und Komponisten der KINKS, die Welt des Londoner Bürgertums in vielen Liedern liebevoll zu beschreiben oder sie bissig zu karikieren. Es sind Songperlen wie „Lola“ und „Dandy“, die sich in die Erinnerungen der Jugendlichen einbrennen werden oder das locker flockige „Dedicated Follower Of Fashion“, das den modeverrückten Typen jener Zeit ein Denkmal setzt. Es sind Statements wie der Song über die „Dead End Street“, in dem sich RAY DAVIES den einsamen und vergessenen Biografien in den „Sackgassen“ des Lebens zuwendet. Es sind die einfühlsamen und berührenden Zeilen von „Days“, der liebevolle Dank an einen gegangen Freund, dessen Melodie sich in die Herzen einbrennt und noch Generationen später zu Tränen zu rühren vermag, wenn man um die Botschaft weiß. Doch „Waterloo Sunset“ wird die Hymne aller Londoner, die älter werdend, dieses Lied, und mit ihm ihr jugendliches Fühlen, mit in ihr erwachsenes Leben nehmen. In diesen drei Minuten „Waterloo Sunset“ steckt so ziemlich alles, was die „City of London“ damals wie heute für die Briten liebenswert macht. Kein Wunder also, dass am 12. August 2012 für diesen einen Moment scheinbar die Zeit innehielt, während ein stimmgewaltiger Chor von bewegten Briten auf den Rängen während der Abschlussfeier der Olympischen Spiele 2012 in das “Sha-La-La“ der KINKS in Gestalt von RAY DAVIES einstimmte, während mir, tief bewegt, die Tränen in die Augen schossen.
RAY DAVIES gründet THE KINKS 1963 gemeinsam mit seinem Bruder DAVE und schon ein Jahr später, im Sommer 1964, knallt „You Really Got Me“ wie eine Granate in die Pop-Welt der Single-Charts und mischt sie auf. Von diesem Tag an ist die Band Teil der „British Beat Invasion“, obgleich Nummern wie „You Really Got Me“ oder „Party Line“ eher die Ausnahmen bleiben werden. In Zeiten, in denen die Vinyl-Single das Maß aller Dinge ist, erkennt RAY DAVIES frühzeitig das künstlerische Potential einer Langspielplatte, die es aufgrund ihrer längeren Spielzeit ermöglicht, musikalisch komplexere Themen aufzugreifen und umzusetzen. Mit dieser Erkenntnis steht er in einer Reihe mit Lennon & McCartney und Townshend & Daltrey. Zeitgleich mit „Revolver“ der BEATLES veröffentlichen die KINKS ihr Album „Face To Face“ (1966) und noch ein Jahr vorher, ehe THE WHO ihr „Who Sell Out“ (1967) heraus bringen. Fortan stehen sie in der ersten Reihe derer, die eine Langspielplatte als Kunstobjekt nutzen und auf ihr komplexe Geschichten erzählen. Es folgen „The Village Green Preservation Society“ (1968) und die Geschichte vom Teppichleger „Arthur“ (1969) sowie „Lola“ (1970), auf der es um die Erfahrungen mit der Musikindustrie geht. Als bestes Album der Band gilt mittlerweile „Mushwell Hillbillies“ (1971), als in sich stimmiges Konzeptalbum. Obgleich auf allen Platten, mit Ausnahme von „Mushwell Hillbillies“, große Hits enthalten sind, bleibt dennoch der kommerzielle Erfolg für diese sozialkritischen Werke aus. Ihren eigentlichen künstlerischen Wert wird man erst viel später erkennen, als sich Punk und Wave schon längst THE KINKS als Teil ihrer Wurzeln und Herkunft definiert und angeeignet hatten.
Wer ist dieser RAY DAVIES, der heute still und leise seinen 70. Geburtstag begeht? Ich weiß es nicht, aber ich kenne ihn durch eben diese Lieder der KINKS, die ich seit damals im Herzen gebunkert habe. Die britische Nation kann auf Großes in Sachen Rockmusik verweisen. Viele klangvolle Namen prägen die Szene von damals bis heute, unzählige wundervolle Lieder konservierten Zeit- und Lebensgefühl, um spätere Generationen daran teilhaben zu lassen. Wohl kaum eine Nation geht mit diesem Erbe so locker, flockig, humorvoll und gerade deshalb so verantwortungsvoll um, wie die Briten. „Waterloo Sunset“, „Days“, „Victoria“ oder „Sunny Afternoon“ sind besondere Nuancen in diesem Konzert der Lieder und Gefühle, auf das die Londoner ebenso stolz sind, wie auf ihr Empire, das eine weibliche Krone trägt. Um dieses Erbe beneide ich sie manchmal und um die Selbstverständlichkeit, wie sie mit diesem Schatz umgehen erst recht. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann den, dass wir ebenso geschmeidig mit unserem Erbe der Rockmusik aus DDR-Zeiten umzugehen imstande wären, statt es medial aufzuspalten, darüber Halbwahrheiten abzunicken oder es gar weitgehend zu ignorieren.
Obgleich sich die KINKS nie offiziell auflösten, scheint ihre Karriere 1995 beendet. RAY DAVIES schreibt seine Biografie und geht mit ihr nach deren Veröffentlichung auf Storyteller – Tour, um von den kleinen Geschichten hinter den Songs der KINKS zu erzählen und sie in minimalistischer Form live zu präsentieren. Nur noch selten erlebt man RAY DAVIES live auf einer Bühne als Gast und eine Re-Union der Band dürfte wegen der seit Ewigkeiten andauernden Streitigkeiten der beiden Davies-Brüder untereinander in das Reich der Legenden gehören - leider. Der Wunsch, die beiden Ausnahmemusiker wenigstens ein Mal live auf einer Bühne zu sehen, dürfte sicher ein solcher bleiben. Was ich aber machen kann ist, mich bei RAY DAVIS für so viele wunderschöne Lieder zu bedanken und ihm am heutigen Tage als Liebhaber und Fan seiner Musik Glückwünsche von EE nach Mushwell – oder wohin auch immer – zu senden. Happy Birthday, Mr. Ray Davies and “thank you for the days”.
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